7 B 2984/97
3 L 1798/97 Aachen
Beschluß
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
wegen baurechtlicher Nachbarstreitigkeit:
hier: Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
hat der 7. Senat des
OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN
am 23. Januar 1998
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Willecke,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Stehr,
den Richter am Verwaltungsgericht Gießau
auf die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts
Aachen vom 14. November 1997 beschlossen:
Der angefochtene Beschluß wird geändert. Die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs der Beigeladenen vom 14. Juli 1997 gegen die den
Antragsstellern erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage
vom 09. Juni 1997 wird angeordnet.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich
der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 20.000,-
DM festgesetzt.
Gründe:
Der Senat legt das Begehren der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren
als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs
vom 14. Juli 1997 gegen die den Antragstellern erteilte Baugenehmigung
zur Errichtung einer Windkraftanlage vom 9. Juni 1997 aus. Das Rechtsschutzziel
der Beigeladenen ist auf die Abwendung der - von dem Verwaltungsgericht
ausgesprochenen - sofortigen Vollziehbarkeit der den Antragstellern erteilten
Baugenehmigung gerichtet. Dieses Rechtsschutzziel kann im Beschwerdeverfahren
nur mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs
erreicht werden. Denn dem Widerspruch der Beigeladenen kommt infolge der
am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Neuregelung des § 212a Abs.
1 des Baugesetzbuches (BauGB n.F.) in der Fassung der Bekanntmachung vom
27. August 1997 (BGBl. I S. 2141) seit diesem Zeitpunkt keine aufschiebende
Wirkung mehr zu; der Eintritt der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs
bedarf daher nunmehr einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung.
Dies ergibt sich im einzelnen aus folgendem: Duch das gemäß
seinem Art. 11 Abs. 1 am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung
des Baugesetzbuches und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau-
und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG -) vom 18. August 1997 (BGBl. I S.
2081) ist die Vorschrift des § 212a Abs. 1 in das BauGB n.F. eingefügt
worden. Die Vorschrift bestimmt, daß Widerspruch und Anfechtungsklage
eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine
aufschiebende Wirkung (mehr) haben. Diese Folge tritt angesichts des Inkrafttretens
der Neuregelung am 1. Januar 1998 ab diesem Zeitpunkt für alle Nachbarwidersprüche
gegen die bauaufsichtliche Zulassung von Vorhaben ein und erfaßt
mithin auch solche noch anhängigen Widersprüche, die vor dem
1. Januar 1998 gegen erteilte Baugenehmigungen erhoben worden sind und
denen vor Inkrafttreten der Regelung des § 212a Abs. 1 BauGB n.F.
nach der allgemeinen Vorschrift des § 80 Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes
zunächst aufschiebende Wirkung zukam.
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Gesetzgeber für
die Neuregelung des § 212a Abs. 1 BauGB n.F. eine Überleitungsvorschrift
geschaffen hätte, die eine Anwendung dieser Neuregelung auf solche
vor dem 1. Januar 1998 erhobenen Widersprüche ausschließt. Eine
derartige Überleitungsvorschrit enthalten die Bestimmungen des Bau-
und Raumordnungsgesetzes 1998 jedoch nicht. Eine besondere Überleitungsvorschrift
für die Neuregelung des § 212a Abs. 1 BauGB n.F., wie sie etwa
seinerzeit mit der Vorschrift des § 18 Abs. 2 BauGBMaßnG für
die - die aufschiebende Wirkung des Drittwiderspruchs gegen die Genehmigung
von Wohnbauvorhaben ausschließende - Regelung des § 10 Abs.
2 Satz 1 BauGBMaßnG geschaffen worden ist, hat der Gesetzgeber nicht
erlassen.
Die Neuregelung des § 212a Abs. 1 BauGB n.F. wird auch nicht von
der allgemeinen Überleitungsvorschrift des § 233 Abs. 1 Satz
1 BauGB n.F. erfaßt. Die letztgenannte Vorschrift ordnet an, daß
"Verfahren nach diesem Gesetz", die vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung
förmlich eingeleitet worden sind, nach den bisher geltenden Vorschriften
abgeschlossen werden, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Bei
dem Verfahren der bauaufsichtlichen Zulassung eines Vorhabens, an das §
212a Abs. 1 BauGB n.F. anknüpft und den Ausschluß der aufschiebenden
Wirkung des in einem solchen Verfahren durch einen Dritten eingelegten
Rechtsbehelfs regelt, handelt es sich jedoch nicht um ein Verfahren nach
dem Baugesetzbuch und mithin nicht um ein "Verfahren nach diesem Gesetz"
im Sinne des § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB n.F.. Das Verfahren der bauaufsichtlichen
Zulassung von Vorhaben, zu dem § 212a Abs. 1 BauGB sich in einem Teilausschnitt
- nämlich der Frage der sofortigen Vollziehbarkeit derartiger Zulassungen
- verhält, wird nicht im Baugesetzbuch, sondern in den jeweiligen
landesrechtlichen Bauordnungen geregelt. Die daraus herzuleitende Schlußfolgerung,
daß die Neuregelung des § 212a Abs. 1 BauGB n.F. von der allgemeinen
Überleitungsvorschrift des § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB n.F. angesichts
des Wortlautes der letzgenannten Vorschrift nicht erfaßt wird, findet
ihre Bestätigung in der Begründung des maßgeblichen Gesetzesentwurfes
(BT-Drucksache 1-3/6392, S. 74). Dort ist zu Nummer 80 (§§ 233
bis 236 BauGB n.F.) ausdrücklich festgehalten, daß "auf Überleitungsvorschriften
zum Baugenehmigungsverfahren ... ganz verzichtet werden (soll); hierzu
sollen künftig die allgemeinen Rechtsgrundsätze bei Gesetzesänderungen
... gelten". Die Einzelbegründung zu § 233 BauGB n.F. bezieht
sich dann auch, wie sich aus der beispielhaften Aufzählung des Bauleitplanverfahrens
und des städtebaulichen Satzungsverfahrens als Verfahren ergibt, nur
auf solche Verfahren, deren verfahrensmäßige Ausgestaltung im
Baugesetzbuch selbst geregelt ist. Dies ist aber bei den Verfahren der
bauaufsichtlichen Zulassung eines Vorhabens - wie bereits oben ausgeführt
- gerade nicht der Fall.
Der durch Art. 11 Abs. 1 BauROG i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB n.F.
angeordnete Wegfall der aufschiebenden Wirkung auch für solche Drittwidersprüche,
die bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Januar 1998 erhoben
worden sind, begegnet unter Vertrauensschutzgesichtspunkten keinen Bedenken.
Der die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens anfechtende Widerspruchsführer
konnte auch unter der bis zum 1. Januar 1998 gegebenen Rechtslage kein
schutzwürdiges Vertrauen beanspruchen, daß die seinerzeit kraft
Gesetzes nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO eintretende aufschiebende Wirkung
des Widerspruchs in jedem Fall bis zu einer bestands- bzw. rechtskräftigen
Entscheidung über den Widerspruch andauerte. Vielmehr stand die Aufrechterhaltung
der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bereits unter der früheren
Rechtslage unter dem Vorbehalt einer - auf Antrag des Bauherrn jederzeit
möglichen - behördlichen oder gerichtlichen Anordnung der sofortigen
Vollziehung des Zulassungsaktes gemäß § 80a Abs. 1 Nr.
1, Abs. 3 VwGO. Dies macht deutlich, daß der in § 212a Abs.
1 BauGB n.F. angeordnete Wegfall der aufschiebenden Wirkung für solche
Widersprüche, die vor dem 1. Januar 1998 erhoben worden sind und denen
bis zu diesem Zeitpunkt kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukam, lediglich
in einer solchen - wenn auch nunmehr gesetzlich bestimmten - Weise auf
die Rechtsposition des jeweiligen Widerspruchsführers einwirkt, wie
sie bereits unter der früheren Rechtslage möglich und von dem
Widerspruchsführer einzukalkulieren war.
Eine andere Bewertung zum Vertrauensschutz ist auch für den hier
betroffenen besonderen Fall der Beschwerde im Eilverfahren nicht angezeigt.
Es ist zwar davon auszugehen, daß das im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde
Vertrauensschutzprinzip es unter Umständen gebieten kann, Änderungen
im Verfahrensrecht nicht auf bereits anhängige Rechtsmittelverfahren
anzuwenden.
Vgl. dazu Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluß vom 7. Juli
1-992 - 2 BvR 1631, 1728/90 - in: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfGE) 87, 48, 64.
Die Neuregelung des § 212a Abs. 1 BauGB n.F. verschlechtert die
Rechtsposition des Widerspruchsführers im Rechtsmittelverfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes nicht in einer vertrauensschutzwürdigen
Weise.
Durch die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung zur Frage der
sofortigen Vollziehbarkeit des vom Widerspruchsführer angegriffenen
Zulassungsaktes wird - unabhängig von dem Ausgang des seinerzeitigen
Verfahrens - ein schutzwürdiges Vertrauen des Widerspruchsführers
auf den Fortbestand der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs im Beschwerdeverfahren
nicht begründet. Selbst wenn das Verwaltungsgericht nach Maßgabe
der früheren Rechtslage den Antrag des Bauherrn auf Anordnung der
sofortigen Vollziehbarkeit der ihm erteilten Genehmigung abgelehnt und
insofern zunächst den Fortbestand der aufschiebenden Wirkung des Drittwiderspruchs
bewirkt hätte, mußte der Widerspruchsführer damit rechnen,
daß während des Beschwerdeverfahrens und unabhängig von
ihm eine Vollziehungsanordnung durch die Behörde in Betracht kam.
Erst Recht konnte der Widerspruchsführer auf den Erfolg seines Rechtsmittels
in den Fällen nicht vertrauen, in denen - wie im vorliegenden Fall
- bereits in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Anordnung der
sofortigen Vollziehbarkeit der vom Widerspruchsführer angefochtenen
Genehmigung ausgesprochen worden ist.
Ist nach alledem infolge der Neuregelung des § 212a Abs. 1 BauGB
n.F. die zuvor kraft Gesetzes gegebene aufschiebende Wirkung des Widerspruchs
der Beigeladenen seit dem 1. Januar 1998 entfallen, so hat dies zur Folge,
daß ihr Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
gegen die den Antragstellern erteilte Baugenehmigung im Beschwerdeverfahren
nunmehr als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs
zu verstehen ist.
Der Antrag mit diesem Inhalt ist begründet.
Der Senat ordnet gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a
Abs. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Beigeladenen
an, da das Interesse der Beigeladenen, die Errichtung und den Betrieb der
genehmigten Windkraftanlage bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens
zu verhindern, das Interesse der Antragsteller, von der ihnen erteilten
Baugenehmigung sofort Gebrauch machen zu dürfen, überwiegt.
Ob die streitige Baugenehmigung zur Errichtung der Windkraftanlage vom
9. Juni 1997 im Hauptsacheverfahren Bestand haben wird, ist bei der im
vorliegenden Verfahren allein möglichen und gebotenen summarischen
Prüfung derzeit offen. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kann aber
durchaus nicht ausgeschlossen werden, daß das nach § 35 BauGB
n.F. zu beurteilende genehmigte Vorhaben der Antragsteller nachbarliche
Abwehrrechte der Beigeladenen auslöst, weil es sich zu ihren Lasten
als rücksichtslos erweist.
Von dem streitigen Vorhaben werden auf das Grundstück, namentlich
Geräuschimmissionen einwirken. Nach den im Widerspruchsverfahren eingeholten
Angaben der Herstellerfirma sollen die durch die genehmigte Windkraftanlage
hervorgerufenen Geräuschimmissionen am Wohnhaus der Beigeladenen zwar
einen Wert von 35 dB nicht überschreiten. Diese Herstellerangaben
sind jedoch bei summarischer Prüfung nicht geeignet, eine Verletzung
geschätzter Nachbarrechte der Beigeladenen mit Blick auf unzumutbare
Lärmimmissionen auszuschließen. Die Herstellerangaben sind nicht
das Ergebnis einer konkreten sachverständigen Prüfung in der
gegebenen Örtlichkeit unter Zugrundelegung der dort herrschenden,
möglicherweise auch - etwa was die Windstärke, die Windrichtung
usw. anbelangt - unterschiedlichen Bedingungen. Sie stellen vielmehr lediglich
das Ergebnis abstrakter Berechnungen auf der Grundlage vorgegebener normierter
Bedingungen ohne Bezug zur konkreten Örtlichkeit dar.
Die HersteIlerangaben zur Einhaltung eines Immissionswertes von 35 dB
am Wohnhaus der Beigeladenen beruhen auf einem angenommenen Referenzschalleistungspegel
der genehmigten Anlage von 99,5 dB bei einer unterstellten Windgeschwindigkeit
von 8 m/Sekunde. Nach den auf praktischen Erfahrungen beruhenden Feststellungen
in der von den Beigeladenen in das vorliegende Verfahren eingeführten
Stellungnahme des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen an das Ministerium
für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft NRW vom 23. Mai 1997, an
deren sachlicher Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlaß sieht,
werden jedoch in Fällen von nicht selten erreichten Windgeschwindigkeiten
über 8 m/Sekunde die von den Herstellern angegebenen Referenzschalleistungspegel
deutlich überschritten. Anlagen von 500 kW, um eine solche handelt
es sich hier, bis 1,5 MW erzeugen danach bei höheren Windgeschwindigkeiten
als 8 m/Sekunde tatsächliche Schalleistungspegel von 103 bis 105 dB.
Zudem können nach den Feststellungen des Landesumweltamtes bei höheren
Windgeschwindigkeiten drastische, vorliegend in den Herstellerangaben nicht
berücksichtigte, Einzeltöne auftreten, die ggfs. mittels eines
Einzeltonzuschlages (5 dB) in die Lärmbewertung einzustellen sind.
Angesichts dieser Erfahrungswerte gelangt das Landesumweltamt - entgegen
seiner früheren Abstandsempfehlungen, wie sie in den Erlaß "Grundsätze
für Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen" vom 29. November
1996 (MBI. NW 1996, Seite 1864) aufgenommen worden sind - zu der Einschätzung,
daß die sichere Einhaltung eines Wertes von 35 dB für Anlagen
mit einer Leistung ab 500 kW und einer Immissionsquellenhöhe von 65
m einen Abstand von 950 m erfordert.
Diese neueren Erkenntnisse und Einschätzungen des Landesumweltamtes
machen deutlich, daß die auf bloßen abstrakten Berechnungen
unter Vorgabe normierter Bedingungen beruhenden Herstellerangaben eine
verläßliche Prognose des gesamten Ausmaßes der am Wohnhaus
der Beigeladenen durch die genehmigte Anlage bewirkten Geräuschimmissionen
nicht zulassen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn ausgeschlossen
werden könnte, daß an dem geplanten Standort der Windkraftanlage
höhere Windgeschwindigkeiten als 8 m/Sekunde, bei denen deutlich über
den von den Herstellern angegebenen Referenzpegeln liegende Schalleistungspegel
erreicht und zusätzlich drastische Einzeltöne erzeugt werden
können, auftreten. Hierfür sind aber nach dem derzeitigen Erkenntnisstand
keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Bei dieser Sachlage kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen, welches
genaue Maß der Schutzwürdigkeit die Beigeladenen angesichts
der Lage des Grundstücks im Außenbereich beanspruchen können.
Jedenfalls erscheint es angesichts der neueren, in der Stellungnahme des
Landesumweltamtes zusammengefaßten praktischen Erfahrungen mit Anlagen
der hier betroffenen Größe - namentlich unter Berücksichtigung
des nunmehr empfohlenen, gegenüber früheren Einschätzungen
deutlich erhöhten Abstandes von 950 m zur sicheren Einhaltung eines
Immissionswertes von 35 dB - nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern als
durchaus im Bereich des Möglichen liegend, daß die genehmigte
Anlage am lediglich ca. 520 m entfernt stehenden Wohnhaus der Beigeladenen
unter ungünstigen Windverhältnissen deutlich über 35 dB
liegende Geräuschpegel bewirkt, welche auch im Außenbereich
zur Nachtzeit nicht mehr zumutbar sein können. Diese Frage bedarf
ebenso wie die weiteren Fragen, ob neben dem unmittelbaren Wechsel von
Sonneneinstrahlung und Schattenwurf unter Umständen sonstige nachteilige
Veränderungen des Lichteinfalls durch die Bewegung des Rotors in Rechnung
zu stellen sind und ob von der genehmigten Anlage möglicherweise nachteilige,
geschützte Rechte der Beigeladenen verletzende Auswirkungen auf die
von ihnen betriebene Tierhaltung ausgehen können, einer näheren,
auf die konkrete Örtlichkeit abgestellten Prüfung im Hauptsacheverfahren.
Demnach stellt sich als offen dar, ob die im Streit stehende Baugenehmigung
im Hauptsacheverfahren Bestand haben wird. Die folglich vorzunehmende weitere
(allgemeine) Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, daß
das Interesse der Beigeladenen an der Abwendung der sofortigen Vollziehbarkeit
der Baugenehmigung das gegenteilige Interesse der Antragsteller überwiegt.
Eine bis zur abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren andauernde
Hinnahme von Geräuschimmissionen durch den Betrieb der Windkraftanlage,
die - was nach den obigen Ausführungen durchaus im Bereich des Möglichen
liegt - das Rücksichtnahmegebot verletzen, ist den Beigeladenen nicht
zumutbar. Demgegenüber erschöpft sich das Interesse der Antragsteller
in dem gewöhnlichen, für jeden Bauherrn gleichermaßen geltenden
Interesse, die erteilte Baugenehmigung möglichst rasch ausnutzen zu
können. Soweit die Antragsteller zur Begründung ihres im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren gestellten Antrags auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der
Baugenehmigung wirtschaftliche Gründe genannt haben, vermag dies kein
gesteigertes, das Interesse der Beigeladenen überwiegendes Interesse
zu begründen. Im Rahmen seiner wirtschaftlichen Dispositionen
muß der Bauherr regelmäßig in Rechnung stellen, daß
die Baugenehmigung im Falle der Einlegung dagegen gerichteter Rechtsbehelfe
unter Umständen erst nach Eintritt der Bestandskraft ausgenutzt werden
kann. Damit einhergehend entspricht es letztlich dem wohlverstandenen Interesse
der Antragsteller, daß der von ihnen beabsichtigte Einsatz erheblicher
finanzieller Mittel für die Errichtung der Anlage erst dann erfolgt,
wenn deren dauerhafter Bestand baurechtlich durch eine bestands- bzw. rechtskräftige
Baugenehmigung gesichert ist.
Auch der von den Antragstellern im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
noch geltend gemachte Umstand des Verlustes von öffentlichen Fördermitteln
im Falle einer fehlenden Abrechnung der Anlage bis zum Stichtag 1. Dezember
1997 kann eine andere Bewertung nicht rechtfertigen. Dies folgt schon daraus,
daß der genannte Stichtag mittlerweile verstrichen ist. Im übrigen
ist auch insoweit zu berücksichtigen, daß öffentliche Fördermittel
ihrem Zweck nach nur für die Errichtung solcher Anlagen eingesetzt
werden sollen, deren dauerhafter Bestand durch eine bestands- bzw. rechtskräftige
Baugenehmigung gesichert ist. Angesichts der vorstehend dargelegten Interessenlage
vermag auch das Vorbringen der Antragsteller im Beschwerdeverfahren, für
die genehmigte Anlage bestehe als letzte Anlage die Möglichkeit zum
Anschluß an das vorhandene Stromnetz, ein überwiegendes Vollzugsinteresse
der Antragsteller nicht zu begründen.
Überwiegt nach alledem das Aufschubinteresse der Beigeladenen das
Vollzugsinteresse der Antragsteller, so war die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs der Beigeladenen anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs.
3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 20 Abs.
3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Willeke
Stehr
Gießau |