7 B 1560/98
4 L 1087/98 Arnsberg
B e s c h l u ß
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
wegen baurechtlicher Nachbarstreitigkeit;
hier: Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
hat der 7. Senat des
OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN
am 9. September 1998
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht W i l l e k e
den Richter am Oberverwaltungsgericht S t e h r
den Richter am Verwaltungsgericht G ie ßa u
auf den Antrag der Antragsteller auf Zulassung der Beschwerde gegen
den Beschluß des Verwaltungsgerichts
Arnsberg vom 30. Juni 1998
beschlossen:
Die Beschwerde wird zugelassen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich
der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-
DM festgesetzt.
G r ü n d e
Die Beschwerde war gemäß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs.
2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache
zuzulassen. Dem Zulassungsantrag kann durch Auslegung entnommen werden,
daß (lediglich) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen
Beschlusses (Zulassungsgrund gemäß §§146 Abs. 4, 124
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) behauptet werden sollen. Die Beschwerde kann jedoch
in einem solchen Falle auch ohne ausdrückliche Ausführungen des
Antragstellers zu den besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten
der Rechtssache zugelassen werden, wenn die konkreten Angriffe des Rechtsmittelführers
gegen die erstinstanzliche Entscheidung zwar keine überwiegende Wahrscheinlichkeit
für einen Erfolg der Beschwerde ergeben, diese Angriffe aber andererseits
begründeten Anlaß zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen
Entscheidung wecken, die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren
klären und deshalb den Ausgang des Rechtsstreits als offen erscheinen
lassen.
Vgl. für das Verfahren auf Zulassung der Berufung mit ausführlicher
Begründung: OVG NW, Beschluß vom 31. Juli 1998 - 10 A 1329/98
-.
Die Antragsteller haben mit dem Zulassungsantrag an entscheidungstragenden
Ausführungen des Verwaltungsgerichts Zweifel aufgeworfen, die im Beschwerdeverfahren
näherer Prüfung bedurften .
Der Senat entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Beschwerde
und - im Hinblick auf die von den Antragstellern behauptete Eilbedürftigkeit
- zugleich über die Beschwerde. Die Beteiligten sind über das
beabsichtigte Verfahren in Kenntnis gesetzt worden und haben Gelegenheit
erhalten, hierzu und zur Sache auszuführen.
Der mit der Beschwerde verfolgte Antrag ist dahin auszulegen, daß
mit ihm das Ziel verfolgt wird, unter Änderung des angefochtenen
Beschlusses nicht nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des lediglich
vom Antragsteller erhobenen Widerspruchs vom 4. Januar 1998, sondern auch
des jedenfalls mit der Widerspruchsbegründung vom 30. Juli 1998
der Sache nach von der Antragstellerin erhobenen Widerspruchs zu erreichen.
Die Beschwerde ist zulässig.
Für die Beschwerde ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.
Obwohl die Windkraftanlage zwischenzeitlich errichtet worden und in Betrieb
gegangen ist, haben die Antragsteller weiterhin ein rechtlich schützenswertes
Interesse daran, daß über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung ihres Widerspruchs entschieden wird, da gerade vom Betrieb der
Windkraftanlage die behaupteten Nachbarbeeinträchtigungen ausgehen,
denen bei Erfolg des Rechtsmittels durch Stillegung der Anlage begegnet
werden könnte.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die im Verfahren nach §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung
führt zu dem Ergebnis, daß das Interesse des Beigeladenen, von
der Baugenehmigung durch Betrieb der Windkraftanlage weiterhin sofort Gebrauch
machen zu dürfen, das Interesse der Antragsteller daran, den Betrieb
zu verhindern, überwiegt. Nach der im vorliegenden Verfahren
nur möglichen summarischen Prüfung ist überwiegend wahrscheinlich,
daß die Baugenehmigung keine die Antragsteller schützenden,
hier nur in Rede stehenden Vorschritten des Bauplanungsrechts verletzt.
Soweit das Ausmaß einzelner Beeinträchtigungen auf Grundlage
des aktenkundigen Sachverhalts derzeit nicht exakt erfaßt werden
kann, sind Beinträchtigungen nur in einem solchen Ausmaß wahrscheinlich,
daß sie den Antragstellern für die Dauer des Hauptsacheverfahrens
zugemutet werden können.
Da die Beteiligten aus die Errichtung von Windkraftanlagen betreffenden
Entscheidungen des Senats zitieren,
vgl. OVG NW, Urteil vom 29. August 1997 - 7 A 629/97 -,
UPR 1998, 232 = BauR 1998 110; Beschluß vom 23. Januar 1998 - 7 B
2984/97 -, UPR 1998, 237 = BauR 1998, 523; Beschluß vom 13.
Juli 1998 - 7 B 956/98 -; vgl. auch Beschluß vom 22. Oktober 1996
- 10 B 2385/96 -, BRS 58 Nr. 177,
sei zur Klarstellung der folgenden Ausführungen vorangestellte,
daß die Frage, ob der Betrieb einer Windkraftanlage Nachbarn zumutbar
ist, nur nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalls
beurteilt werden kann. In den Blick zu nehmen sind Emissionen des
konkreten Anlagentyps. Schon wegen der auch im Hinblick auf Nachbarbelange
fortschreitenden technischen Entwicklung kann das Maß in der Vergangenheit
ermittelter Umweltbelastungen einzelner Anlagen nicht ohne weiteres auf
neue Anlagen übertragen werden. Auch sind gegenüber der
baurechtlichen Genehmigung von Windkraftanlagen geltend gemachte Abwehrrechte
Dritter in ihrer Durchsetzungskraft wesentlich von der Qualifizierung der
jeweiligen Rechtsposition abhängig.
Vgl. zu entsprechenden Erwägungen auch OVG Schleswig, Beschluß
vom 20. Mai 1992 - 1 M 7/92 -, NuR 1994,148; Nds. OVG, Beschluß
vom 28. Februar 1996 - 6 M 154/96 -.
Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Falls geht der Senat
davon aus, daß das nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplans
erfaßte Grundstück der Antragsteller im bauplanungsrechtlichen
Außenbereich (vgl. § 35 BauGB) gelegen ist. Die dem Senat
vorliegenden Karten und Fotos lassen auch ohne Ortsbesichtigung eine hinlänglich
verläßliche Einschätzung darüber zu, daß die
wenigen (nach Angaben derAntragsteller sechs, nach Angaben des Beigeladenen
neun) Häuser der Ansiedlung eine Splittersiedlung im Außenbereich
bilden. Die Baulichkeiten lassen nach ihrer Zahl und Anordnung keine
organische Siedlungsstruktur erkennen und haben nicht das nötige Gewicht,
um bereits als Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB angesehen werden zu
können. Konkrete Anhaltspunkte, weshalb das Grundstück
der Antragsteller einem Ortsteil im Sinne des § 34BauGB zugehören
sollte, ergeben sich über die auf die Zahl der Häuser gestutzte
Behauptung hinaus aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht.
Bei dieser Ausgangslage - die sich etwa von derjenigen des Verfahrens
7 B 956/98 unterscheidet - kommt ein Abwehrrecht der Antragsteller gegenüber
dem dem Beigeladenen genehmigten Vorhaben, wie bereits dasVerwaltungsgericht
zutreffend dargelegt hat, nur nach Maßgabe des auch zugunsten eines
im Außenbereich gelegenen Wohngrundstücks zu beachtenden Gebots
der Rücksichtnahme in Betracht. Nach summarischer Prüfung führt
der Betrieb der Windkraftanlage hiernach im vorliegenden Fall nicht zu
Beeinträchtigungen der Antragsteller, die ihnen gegenüber als
rücksichtslos, weil ihnen nach Maßgabe der Gewichtung der Belange
des Beigeladenen sowie die Antragsteller nicht zumutbar sind.
Die äußeren Dimensionen der Anlage als solches sind im Hinblick
auf den zum Wohnhaus der Antragsteller gegebenen Abstand von etwa 589 m
ohnehin nicht von nachbarrechtlicher Bedeutung, insbesondere nicht "erdrückender"
Natur. Die von den Antragstellern ferner erhobenen Rügen der
Beeinträchtigung des Landschaftsbildes oder des Naturschutzes sind
nicht nachbarschützend. Ebensowenig können sie eine eigene Rechtsverletzung
aus der Situation anderer Wohngrundstücke herleiten.
Der Betrieb der Windkraftanlage läßt keine den Antragstellern
jedenfalls für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht zumutbare
Beeinträchtigungen durch Schattenwurf, Reflexionen des Sonnenlichts
oder durch Lärm erwarten.
Schatten der Windkraftanlage wirkt auf das Grundstück der Antragsteller
in derart untergeordneten Größenordnungen ein, daß er
dort hinnehmbar ist. Der Senat legt zugunsten der Antragsteller die
von ihnen überreichte Schattenwurfberechnung des Dipl.-Ing.
vom 27. August 1998 der Abschätzung zu erwartenderSchattenbelastung
zugrunde. Danach kommt es überhaupt nur im April bzw. August zu in
zeitlicher Hinsicht erwähnenswerten Schatteneinwirkungen einer monatlichen
Gesamtdauer von 8,17 Stunden im April bzw. 7,53 Stunden im August.
Diese Stundenahl ist mit dem Gutachter im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit,
daß bei einem entsprechenden Sonnenstand auch tatsächlich Schattenwurf
eintritt, die der Gutachter mit 0,26 annimmt, weiter, nämlich auf
2,12 Stunden im April bzw.1,95 Stunden im August zu reduzieren. Die
beiden Monate, in denen darüber hinaus noch Schattenwurf auf dem Grundstück
der Antragsteller zu erwarten ist, können wegen der völlig untergeordneten
Einwirkungszeiten (1,02 x 0,26 = 0,27 Stunden im Mai bzw. 0,08 x 0,26 =
0,02 Stunden im September) ohnehin vernachlässigt werden. Die
Berechnung des Gutachters ist im Ergebnis um ein weiteres, im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren nicht näher zu quantifizierendes Maß zu
korrigieren. Der Gutachter stellt auf das gesamte Grundstück
der Antragsteller ab, das gegenüber dem Wohnhaus noch um etwa 100m
näher an die Windkraftanlage heranreicht. Derartig weiträumige
Außenbereichsflächen sind jedoch auch dann, wenn sie als Garten
dem Wohnhaus der Antragsteller zugeordnet sein sollten, nicht gleichermaßen
schutzwürdig wie die unmittelbare Wohnnutzung. Auch ist zu berücksichtigen,
daß die Schattenintensität mit zunehmender Entfernung zur Windkraftanlage
nachläßt, das Wohnhaus der Antragsteller jedoch selbst nach
den Darlegungen des Gutachters außerhalb des von ihm mit 500
m angegebenen Abstandes liegt, in dem noch mit „Schlagschatten“ gerechnet
werden kann. Ob die von der - GmbH ermittelte
Einwirkungszeit von 1,7 Jahresstunden im Bereich der „Halbschattenzone“
nach alledem das Maß in Rechnung zu stellender Schattenbelastung
zutreffender beschreibt bedarf hier letztlich keiner Entscheidung, da auch
Einwirkungszeiten von jeweils etwa zwei Stunden in zwei Monaten nicht zu
unzumutbaren Beeinträchtigungen führen.
Eine nennenswerte Beeinträchtigung durch von den Rotorflügeln
reflektierte Sonnenstrahlen ist ebenfalls nicht zu erwarten. Ausweislich
der Bescheinigung der Firma GmbH
vom 30. Oktober 1997 wird durch eine Beschichtung der Rotorblätter
der hier in Rede stehenden Windkraftanlage erreicht, daß der Reflektormeterwert
nach DIN 67530 (sog. "Glanzgrad") unter einem Einfallswinkel von 60 Grad
noch ca. 10 beträgt. Dies bedeute, daß lediglich beim
direkten Blick auf die Anlage noch eine leichte Reflexion der Sonneneinstrahlung
erkannt werden kann. Die Spiegelungen vermeidende Wirkung der Beschichtung
von Rotorblättern ist im übrigen auch im gemeinsamen Runderlaß
des Ministeriums für Bauen und Wohnen, des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft und des Ministeriums für Wirtschaft
und Mittelstand, Technologie und Verkehr vom 29. November 1996, MBl. NW
1864 (Runderlaß) bestätigt worden (vgl. Gliederungsziffer 2.4
des Runderlasses). Die vorbeschriebenen Einwirkungen sind im Hinblick
auf den Abstand zwischen Windkraftanlage und Wohnhaus der Antragsteller
zumutbar. Im Hinblick auf diesen Abstand ist auch die Drehbewegung des
Rotors für die Antragstellernicht unzumutbar. Es bedarf daher hier
auch keiner Entscheidung, in welchen Entfernungen das einer Windkraftanlage
eigentümliche Moment aufmerksamkeitserregender Wirkung sich bewegender
Rotorblätter - das im abstandrechtlich relevanten Bereich zu dort
nicht hinzunehmenden Auswirkungen des Betriebs einer Windkraftanlage beiträgt
vgl. OVG NW, Urteil vom 29. August 1997 - 7 A 629/97-, a.a.O.,
an entscheidungserheblicher Bedeutung verliert. Immerhin ist - worauf
auch das Verwaltungsgericht bereits hingewiesen hat - auch in diesem Zusammenhang
zugunsten des Anlagenbetreibers zu berücksichtigen, daß Windkraftanlagen
im bauplanungsrechtlichen Außenbereich privilegiert zulässig
sind (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) und im Außenbereich
Wohnende daher grundsätzlich mit der Errichtung von Windkraftanlagen
in der Nachbarschaft rechnen müssen.
Der Anlagenbetrieb wird auf dem Grundstück der Antragsteller mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit auch nicht zu unzumutbaren Lärmbelästigungen
führen.
Die Antragsteller als Eigentümer eines im Außenbereich gelegenen
Grundstücks können zwar damit rechnen, daß in der Umgebung
ihres Grundstücks keine Nutzung zugelassen wird, die die Belange der
Wohnnutzung nicht unzumutbar beeinträchtigt. Der Maßstab
der Zumutbarkeit ergibt sich jedoch hier nicht anhand der Richtwerte für
Wohngebiete. Für ein in einem reinen Wohngebiet, jedoch in Randlage
zum Außenbereich gelegenes Wohnhaus hat der Senat hierzu bereits
ausgeführt, daß einer solchen Wohnnutzung Geräusche, die
nach den Richtwerten der VDI-Richtlinie 2058 oder der TA-Lärm beurteilt
werden können, mit einem Beurteilungspegel von 55 dB(A) tagsüber
und 40 dB(A) nachts zuzumuten sind.
Vgl. OVG NW, Beschluß vom 6. November 1989 7 B 2966/87 -, BRS
49 Nr. 205.
Eine weitere Minderung dieses Schutzmaßstabes ist hier deshalb
geboten, weil derjenige, der im Außenbereich wohnt, keinen Anspruch
darauf hat, daß seine Umgebung von weiterer Bebauung frei bleibt.
Er muß, wie sich aus §35 Abs. 1 BauGB ergibt, unter Umständen
auch mit belastenden Anlagen rechnen und ist insoweit situationsbelastet.
Dem Verwaltungsgericht ist daher auch darin zuzustimmen, daß sich
der im Außenbereich Wohnende bezüglich etwaiger Lärmbeeinträchtigungen
allenfalls auf die Einhaltung der für Mischgebiete erarbeiteten Schallgrenzwerte,
also auf Werte von 60 dB(A) tags sowie 45 dB(A) nachts berufen kann, die
gemäß Auflage 00001 zur Baugenehmigung vom 13. August 1997 als
Immissionsrichtwert insbesondere für das deutlich näher als das
Haus der Antragsteller zur Windkraftanlage gelegene Wohnhaus festgeschrieben
sind und deshalb eingehalten werden müssen, aber auch - wie
noch auszuführen ist - voraussichtlich eingehalten werden können.
Vgl. zur Frage des maßgebenden Immissionspegels: BayVGH, Beschluß
vom 9. November 1992 - 2 CS 92.1869 -, BRS 54 Nr. 196; VGH Baden-Württemberg,
Beschluß vom 25. Juni 1996 - 10 S 200/96 -, BRS 58 Nr. 176.
Der Betrieb der Windkraftanlage läßt vor dem Wohnhaus der
Antragsteller keine über die in der Auflage 00001 der Baugenehmigung
vom 13. August 1997 festgesetzten Immissionsrichtwerte hinausgehenden Lärmimmissionen
erwarten.
Beim Betrieb der hier in Rede stehenden Anlage vom Typ
mit 65 m Nabenhöhe entsteht nach den Messungen des Dipl.- Ing.
GmbH, vom 3. März 1998 bei einer Referenzgeschwindigkeit von v (10)
8 m/s (in 10 m Höhe) ein immissionsrelevanter Schalleistungspegel
von 99,5 dB(A). Weder im Luftschallspektrum noch vom subjektiven Höreindruck
aus konnten deutlich hervortretende Einzeltöne festgestellt werden.
Bei dieser Ausgangslage die sich von der anderer (älterer) Anlagen
unterscheidet, vgl. zum Fall einer Windkraftanlage, deren Betrieb einen
monotonen Dauerton verursachte, der durch herausgehobene Einzeltöne
begleitet wurde: OVG MW, Beschluß vom 22. Oktober 1996 - 10
B 2385/96 -, BRS
58 Nr. 177 - ist dem Verwaltungsgericht im Rahmen des vorliegenden,
seinem Charakter nach vorläufigen Verfahrens ferner in der auch von
den Antragstellern geteilten Auffassung zuzustimmen, daß die Messung
und Bewertung der
Lärmbeeinträchtigungen in Anlehnung an die Regelungen der
TA-Lärm (vom 16. Juli 1968) erfolgen kann, da bisher genauere Erkenntnisse
über die spezifischen akustischen Wirkungen der von Windkraftanlagen
ausgehenden
Lärmemissionen nicht vorhanden sind.
Im Hinblick auf die Messung des vom Betrieb einer Windkraftanlage ausgehenden
Lärms muß allerdings den Betriebsbesonderheiten Rechnung getragen
werden. So liegt es nahe, die Lärmauswirkungen in den Blick zunehmen,
mit denen in einer für Nachbarbelange nicht unbeachtlichen Häufigkeit
zu rechnen ist, und daher auf die Lärmemissionen abzustellen, die
die Windkraftanlage bei höheren, aber nicht seltenen Windgeschwindigkeiten
als v (10) = 8 m/s verursacht. Der Stellungnahme des Umweltamts Nordrhein-Westfalen
vom 5. Juni 1998 an das Ministerium für Umwelt und Raumordnung ist
daher in der Forderung zuzustimmen, der Immissionsprognose die Geräuschemissionen
zugrundezulegen, mit denen im gesamten Arbeitsbereich der Windkraftanlage
gerechnet werden muß. Von dieser Ausgangslage ist aber auch das Lärmschutzgutachten
ausgegangen. Auf Grundlage der vom Gutachter anhand der akustischen
Vermessung einer bereits errichteten Anlage des streitgegenständlichen
Typs ermittelten Lärmemissionen sind im Lärmschutzgutachten
die Lärmimmissionen auf die Situation bei einer Windstärke von
v (10) = 10 m/s - die einer Windstärke von v = 13, 5 m/s in Nabenhöhe
und damit der Windgeschwindigkeit entspreche, bei der die Windkraftanlage
ihre Nennleistung erreicht umgerechnet worden (vgl. S. 3 Abs. 4 Satz
2 des Larmschutzgutachtens); auf dieser Grundlage ergebe sich ein Schalleistungspegel
von 101 dB(A).
Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungen des Gutachters
ergeben sich aus dem Vorbringen derAntragsteller nicht und sind auch sonst
nicht ersichtlich. Das Umweltamt Nordrhein-Westfalen bestätigt
in der schon zitierten Stellungnahme vom 5. Juni 1998, daß es moderne
Windkraftanlagen der Leistungsklasse von 500kW bis 1,5 MW gibt, deren Schalleistungspegel
in allen Betriebszuständen bis zum Erreichen der elektrischen
Nennleistung 101 dB(A) nicht überschreiten (und deren Geräusche
zudem im gesamten Arbeitsbereich keine auffälligen Einzeltöne
enthalten). Auf die Fragen, ob Geräusche einer Windkraftanlage
bei höheren Windgeschwindigkeiten durch windbedingte Umgebungsgeräusche
vollständig maskiert werden können (so die Stellungnahme
des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen vom 5. Juni 1998) und ob die
für eine dahingehende Lärmbewertung vorausgesetzten Umweltgegebenheiten
in der hier maßgebenden Örtlichkeit festzustellen sind, kommt
es nicht an. Die Schallimmissionsprognose geht von der, den Antragstellern
ungünstigsten, sie nämlich mit Lärm am stärksten belastenden
Situation freier Schallausbreitung ohne Berücksichtigung von Abschirmung
oder Dämpfung durch Bebauung und Bewuchs aus und unterstellt eine
die Schallausbreitung begünstigende Windrichtung. Dafür, daß
sich die Messungen des Dipl.- Ing. in nicht auf eine
der hier errichteten Anlage baugleiche Anlage bezogen haben könnten,
fehlt jeder Anhalt. Die vom Standort in verschiedenen Geländeverhältnisse
sind im Lärmschutzgutachten berücksichtigt worden. Angesichts
des vom Standort der Windkraftanlage zum Wohnhaus der Antragsteller überwiegend
stetig abfallenden Geländes sowie der relativ geringfügigen Höhendifferenz
von ausweislich der topographischen Karten etwa 25 m spricht auch wenig
dafür, daß die nach den Untersuchungen von im gebirgigen, gegenüber
einem flachen Gelände festgestellten veränderten Schallausbreitungsvorgänge
auf die Berechnungen des Lärmschutzgutachtens nicht nur nicht übertragen
werden können, sondern ferner zu deutlichen Korrekturen Anlaß
geben könnten. Allerdings könnte ein „Sicherheitszuschlag“ von
2 dB(A) zu berücksichtigen sein, denn der Dipl.- Ing
hat (S. 19 seines Berichts) Meßuntersicherheiten mit kleiner +/-
2 dB(A) geschätzt. Selbst wenn dieser auf den immissionsrelevantenSchalleistungspegel
bezogene Wert dem für das Wohnhaus der Antragsteller prognostizierten
Immissionspegel von 34,2,dB(A) hinzugerechnet wurde, bliebe der maßgebende
Beurteilungspegel mit 36,2 dB(A) so deutlich unter der den Antragstellern
zumutbaren Lärmbelastung, daß gewisse verbleibende Unsicherheiten
zur Frage, ob der Betrieb der Windkraftanlage Lärm in der prognostizierten
Größenordnung auch tatsächlich verursacht, jedenfalls derzeit
hinzunehmen sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Frage etwaiger
Beeinträchtigungen durch tieffrequente Geräuschimmissionen.
Nach den dem Lärmschutzgutachten allerdings nur auszugsweise beigefügten
Messungen der GmbH aus September 1995 sind Infraschallemissionen der WEA
im Frequenzbereich unter 90 Hz nur deutlich unterhalb des „Schwellwerts“
von 20 dB ermittelt worden. Werte dieser Größenordnung blieben
nach dem dem
Lärmschutzgutachten noch zugrunde liegenden Entwurf der DIN 45680
aus Januar 1992, Beiblatt 1 (Ziffer 2.3) ohnehin unberücksichtigt
und bleiben es auch nach der zwischenzeitlich vorliegenden Fassung der
DIN 45680 aus März 1997. Die von den Antragstellern überreichte
Graphik einer nicht datierten Messung der Infraschallabstrahlung der WEA
von bestätigt im wesentlichen die Angaben der GmbH.
Danach liegt die Infraschallabstrahlung fast im gesamten gemessenen Frequenzbereich
unterhalb der Hörschwelle und ist schon deshalb ohne Bedeutung.
Lediglich im Bereich von etwa 45 Hz liegt der in 200 m Entfernung zur Windkraftanlagevon
gemessene Schalldruckpegel oberhalb der Hörschwelle. Daß sich
die in diesem Bereich festgestellte hörbareSchallabstrahlung mit einem
Schalldruckpegel von abgegriffen etwa 5 dB oberhalb der Hörschwelle
auch noch am Grundstück der Antragsteller nennenswert auswirken oder
gar zu jedenfalls vorübergehend nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen
führen könnte, ist nicht ersichtlich.
Letztlich ist ergänzend zu berücksichtigen, daß der
Betrieb der Windkraftanlage der Auflage 0001 zur Baugenehmigung unterworfen
ist. Die Auflage ist geeignet, den aus Nachbarsicht erforderlichen
Lärmschutz zu bewirken. Allerdings regelt die Baugenehmigung selbst
nicht, wie die Einhaltung der Lärmwerte sicherzustellen ist. Dies
ist deshalb von Bedeutung, weil nah dem Lärmschutzgutachten an immerhin
sieben Stunden des Jahres zu erwarten ist, daß zur Nachtzeit (die
im Hinblick auf die einzuhaltenden immissionswerte allenfalls problematisch
sein kann) die dem Gutachten zugrundeliegenden Windgeschwindigkeiten die
Geschwindigkeit von v (10) = 10 m/s überschreitet. Ob in einem solchen
Fall mit einer nennenswerten Lärmbelastung zu rechnen ist, läßt
sich den vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei entnehmen. Gegebenenfalls
wird der Anlagenbetrieb bezogen auf diese Situation entsprechend gedrosselt
werden müssen, aber auch gedrosselt werden können, wie die Herstellererklärung
der Firma belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159, 162
Abs. 3 VwG0.
Die Streitwertfestsetzung, stützt sich auf §§ 20 Abs.
3, 13 Abs. 1 GKG.
Willeke
Stehr
Gießau
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