Grundsätze für Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen
Windenergie - Erlass (geänderte Fassung) 10.11.1998
2310
Gem. RdErl. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen - II A 1 - 901.3/202
-,
d. Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung,
Kultur und Sport - 413 - 16.21 -,
d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - VI
A 6 - 30.04.04 -
und d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie
und Verkehr - 521-00-19 -
vom 29. November 1996, geändert am 28. September 1998
I. Allgemeines
1.1 Zielsetzung
Der Windenergienutzung zur Gewinnung elektrischer Energie kommt im Hinblick
auf die Belange der Luftreinhaltung, des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung
steigende Bedeutung zu. Verglichen mit der Nutzung fossiler Energieträger
und der Atomenergie hat sie den Vorteil, dass sie sich einer unerschöpflichen
Energiequelle bedient und dabei im Betrieb weder Luftschadstoffe,
Reststoffe, Abfälle und Abwärme verursacht noch ein atomares
Risiko mit sich bringt. Regionale und lokale Initiativen zur Förderung
von Windenergieanlagen verdienen in diesem Zusammenhang besondere Unterstützung.
Eine ressourcenschonende Energieerzeugung trägt unter Beachtung
des Freiraumschutzes und der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege
wesentlich zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen bei. Mit Herstellung
der planerischen Voraussetzungen soll in den nächsten 10 Jahren eine
Windenergieleistung von mindestens 1000 MegaWatt in Nordrhein-Westfalen
ermöglicht werden.
Das Land Nordrhein-Westfalen will die Nutzung erneuerbarer und unerschöpflicher
Energien so weit wie möglich begünstigen. Durch die Ausweisung
von besonders geeigneten Flächen für die Windenergienutzung werden
die Voraussetzungen für eine planvolle und gezielte Errichtung von
Windenergieanlagen geschaffen. Im Hinblick auf die Menge der bei den Gemeinden
vorliegenden Anträge zur Errichtung von Windenergieanlagen, die notwendige
Schonung des Freiraumes un die optimale Ausnutzung von Flächen ist
eine Konzentration von Windenergieanlagen an geeigneten, verträglichen
Standorten in Windparks einer Vielzahl von Einzelanlagen in der Regel vorzuziehen.
Unter "Windpark" werden nahe beieinanderliegende Anlagen verstanden, die
im Zusammenhang geplant und ggf. auch im Zusammenhang errichtet und betrieben
werden.
Durch das Zusammenwirken von Planungsträgern und Genehmigungsbehörden
soll nach diesen Grundsätzen die Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen
in der Öffentlichkeit verbessert und damit auch eine positive Einstellung
zur Nutzung der Windenergie erreicht werden.
1.2 Änderung des Baugesetzbuches
Windenergieanlagen sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im
Außenbereich privilegiert. Um eine ausgewogene Planung zu gewährleisten,
können im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung
und Landesplanung Ausweisungen für Windenergieanlagen erfolgen (§
35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), die als öffentlicher Belang einer Windenergieanlage
an anderer Stelle entgegenstehen können. Gemäß § 245
b BauGB hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die
Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen auszusetzen,
wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen,
zu ändern oder zu ergänzen, und beabsichtigt zu prüfen,
ob Darstellungen zu Windenergieanlagen in Betracht kommen. Dies gilt entsprechend
für einen Antrag der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde,
wenn diese die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Zielen
der Raumordnung und Landesplanung zu Windenergieanlagen eingeleitet hat.
II. Grundsätze für die Behandlung von Windenergieanlagen in der
Landes- und Regionalplanung
1. Allgemeine Grundlagen
1.1 § 26 Abs. 2 i. V. m. § 37 Landesentwicklungsprogramm
- LEPro - verpflichtet unter anderem die Behörden des Bundes, des
Landes, die Gemeinden und die öffentlichen Planungsträger, den
Einsatz unerschöpflicher Energien anzustreben.
1.2 Gemäß Ziel D II 2.4 des Landesentwicklungsplanes
Nordrhein-Westfalen -
LEP NRW - sind die Voraussetzungen für den Einsatz erneuerbarer
Energien zu verbessern und zu schaffen und dafür besonders geeignete
Gebiete in den Gebietsentwicklungsplänen durch "Darstellung von Bereichen
mit Eignung für die Nutzung erneuerbarer Energien - hier Windenergie"
zu konkretisieren.
1.3 Sofern in den Gebietsentwicklungsplänen eine zeichnerische
Darstellung erfolgt, steht dafür das Ziel "Freiraumbereich für
sonstige Zweckbindungen - Windenergie" (Planzeichen 2.ec) der Dritten Durchführungsverordnung
zum Landesplanungsgesetz - 3. DVO zum LPlG - zur Verfügung.
2. Darstellung in den Gebietsentwicklungsplänen
2.1 Nach Änderung des Baugesetzbuches wird es zur planvollen
Steuerung zunächst den Gemeinden überlassen bleiben, im Rahmen
bestehender landesplanerischer Ziele (vgl. Nr. 3) Darstellungen in der
Bauleitplanung für Windenergieanlagen zu treffen und damit auch gemäß
§ 35 Abs. 3 BauGB Windenergieanlagen an anderer Stelle auszuschließen.
Eine flächendeckende Ausweisung im Rahmen eines Gebietsentwicklungsplanes
edarf einer flächenhaften Ermittlung der Windenergiepotentiale und
umfangreicher Abwägungsprozesse, z. B. bei der Darstellung von Bereichen
für die Windenergienutzung in den Bereichen für den Schutz der
Landschaft und für landschaftsorientierte Erholung. Einzelne strittige
Standorte könnten das gesamte
Gebietsentwicklungsplanverfahrenverzögern. Gemeinden könnten
sich in ihrer Planung eingeschränkt fühlen bzw. die Planung
zurückstellen. Über Einzelanträge würde im gesamten
Regierungsbezirk aufgrund einer Aussetzung nach § 245 b BauGB längere
Zeit nicht entschieden.
Eine zeichnerische Darstellung von "Freiraumbereichen für sonstige
Zweckbindungen - Windenergie" entsprechend Ziel D II 2.4 des LEP NRW ist
bis zum 31.12.1998 - dem Ablauf der Frist, bis zu der Entscheidungen über
die Zulässigkeit von Windenergieanlagen wegen laufender Planung ausgesetzt
werden können (§ 245 b BauGB) - nicht erforderlich.
2.2 Unabhängig davon können bereits jetzt in den Gebietsentwicklungsplänen
regionale Ziele zur Förderung und Steuerung der Windenergienutzung
oder für die landesplanerische Überprüfung von Darstellungen
für die Windenergienutzung in Flächennutzungsplänen textlich
festgelegt werden (vgl. Nr. 3).
2.3 Die Bezirksplanungsbehörden sollten, z. B. im Verfahren
nach § 20 Landesplanungsgesetz - LPlG - (vgl. Nr. 3) die Planungen
der Gemeinden
beratend begleiten und ggf. Vorbereitungen für Bereichsdarstellungen
für die Windenergienutzung im Gebietsentwicklungsplan treffen, um
in der Lage zu sein, zügig nach dem 31.12.1998 Verfahren zur Darstellung
von Bereichen für die Windenergienutzung durch Änderung des Gebietsentwicklungsplanes
beginnen zu können.
3. Anpassung gemeindlicher Planungen an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung
3.1 Im Verfahren nach § 20 LPlG werden Darstellungen für
die Windenergienutzung in Bauleitplänen (vgl. Abschnitt III Nr. 1.)
darauf überprüft, ob sie an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung
angepasst sind (grundsätzlich Überprüfung von Ausweisungen
in Flächennutzungsplänen, ausnahmsweise auch von Festsetzungen
in Bebauungsplänen).
3.2 Aus Sicht der Landesplanung sind insbesondere die allgemeinen
Freiraum- und Agrarbereiche für die Darstellung von Gebieten für
die Windenergienutzung geeignet, sofern sie nicht gleichzeitig entgegenstehende
Funktionen, insbesondere zum Schutz von Natur und Landschaft, erfüllen
(vgl. Nrn. 3.3, 3.4 und 3.6, Abschnitt V Nr. 1).
Weiterhin sind für die Windenergienutzung insbesondere Bereiche
für die gewerbliche und die industrielle Nutzung geeignet. Diese Bereiche
kommen - insbesondere wegen der dort schon vorhandenen oder geplanten Nutzungen
und der damit verbundenen vorhandenen/zu erwartenden Störungen sowie
wegen der überwiegend vorhandenen Nähe zu Leitungen - für
die Nutzung von Windenergieanlagen in Betracht.
3.3 Wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit kommt die bauleitplanerische
Ausweisung von Gebieten für Windenergienutzung in folgenden Bereichen
des Gebietsentwicklungsplanes nicht in Betracht:
- Bereiche für den Schutz der Natur,
- Waldbereiche.
Sofern in diesen Bereichen aus besonderen Gründen Gebiete für
die Windenergienutzung ausgewiesen werden sollen (siehe dazu auch
Erläuterungsbericht zu Ziel B III 2.3.2 des LEP NRW), ist zuvor
durch Änderung des Gebietsentwicklungsplanes die Bereichsdarstellung
aufzuheben. In Gebieten für den Schutz der Natur des LEP NRW und in
den von der Bezirksplanung vorgesehenen Bereichen für den Schutz der
Natur können auch Gebiete für Windenergienutzung ausgewiesen
werden, wenn die Naturgegebenheiten dies nahelegen und die im Gebiet
vorgesehenen Anlagen mit den naturschutzrechtlich vorgegebenen Schutzzwecken
zu vereinbaren sind.
In Feuchtgebieten von internationaler Bedeutung ist die Ausweisung von
Gebieten für die Windenergienutzung ebenfalls ausgeschlossen.
3.4 Bei der konkreten Planung ist abzuklären, welche Bereiche
für den Schutz der Landschaft und für landschaftsorientierte
Erholung sowie regionale Grünzüge für die Darstellung von
Gebieten für die Windenergienutzung in Frage kommen. Derartige Ausweisungen
sind beispielsweise in großräumigen Bereichen für den Schutz
der Landschaft auf Teilbereichen mit einer weniger hochwertigen Funktion
für Naturschutz und Landschaftspflege und den Teilbereichen mit einer
bereits vorhandenen Vorbelastung möglich. Hingegen kommt die Ausweisung
von Gebieten mit markanten landschaftsprägenden Strukturen mit besonderer
Bedeutung für den Landschaftsschutz und das Landschaftsbild nicht
in Frage.
Die Gemeinden können im Flächennutzungsplan nur Gebiete für
die Windenergienutzung ausweisen, wenn vorher mit den zuständigen
Behörden
abgeklärt worden ist, dass eine Aufhebung des Landschaftsschutzes
oder eine Befreiung von den Geboten und Verboten einer Landschaftsschutzverordnung
bzw. eines Landschaftsplanes (vgl. Abschnitt V Nr. 1.3) in Aussicht gestellt
wird.
3.5 Für die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung
kommen auch die Bereiche für Abfalldeponien, Aufschüttungen (Halden)
und für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze
in Frage. Die Ausweisung hat hier zur Folge, dass diese Bereiche nach erfolgter
Nutzung als Abfalldeponie, Schüttung bzw. Abgrabung für die Windenergienutzung
als Nachfolgenutzung vorgesehen werden. Vor einem Abbau oberflächennaher
Bodenschätze und der Nutzung als Abfalldeponie ist die Nutzung für
Windenergieanlagen ausgeschlossen.
3.6 Nach Ziel C IV 2.2.3 des LEP NRW kommt die Inanspruchnahme
von "Reservegebieten für den oberirdischen Abbau nicht energetischer
Bodenschätze" in den Erläuterungsberichten zu den Gebietsentwicklungsplänen
für andere Nutzungen nur in Betracht, soweit die Inanspruchnahme von
vorübergehender Art ist und die Nutzung der Lagerstätte langfristig
nicht in Frage gestellt wird. Auf diesen Reserveflächen kann die Ausweisung
als Konzentrationszonen für die Windenergienutzung deshalb nur erfolgen,
wenn zu erwarten ist, dass in den nächsten 25 Jahren eine Nutzung
als Abgrabungsfläche nicht erfolgt. Baugenehmigungen für Windenergieanlagen
dürfen auf diesen Flächen nur befristet (§ 36 Abs. 2 Nr.
1 Verwaltungsverfahrensgesetz) erteilt werden (25 Jahre nach der Bekanntmachung
des Flächennutzungsplans nach § 6 Abs. 5 BauGB).
Wegen der besonders langfristigen Sicherung von Flächen für
den Braunkohlentagebau gilt die vorgenannte Verfahrensweise für Darstellungen
von Braunkohlentagebauen entsprechend. 3.7 Neben den Aspekten der Raumverträglichkeit
sind auch die Windhöffigkeit und die Nähe zu Leitungen und Einspeisepunkten
in das öffentliche Stromnetz zu berücksichtigen.
III. Gemeindliche Planung
1. Allgemeines
Bei der gemeindlichen Bauleitplanung bestehen grundsätzlich zwei Vorgehensweisen
für die planerische Ausweisung von Windenergieanlagen:
- Durch die Darstellung von Flächen für Windenergieanlagen
im Flächennutzungsplan (im Sinne von Konzentrationszonen, Vorranggebieten
und anderen positiven Standortplanungen) können die Gemeinden die
Zulässigkeit von einzelnen nach § 35 Abs. 1 Nr. 7 Baugesetzbuch
- BauGB - privilegierten Windenergieanlagen in ihrem Gemeindegebiet steuern
(Nr. 2.2.1).
- Darüber hinaus können die Gemeinden für Windparks (z.
B. Sondergebiet "Windpark") oder für einzelne Windenergieanlagen (z.
B. Fläche für
Versorgungsanlagen) räumlich konkrete Darstellungen bzw. Festsetzungen
in den Bauleitplänen treffen (Nrn. 2.2.2, 2.3 und 2.4).
Zur Zusammenstellung des Abwägungsmaterials wird eine möglichst
frühzeitige Einbeziehung der Träger öffentlicher Belange
und sonstiger sachkundiger Stellen empfohlen.
2. Bauleitplanung
2.1 Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung
Gemäß § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen
der Raumordnung anzupassen. Dementsprechend sind Ziele der Raumordnung
für die Bauleitplanung unmittelbar bindende Vorgaben und nicht Gegenstand
der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB.
2.2. Flächennutzungsplan
2.2.1 Darstellung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen
Nach § 5 i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB können die Gemeinden
im Flächennutzungsplan auch "Konzentrationszonen für Windenergieanlagen"
darstellen, um die Errichtung von Windenergieanlagen im Gemeindegebiet
zu steuern. Eine solche Darstellung hat in der Regel das Gewicht eines
öffentlichen Belangs, der einer Windenergieanlage an anderer Stelle
entgegensteht. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Darstellung einer
derartigen Konzentrationszone ist, dass sie auf einer gerechten Abwägung
im Sinne des § 1 Abs. 5 und 6 und des § 1 a BauGB beruht. Darüber
hinaus liegen die Voraussetzungen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur
vor, wenn die Gemeinde eine Untersuchung der grundsätzlich geeigneten
Bereiche des gesamten Gemeindegebietes vorgenommen und ein schlüssiges
Plankonzept
für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat. Im
Erläuterungsbericht ist darzustellen, welche Zielsetzungen und Kriterien
für die Abgrenzung der Konzentrationszone maßgebend waren.
Wenn nach eingehender Untersuchung keine geeignete Fläche für
die Windenergienutzung ermittelt werden kann, erübrigt sich eine Darstellung
für Windenergienutzung im Flächennutzungsplan. Auf Abschnitt
IV Nr. 2.3 wird verwiesen. Auf eine eingehende Untersuchung kann verzichtet
werden, wenn z.B. nur wenige Anträge auf Errichtung von Windenergieanlagen
vorliegen oder wenn absehbar ist, dass keine geeigneten Flächen zur
Verfügung stehen.
Bei der Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
empfiehlt es sich, neben der Grundnutzung (in aller Regel "Fläche
für die Landwirtschaft") die Konzentrationszonen für die Windenergieanlagen
als zusätzliche Nutzungsmöglichkeit durch Randsignatur darzustellen
(überlagernde Darstellung). Weiterhin kann nach § 16 Abs. 1 Baunutzungsverordnung
- BauNVO - die Begrenzung der Höhe baulicher Anlagen dargestellt werden;
dabei sind Stand der Anlagentechnik, gegenseitige Rücksichtnahme (Abschnitt
IV Nr. 2.4) und die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und
des Waldes (Abschn. V Nr. 1.1) zu berücksichtigen. Soweit erforderlich,
sind Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen
zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes
(§ 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB) sowie Flächen für Maßnahmen
zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft
(§ 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB) darzustellen.
2.2.2 Sonstige Darstellungen für Windenergieanlagen
Windparks können außerdem im Flächennutzungsplan gemäß
§ 11 Abs. 2 BauNVO als sonstige Sondergebiete ausgewiesen werden.
Dabei ist die Zweckbestimmung (z. B. Sondergebiet Windpark) darzustellen.
Die Standorte für Windenergieanlagen können auch als "Flächen
für Versorgungsanlagen" gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 4 BauGB
bzw. mit Standortsymbol für Versorgungsanlagen dargestellt werden.
Eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB liegt nur
vor, wenn im Rahmen der vorgenannten Darstellungen eine Untersuchung des
gesamten Gemeindegebietes erfolgt und dies im Erläuterungsbericht
dargelegt ist.
2.3 Bebauungsplan
Insbesondere zur optimalen Ausnutzung einer geeigneten Fläche für
die Windenergienutzung kann die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich
werden, da im Bebauungsplan die Standorte der Einzelanlagen festgesetzt
werden können.
Bei der Ausweisung eines Sondergebietes "Windpark" nach § 11 Abs.
2 BauNVO sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung (Konkretisierung
der zulässigen Art der Nutzung, d. h., der einzeln aufzuführenden
zulässigen Anlagen) festzusetzen. Darüber hinaus können
Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Erschließung,
zum Immissionsschutz, zu den erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
getroffen und ggf. örtliche Bauvorschriften nach § 86 Bauordnung
des Landes Nordrhein-Westfalen - BauO NW - über die äußere
Gestaltung erlassen werden.
Dies gilt entsprechend bei der Festsetzung von Flächen für
Versorgungsanlagen.
2.4 Vorhabenbezogener Bebauungsplan
Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß
§ 12 BauGB die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, soweit ein
Vorhabenträger auf der Grundlage eines von ihm vorgelegten und mit
der Gemeinde abgestimmten Planes zur Durchführung der Vorhaben und
der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist und sich
zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Übernahme
der
Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise verpflichtet.
Es handelt sich somit um eine ausdrückliche, gezielte planungsrechtliche
Zulassung durch die Gemeinde. Die Ausführungen zur Ausweisung von
Sondergebieten "Windpark" bzw. Fläche für Versorgungsanlagen
gelten somit entsprechend.
2.5 Sicherung der Planung
Gemäß § 245 b BauGB hat die Baugenehmigungsbehörde
auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit
von Windenergieanlagen auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat,
einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen
und beabsichtigt zu prüfen, ob Darstellungen zu Windenergieanlagen
in Betracht kommen. Ein pauschaler Antrag für das ganze Gemeindegebiet
ist nicht zulässig. Für jedes einzelne Vorhaben ist ein separater
Antrag erforderlich. Die Gemeinde soll einen Antrag auf Aussetzung gem.
§ 245 b BauGB zurückziehen, wenn nach dem Stand des
Erarbeitungsverfahrens anzunehmen ist, dass Bedenken nicht bestehen.
IV. Baurechtliche Zulässigkeit von Vorhaben
1. Allgemeines
Windenergieanlagen sind bauliche Anlagen im Sinne des § 29 BauGB
und des § 2 BauO NW. Nach § 63 Abs. 1 BauO NW ist deshalb - unabhängig
von der Leistung der Windenergieanlagen - ein Baugenehmigungsverfahren
durchzuführen. Da Windenergieanlagen nicht anderen Genehmigungsvorschriften
unterliegen, sind sie nicht nach § 64 Nr. 2 BauO NW genehmigungsfrei.
Form und Antragsberechtigung für Bauvorlagen zu Windenergieanlagen
richten sich nach den §§ 63, 70 BauO NW. Hinsichtlich der technischen
Voraussetzungen wird auf den Runderlass des Ministeriums für Bauen
und Wohnen vom 08.02.1996 - Az.: II B 3-474.203 - SMBl. NW. 23236 (Richtlinie
für Windenergieanlagen; Einwirkungen und tandsicherheitsnachweise
für Turm und Gründung) verwiesen.
2. Planungsrechtliche Zulässigkeit
2.1 Im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes
2.1.1 In Sondergebieten mit der Zweckbestimmung "Windpark" und auf
ersorgungsflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB sind Windenergieanlagen
zulässig, wenn sie den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht widersprechen.
2.1.2 Windenergieanlagen, die der öffentlichen Versorgung
mit Energie dienen, können nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO in
den Baugebieten auch außerhalb von Versorgungsflächen als Ausnahmen
unter Berücksichtigung des im § 15 BauNVO enthaltenen Gebotes
der Rücksichtnahme zugelassen werden.
2.1.3 Sofern der qualifizierte Bebauungsplan keine ausdrückliche
Festsetzung für Windenergieanlagen enthält, kann die Windenergieanlage
als untergeordnete Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO
zulässig sein.
- Die Windenergieanlage muss dem Nutzungszweck (z. B. einem Gewerbebetrieb)
der in dem jeweiligen Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebietes
(mehrere Nachbarn versorgen mehrere Grundstücke durch eine gemeinsame
Windenergieanlage) ausschließlich oder überwiegend dienen.
- Die Windenergieanlage muss der Hauptnutzung räumlich-gegenständlich
untergeordnet sein. Die Unterordnung ist nicht bereits dann ausgeschlossen,
wenn die Anlage über die Firsthöhe der übergeordneten baulichen
Anlage um etliche Meter hinausragt. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes
darf die Nebenanlage wegen ihrer Abmessungen der Hauptanlage nicht gleichwertig
erscheinen oder diese gar optisch verdrängen. Eine Windenergieanlage
kann im Hinblick auf ihr geringes bauliches Volumen in der optischen Wirkung
derart zurücktreten, dass sie
gegenüber einem Gebäude, dessen Energieversorgung sie dient,
auch räumlich-gegenständlich als untergeordnet erscheint.
- Die Windenergieanlage darf nicht der Eigenart des Baugebietes widersprechen.
Die im beplanten Bereich maßgebende Eigenart wird durch die Festsetzungen
des Bebauungsplanes, Lage, Größe und Zuschnitt des Baugrundstücks
im Vergleich zu den Grundstücken des Baugebietes entscheidend geprägt.
Die "Weiträumigkeit" oder "Dichte" der Bebauung ist eine Eigenart
des Baugebietes im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, die gerade
für die Zulässigkeit einer Windenergieanlage als Nebenanlage
von entscheidender Bedeutung sein kann. Ein weiträumig und
aufgelockert bebautes Gebiet begünstigt in diesem Sinne die Zulässigkeit
von Windenergieanlagen als Nebenanlagen. Trotz dichter Bebauung kann eine
Windenergieanlage in einem Industrie- oder Gewerbegebiet zulässig
sein, weil sie sich als technische Anlage in die baulichen Anlagen des
Gebietes (Schornsteine, Hochspannungsmasten, Kühltürme) einfügt.
2.2 Im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB
2.2.1 Für Vorhaben in einem Baugebiet, das nach der
Art der Bebauung einem der in der BauNVO aufgeführten Baugebiete entspricht,
richtet sich das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die
überbaubare Grundstücksfläche nach dem aus der näheren
Umgebung abzuleitenden Rahmen (§ 34 Abs. 2 BauGB). Auf Nr. 2.1.3 dieses
Abschnitts wird verwiesen.
Nach § 34 Abs. 2, 2. Halbsatz BauGB sind Ausnahmen und Befreiungen
von der Art der Nutzung entsprechend § 31 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB
möglich. Auf die Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO für
Windenergieanlagen, die der öffentlichen Versorgung dienen, wird hingewiesen
(vgl. Nr. 2.1.2 dieses Abschnitts). Bei einer Befreiung nach § 31
Abs. 2 BauGB ist zu beachten, dass die sich aus der vorhandenen Bebauung
ergebende städtebauliche Ordnung nicht beeinträchtigt werden
darf. Kann die nähere Umgebung keinem in der BauNVO bezeichneten Gebiet
zugeordnet werden oder weist die nähere Umgebung die Merkmale zweier
Baugebiete aus, beurteilt sich die Zulässigkeit einer Windenergieanlage
ausschließlich nach § 34 Abs. 1 BauGB.
2.2.2 Die Zulässigkeit einer Windenergieanlage innerhalb
eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles nach § 34 Abs. 1 BauGB setzt
voraus, dass diese sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
Auch wenn in der Umgebung eine ähnliche Anlage nicht vorhanden ist
oder eine Anlage den vorgegebenen Rahmen überschreitet, kann sie zulässig
sein, wenn sie mit dem Vorhandenen harmoniert. Die technische Neuartigkeit
einer Anlage und die dadurch bedingte optische Gewöhnungsbedürftigkeit
ist nicht geeignet, das Ortsbild zu beeinträchtigen. Abzustellen ist
auf die vorhandene und nicht auf eine möglicherweise demnächst
entstehende Bebauung.
2.3 Im Außenbereich nach § 35 BauGB
Im Außenbereich sind Windenergieanlagen als untergeordnete Anlagen
privilegiert gemäß
§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB oder als selbständige Anlage gemäß
§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Sie sind zulässig, wenn ihnen öffentliche
Belange nicht entgegenstehen.
2.3.1 Eine Windenergieanlage ist im Außenbereich nach §
35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB als unselbständiger Teil einer ihrerseits privilegierten
baulichen Anlage genehmigungsfähig. Voraussetzung ist, dass die Windenergieanlage
den Betrieb der Hauptanlage unmittelbar zu- und untergeordnet und dies
auch äußerlich erkennbar ist. Einzelne Gebäude, die nach
§ 35 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BauGB privilegiert errichtet worden sind,
kommen deshalb in der Regel als übergeordnete Hauptanlage nicht in
Betracht.
Die räumliche Zuordnung erfordert, dass die Windenergieanlage sich
in angemessener räumlicher Nähe zu dem mit Energie versorgten
land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb befindet. Nach der Zweckbestimmung
muss der überwiegende Teil der erzeugten Energie dem privilegierten
Vorhaben zugute kommen.
2.3.2 Windenergieanlagen, die Energie überwiegend in ein
Verbundnetz der öffentlichen Stromversorgung einspeisen, sind - unabhängig
davon, ob sie als Einzelanlagen oder in einer in einem Flächennutzungsplan
dargestellten Konzentrationszone liegen - als Vorhaben im Außenbereich
gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zu beurteilen.
Wenn Flächen bzw. Standortsymbole für solche Anlagen in einem
Flächennutzungsplan dargestellt werden, konkretisiert diese Darstellung
einen besonderen öffentlichen Belang, gegen den sich andere öffentliche
Belange in der Regel nicht durchsetzen können (vgl. Bundesverwaltungsgericht,
Urteil vom 22.05.1987 - 4 C 57.84 - BVerwGE 77, 300).
2.3.3 Bei der Prüfung, ob öffentliche Belange der Errichtung
einer Windenergieanlage im Einzelfall entgegenstehen, ist folgendes zu
beachten:
- Wenn der geplante Standort einer Windenergieanlage konkreten standortbezogenen
Aussagen des Flächennutzungsplanes widerspricht (Darstellung einer
Fläche als Sportplatz oder konkrete anderweitige Standortdarstellung
innerhalb eines Sondergebiets für Windenergieanlagen
- vgl. Abschnitt III Nr. 2.2.2), steht diese Darstellung des Flächennutzungsplanes
der Errichtung der Windenergieanlage als öffentlicher Belang entgegen.
Die Darstellung "Fläche für die Landwirtschaft" ist in der Regel
kein Widerspruch zum Standort für einzelne Windenergieanlagen.
- Der Belang "Ausweisung an anderer Stelle" steht nach § 35 Abs.
3 Satz 3 BauGB einer Windenergieanlage in der Regel entgegen, soweit im
Flächennutzungsplan oder im Gebietsentwicklungsplan eine Darstellung
an anderer Stelle erfolgt. Ausnahmen sind z.B. denkbar bei der Neuerrichtung
einer Windenergieanlage an einem Standort außerhalb einer Konzentrationszone,
an dem bereits zulässigerweise eine gleichgeartete Anlage vorhanden
war, oder bei Einzelanlagen landwirtschaftlicher Betriebe, die zu einem
nicht unbedeutenden Teil der eigenen Energieversorgung dienen.
Die Voraussetzungen für den Ausschluss der Zulässigkeit nach
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB liegen nur vor, wenn die Gemeinde eine Untersuchung
des gesamten Gemeindegebietes vorgenommen und ein schlüssiges Plankonzept
für die Ausweisung von Konzentrationszonen erarbeitet hat.
Auf eine Anlage, die einem privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs.
1 Nr. 1 BauGB zugeordnet ist, findet § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB keine
Anwendung.
- Belange des Natur- und Landschaftsschutzes stehen privilegierten Vorhaben
entgegen, wenn diese naturschutzrechtlich unzulässig sind (vgl. Bundesverwaltungsgericht,
Urteil vom 20.10.1978, DÖV 1979, 212). Auf Abschnitt V Nr. 1.1 dieses
Runderlasses wird verwiesen.
- Auch der Schutz des Landschaftsbildes kann der Zulässigkeit privilegierter
Vorhaben entgegenstehen. Ist ein Landschaftsbild bereits nachhaltig beeinträchtigt
(z.B.Hoch-spannungsmasten), fehlt es an einem Schutzgut, das weiteren Eingriffen
in das Landschaftsbild durch eine Windenergieanlage entgegenstehen könnte.
- Das Ortsbild wird verunstaltet, wenn mit der Errichtung einer Windenergieanlage
der städtebauliche Gesamteindruck erheblich gestört würde,
d. h. wenn der Gegensatz zwischen der baulichen Anlage und dem Ortsbild
von dem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als
belastend empfunden wird (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.06.1955,
BVerwGE 2, 172, 177). Das Ortsbild kann durch den Standort, die Art und
die Größe des Vorhabens oder durch die Änderung der
Ortssilhouette verunstaltet werden. Bei bereits vorhandenen, das Ortsbild
beeinträchtigenden Baulichkeiten ist eine nachteilige Wirkung durch
eine Windenergieanlage nicht anzunehmen. Bei der Abwägung kann die
optische Gewöhnungsbedürftigkeit an die technische Neuartigkeit
kein ausschlaggebendes Kriterium sein.
- Der Schutzzweck der natürlichen Eigenart der Landschaft ist darauf
gerichtet, den Freiraum in ihrer funktionellen Bestimmung für die
naturgegebene Bodennutzung sowie als Erholungsfläche für die
Allgemeinheit zu erhalten und sie vor dem Eindringen wesensfremder und
erholungseigenschaftsabträglicher Nutzung zu schützen. Ist ein
Standort wegen seiner natürlichen Beschaffenheit ohnehin weder für
das eine
noch das andere geeignet oder hat er seine Schutzwürdigkeit durch
bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt, so kann von
einer Beeinträchtigung keine Rede sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994
- 4 C 20.93 - insoweit nicht veröffentlicht). Nur wenn die besondere
Schutzwürdigkeit des in Aussicht genommenen Standortes konkret dargelegt
und höher gewichtet wird als die vom Gesetzgeber mit der Privilegierung
verfolgte Zielsetzung (vgl. Abschnitt V Nr. 1.3), steht dieser Belang der
Windenergieanlage entgegen.
2.4 Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme
Hinsichtlich der Abstände zu Gebäuden und zur Nachbargrenze gelten
die Vorschriften der Landesbauordnung (siehe Nr. 3.1). Darüber hinaus
können sich aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme im
Einzelfall größere Abstände zu baulichen Anlagen oder sonstigen
Nutzungen ergeben, wobei störende Licht-/Schattenreflexe auch durch
zeitlich begrenzte Abschaltung der Windenergieanlage und störende
Spiegelungen
("Disco-Effekt") durch Beschichtung der Rotorblätter vermieden
werden können. Wegen eventuell auftretender Lärmimmissionen wird
auf Abschnitt V Nr. 2 verwiesen.
Die Notwendigkeit für Abstände von Windenergieanlagen untereinander
kann nur im Einzelfall aufgrund des Gebotes der gegenseitigen Rücksichtnahme
festgelegt werden. Wer sein Grundstück in zulässiger Weise baulich
durch Errichtung einer Windenergieanlage nutzen will, muss berechtigte
Interessen nicht schon deshalb zurückstellen, um gleichwertige fremde
Interessen zu schonen. Die Windhöffigkeit gehört zum Risikobereich
des Betreibers. Das BVerwG (Beschluss vom 06.12.1996 in NVwZ-RR 1997, 516)
hat ausgeführt, ein Nachbar, der sich seine Bauwünsche erfüllt
hat, habe es nicht in der Hand, durch die Art und Weise seiner Bauausführung
Einfluss auf die Bebaubarkeit anderer Grundstücke zu nehmen. Die Baugenehmigung
schaffe keine Grundlage dafür, weitere Vorhaben mit dem Argument
abzuwehren, für das eigene Baukonzept sei von ausschlaggebender Bedeutung
gewesen, dass der Eigentümer des angrenzenden Grundstücks die
Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks nicht voll ausschöpfe.
Um den wirtschaftlichen Betrieb einer Anlage auf Dauer zu gewährleisten,
wird daher eine zivilrechtliche Vereinbarung mit den Eigentümern der
in Hauptwindrichtung gelegenen Grundstücke empfohlen.
Im Hinblick auf die effektive Nutzung der Gesamtfläche einer im
Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszone sind - soweit
nach dem jeweiligen Sachstand möglich - dort auch noch nicht beantragte
oder geplante Windenergieanlagen bei der Entscheidung zu berücksichtigen.
Bei jedem Einzelfall sind Gesichtspunkte des Landesinteresses (vgl. Abschnitt
II dieses Erlasses), der Außenbereichsschonung (Konzentration auf
engem Raum) sowie der Investitionssicherheit (Funktionsfähigkeit jeder
Anlage auf Dauer) in die Abwägung einzubeziehen. Zur optimalen Ausnutzung
des hereinkommenden Windes wird empfohlen, die Abstände der Windenergieanlagen
untereinander als ein Vielfaches des Rotordurchmessers der jeweils geplanten
Windenergieanlage zu bestimmen; Bezugspunkt ist jeweils die Mitte des Windenergieanlagenturmes:
Die Windenergieanlagen sollen in einem Winkelbereich von +/- 30° zur
Achse der Hauptwindrichtung vor den benachbarten Windenergieanlagen das
8fache ihres Rotordurchmessers als Abstand haben; in allen übrigen
Windrichtungen das 4fache des Rotordurchmessers. Im Bereich des Übergangs
von Haupt- und Nebenwindrichtung soll der Abstand mindestens das 4fache
des Rotordurchmessers zur Achse der Hauptwindrichtung betragen. Die Hauptwindrichtung
ist aus meteorologischen Daten oder speziellen Standortgutachten zu bestimmen.
Die empfohlenen Abstände können unterschritten werden, wenn die
Beteiligten sich entsprechend vertraglich einigen.
Neben der Bauordnung NW und den in Abschnitt V genannten Spezialgesetzen
gibt es keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben, nach denen Windenergieanlagen
bestimmte Abstände einzuhalten haben. Um gegenseitig negative Einflüsse
zu vermeiden, wird jedoch empfohlen, Abstände zwischen Windenergieanlagen
einerseits und Wohnsiedlungen, Freileitungen, anderen technischen Anlagen
oder naturschutzrechtlich
bedeutsamen Gebieten andererseits einzuhalten:
2.4.1 Abstände zu Siedlungsgebieten sind jeweils im Einzelfall
zu berechnen. Es ist sicherzustellen, dass in den angrenzenden Baugebieten
die jeweils maßgeblichen Werte der TA-Lärm eingehalten werden
( auf Abschnitt V Nr. 2 dieses Erlasses wird verwiesen).
Z. B. können vier Windenergieanlagen mit jeweils 1,5 Megawatt Leistung,
die mit jeweils vierfachem Rotordurchmesser Entfernung nebeneinander in
Hauptwindrichtung stehen, an dem in 500m Entfernung in Windrichtung gelegenen
Immissionsort (Wohngebäude oder Siedlungsrand) einen Schalldruckpegel
von 44 dB(A) erzeugen - ein Lärmwert, der nachts für den Außenbereich
oder ein Mischgebiet noch zulässig wäre (Immissionsrichtwert
nach der TA-Lärm für gemischt genutzte Gebiete 45 dB(A)). Drei
vergleichbar zueinander angeordnete Windenergieanlagen mit jeweils 600
kW Leistung können am 90° zur Hauptwindrichtung gelegenen und
500 m zur nächsten Anlage entfernten Immissionsort einen Schalldruckpegel
von 39 dB(A) hervorrufen, der nachts im allgemeinen Wohngebiet (40 dB(A))
noch zulässig wäre, nicht jedoch in einem reinen Wohngebiet (35
dB(A)).
2.4.2 Abstand zwischen dem äußersten ruhenden Leiter
einer Freileitung und dem nächstgelegenen Punkt der Rotorfläche
(Rotorblattspitze) einer Windenergieanlage:
- Freileitungen mit Nennspannungen ab 30 kV (110 kV-Gestänge) ohne
Schwingungsschutzmaßnahmen Þ dreifacher Rotordurchmesser mit
Schwingungsschutzmaßnahmen Þ einfacher Rotordurchmesser.
Aufwendungen für Schwingungsschutzmaßnahmen (Dämpfungseinrichtungen)
sind nach dem Verursacherprinzip zu tragen.
- Für Freileitungen mit Nennspannungen unter 30 kV (Mittelspannungsgestänge)
können geringere Abstände vereinbart werden, wenn sichergestellt
ist, dass die Freileitung außerhalb der Nachlaufströmung der
Windenergieanlage liegt.
- Für Freileitungen mit Nennspannungen von 30 kV ist der Abstand
abhängig von der Bauart der Freileitung, einem typischen 110 kV- oder
Mittelspannungsgestänge.
Für Freileitungen aller Spannungsebenen gilt, dass bei ungünstiger
Stellung des Rotors die Blattspitze nicht in den Schutzstreifen der Freileitung
ragen darf.
2.4.3 Abstände zwischen anderen technischen Anlagen und
dem nächstgelegenen Punkt der Rotorflächen (Rotorblattspitze)
der Windenergieanlage (WEA):
- Sendeanlagen Þ Höhe der höheren Anlage bei WEA einschließlich
Rotorradius)
- Richtfunkstrecken Þ beidseitig 35 m
2.4.4 Abstände zwischen naturschutzrechtlich bedeutsamen
Gebieten und dem nächstgelegenen Punkt der Rotorflächen (Rotorblattspitze)
der
Windenergieanlage:
- Wald Þ 35 m
- Naturschutzgebiete,Feuchtgebiete gemäß RAMSAR-Konvention,
Vogelschutzgebiete, die gemäß EG-Vogelschutzrichtlinie an die
EU gemeldet sind oder gemeldet werden müssen,
Gebiete nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, Biotope gemäß
§ 62 LG/§ 20 c BNatSchG, Þ 200 m
- sofern sie insbesondere dem Schutz bedrohter Vogelarten dienen Þ
500 m.
In begründeten Einzelfällen können auch größere
oder geringere Entfernungen zu den genannten Gebieten in Betracht kommen.
Z. B können sich größere Entfernungen bei besonders
empfindlicher, tatsächlich vorhandener Nutzung am Rande von Siedlungsgebieten
ergeben, geringere Entfernungen bei natürlichen Abschirmungen und
nur geringer Bebauung.
2.5 Erschließung
Windenergieanlagen sind wie andere bauliche Anlagen nur zulässig,
wenn die Erschließung gesichert ist. Das Grundstück muss eine
ausreichende Zufahrtsmöglichkeit aufweisen, die sowohl Errichtung
als auch Wartung der Windenergieanlagen zulässt. Im Außenbereich
hat die Gemeinde bei privilegierten Vorhaben ein zumutbares Angebot von
Bauwilligen anzunehmen, selbst ein Grundstück zu erschließen.
Der Anschluss einer Windenergieanlage an ein Verbundnetz zum Zwecke der
Stromeinspeisung gehört nicht zum bauplanungsrechtlichen Inhalt der
Erschließung (BVerwG, Beschluss vom 05.01.1996, NVwZ 1996, 597).
3. Bauordnungsrechtliche Anforderungen
3.1 Abstände und Abstandflächen
Windenergieanlagen sind bauliche Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden
ausgehen. Insoweit gelten gemäß § 6 Abs. 10 BauO NW die
Regelungen der Absätze 1 bis 9 des
§ 6 BauO NW sinngemäß.
3.1.1 Bei der Ermittlung der Tiefe der Abstandfläche einer
Windenergieanlage gilt nach der Rechtsprechung des OVG NW (Urteil vom 29.08.1997
– 7 A 629/95 – BauR 1998, 110) als "Wandhöhe" i. S. d. § 6 Abs.
4 Satz 2 BauO NW das Maß von der Geländeoberfläche bis
zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche. Das sich
ergebende Maß ist "H". Die Abstandfläche ist eine Kreisfläche
um die vertikale Achse des Mastes. Der Radius dieses Kreises und somit
die Tiefe der Abstandfläche ergibt sich aus dem Maß H, multipliziert
mit dem sich für das jeweilige Gebiet aus § 6 Abs. 5 BauO NW
ergebenden Abminderungsfaktor (0,8/ 0,5/ 0,25). Dabei ist nicht vom Mast,
sondern von dem der Nachbargrenze nächstgelegenen Punkt der Rotorfläche
(OVG NW, Urteil vom 29.08.1997 a.a.O) auszugehen, d.h. grundsätzlich
von der Rotorblattspitze, da das Schmalseitenprivileg des § 6 Abs.
6 BauO NW wegen der variablen Ausrichtung und der Kreisförmigkeit
der Abstandfläche auf Windenergieanlagen keine Anwendung findet (OVG
NW, Beschluss vom 06.07.1992, NVwZ 1993, 1007).
In Sondergebieten kann eine geringere Tiefe als 0,8 H gestattet werden,
wenn die Nutzung des Sondergebietes dies rechtfertigt (§ 6 Abs. 5
Satz 2 BauO NW).
Die sich aus § 6 Abs. 5 Satz 4 BauO NW ergebenden Mindestgrenzabstände
von 3 m gelten auch für Windenergieanlagen.
3.1.2 Von der Tiefe der Abstandfläche im Sinne des §
6 Abs. 5 Satz 1 BauO NW können Abweichungen zugelassen werden, wenn
- den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse Rechnung
getragen wird und
- der Angrenzer gemäß § 74 Abs. 3 BauO NW die Lagepläne
und Bauzeichnungen unterschrieben oder der Zulassung der Abweichung zugestimmt
hat.
3.1.3 Sofern sich aus Gründen des Gebotes der gegenseitigen
Rücksichtnahme (Nr. 2.4) oder aus Spezialgesetzen (Abschnitt V Nrn.
1.4, 2 bis
7) größere Abstände zu Nachbargrenzen oder zu Gebäuden
ergeben, so gelten diese.
4. Gebührenberechnung für Windenergieanlagen
Die Gebühren sind nach dem Allgemeinen Gebührentarif (AGT) der
Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVwGebO NW) zu erheben.
4.1 Gebühren für die Baugenehmigung nach Tarifstelle (TS) 2.4.
1 d) des AGT
Diese Gebühren sind unter Zugrundelegung der Herstellungssumme (vgl.
TS 2.1.3) zu ermitteln. Dabei ist von den veranschlagten (geschätzten)
Herstellungskosten der gesamten Windenergieanlage auszugehen, weil sie
insoweit insgesamt Gegenstand baurechtlicher Prüfungen ist (z.B. planungsrechtliche
Zulässigkeit, Immissionsschutz, Abstandflächen, Landschafts-
und Naturschutz).
Die Herstellungskosten einer Windenergieanlage werden jedoch maßgeblich
von einer technischen Ausstattung (z.B. Generator, Bremse, Kupplung, Welle,
Nabe usw.) bestimmt, die selbst keiner bauaufsichtlichen Prüfung unterliegt.
Nach TS 2.1.3, Absatz 2, 2. Satz ist deshalb der Berechnung der Gebühren
für die Baugenehmigung nur die Hälfte der Herstellungssumme zugrundezulegen.
Hinsichtlich der Höhe der Baugenehmigungsgebühren für
Windenergieanlagen sind je angefangene 1.000 DM der halben
Herstellungssumme 8,00 DM zu berechnen (TS 2.4.1 d), 1. Fallgruppe).
Der erhöhte Satz von 13,00 DM je angefangene 1.000 DM der halben Herstellungssumme
(2. Fallgruppe) ist nicht anzuwenden, weil Windenergieanlagen nicht zu
den baulichen Anlagen besonderer Art und Nutzung nach § 54 BauO NW
zählen. An sie brauchen im Einzelfall zur Verwirklichung der allgemeinen
bauaufsichtlichen Anforderungen nach §
3 Abs. 1 Satz 1 BauO NW keine besonderen (verschärfenden) Anforderungen
gestellt zu werden. Erleichterungen von den allgemeinen bauaufsichtlichen
Anforderungen kommen in der Regel ebenfalls nicht in Betracht (siehe §
54 Abs. 1 BauO NW).
4.2 Gebühren für Bauüberwachungen und Bauzustandsbesichtigungen
von Windenergieanlagen (TS 2.4.10.1 ff.)
Die Gebühren für diese Amtshandlungen sind unter Berücksichtigung
der entsprechend Nr. 4.1 ermittelten Genehmigungsgebühren (Gebühr
nach TS 2.4.1 d)) zu berechnen.
4.3 Gebühren für die Prüfung des Standsicherheitsnachweises
nach TS 2.4.8.1 und 2.4.8.4
Die Ermittlung dieser Gebühren richtet sich nach TS 2.1.5.3, wobei
wiederum die Herstellungssumme der Windenergieanlage zugrundezulegen ist.
Bei der Ermittlung der Herstellungssumme bleiben jedoch die Herstellungskosten
der Windturbine unberücksichtigt, weil die Windturbine keiner bautechnischen
Prüfungen hinsichtlich der Standsicherheit unterliegt (TS 2.1.3, Abs.
2, 1. Satz). Die Herstellungssumme besteht deshalb vorliegend und nur aus
den veranschlagten Kosten des Fundaments und des Turms der Windenergieanlage.
V. Berücksichtigung von Spezialgesetzen und Beteiligung anderer Behörden
Die spezialgesetzlichen Regelungen sind sowohl bei der Bauleitplanung als
auch bei der Genehmigung einzelner Anlagen zu beachten.
1. Naturschutz, Landschaftspflege, Wald
1.1 Windenergieanlagen sind so zu planen und zu errichten, dass
vermeidbare
Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft unterlassen werden.
Wird eine Anlage genehmigt, ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
auch hinsichtlich der Kompensationspflichten (Ausgleich/Ersatz) zu beachten.
Auf § 1 a BauGB, die §§ 8 und 8 a des Bundesnaturschutzgesetzes
(BNatSchG), §§ 4 bis 6 des Gesetzes zur Sicherung des Naturhaushaltes
und zur Entwicklung der Landschaft (LG) sowie auf die Nrn. 3 und 4 des
Einführungserlasses zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 vom 03.03.1998
(SMBl. 2311) wird verwiesen. Der Beitrag der Windenergieanlage
zur ressourcenschonenden Energieerzeugung und zum Erhalt der natürlichen
Lebensgrundlagen ist hierbei zu berücksichtigen.
1.2 Wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit kommen die
nachfolgend aufgeführten Bereiche als Standorte für Windenergieanlagen
in der Regel nicht in Betracht:
- festgesetzte, einstweilig sichergestellte und aufgrund des Biotopkatasters
der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten/des
Landesamtes für Agrarordnung vorgesehene Naturschutzgebiete, Naturdenkmale
und geschützte Landschaftsbestandteile,
- gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 62 LG/§
20 c BNatschG,
- international bedeutsame Feuchtgebiete gemäß RAMSAR-Konvention
sowie Vogelschutzgebiete, die gemäß EG-Vogelschutzrichtlinie
an die
Europäische Union gemeldet sind oder gemeldet werden müssen,
- Gebiete, die gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom
21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der
wildlebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) an die
Europäische Union gemeldet sind oder gemeldet werden müssen,
- nachgewiesene avifaunistisch bedeutsame Rast-, Nahrungs- und Brutplätze,
- Wald.
1.3 In Landschaftsschutzgebieten ist die Ausweisung von Konzentrationszonen
für Windenergieanlagen möglich. Wegen der besonderen Bedeutung
der Landschaftsschutzgebiete für den Naturhaushalt, das Landschaftsbild
und die Erholung dürfen sie dort aber nur nach Einzelfallprüfung
und umfassender Abwägung der Auswirkungen auf den Schutzzweck des
Gebietes mit dem öffentlichen Interesse an der
Nutzung der Windenergie errichtet werden. Entsprechendes gilt für
landschaftsschutzwürdige Flächen des Biotop-Katasters der Landesanstalt
für Ökologie, Bodenordnung und Forsten/des Landesamtes für
Agrarordnung sowie für Naturparke.
Kernvorschrift einer Landschaftsschutzgebietsausweisung ist regelmäßig
ein Bauverbot. Dies gilt auch für Windenergieanlagen. Es ist daher
stets die Erteilung einer Befreiung nach § 69 LG erforderlich, soweit
nicht eine Aufhebung des Landschaftsschutzes vorgenommen wird.
1.3.1 Eine Befreiung kann von der unteren Landschaftsbehörde
auf Antrag erteilt werden, wenn
z. B. überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die
Befreiung erfordern. Als Gründe des Wohls der Allgemeinheit sind das
gesetzlich festgelegte Landesinteresse am Ausbau erneuerbarer Energien,
wie es in dem Ziel D II 2.4 des LEP NRW aufbauend auf
§ 26 Abs. 2 i. V. m. § 37 LEPro zum Ausdruck kommt, und die
baurechtliche Privilegierung in die Abwägung einzustellen und mit
dem Interesse am Erhalt der geschützten Landschaft gemäß
§ 32 LEPro abzuwägen.
Insbesondere in großräumigen Landschaftsschutzgebieten können
in Teilbereichen mit einer weniger hochwertigen Funktion des Naturschutzes
und der Landschaftspflege Befreiungen in Betracht kommen.
Befreiungen vom Landschaftsschutz kommen auch dann in Frage, wenn Teilbereiche
bereits eine Vorbelastung aufweisen. Als Vorbelastung können anthropogen
stark veränderte Standorte, wie z. B. Halden oder Deponien, gewerbliche
Anlagen, Verkehrswege, Trassen von Hochspannungsfreileitungen, Schornsteine,
Sendemasten, Silos oder bereits vorhandene Windenergieanlagen sowie andere
technische
Bauwerke angesehen werden.
1.3.2 Sollen mehrere Windenergieanlagen auf einer Fläche
im Landschaftsschutzgebiet errichtet werden, ist zu prüfen, ob der
Landschaftsschutz für die betreffenden Flächen aufgehoben werden
kann. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn (wie in Nr. 1.3) überwiegende
Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Errichtung der Windenergieanlagen
zulassen und die Schutzgründe des § 21 LG auf der Fläche
nicht mehr erreichbar sind, so dass auch das öffentliche Interesse
an der Aufrechterhaltung des Landschaftsschutzes (§ 19 LG) auf der
betroffenen Fläche entfällt.
Soll die Zulassung von Windenergieanlagen über einen Bebauungsplan
erfolgen, muss die ordnungsbehördliche Schutzgebietsausweisung aufgehoben
werden, wenn die Windenergieerzeugung Vorrang vor dem Landschaftsschutz
im Sinne der Nr. 5.3 dieses Abschnitts hat und der Inhalt des Bebauungsplans
dem Landschaftsschutz widerspricht.
Liegt ein Landschaftsplan vor, so treten dessen Festsetzungen unter
den Voraussetzungen des § 29 Abs. 4 LG außer Kraft.
1.4 Außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile besteht
an Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern mit
einer Fläche von mehr als 5 ha in einem Abstand von 50 m ein Bauverbot,
von dem die höhere Landschaftsbehörde im Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung
erteilen kann (§ 57 LG). Das Bauverbot besteht nicht für Vorhaben,
die den Festsetzungen eines Bebauungsplanes entsprechen, der mit
Zustimmung der unteren Landschaftsbehörde zustande gekommen ist.
2. Immissionsschutz
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Errichtung einer Windenergieanlage
sind die immissionsschutzrechtlichen Vorschriften des Bundes und des Landes
zu beachten. Bei Windenergieanlagen handelt es sich um Anlagen im Sinne
von § 3 Abs. 5 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Sie unterliegen
den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nach § 22 BImSchG. Im
Rahmen der Prüfung, ob erhebliche Belästigungen durch Geräuschimmissionen
zu befürchten sind, ist die technische Anleitung - TA - Lärm
vom 16.07.1968 (Bundesanzeiger Nr. 173/1968) zu berücksichtigen (vgl..
§ 18 Abs. 2 BauO NW, Nr. 18.22 der Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung
- VV BauO NW). Es ist dabei
entsprechend der in der BauNVO zum Ausdruck kommenden Wertung bei Errichtung
einer Windenergieanlage von einer abgestuften Schutzwürdigkeit der
verschiedenen Baugebiete auszugehen.
Nach der Rechtsprechung des OVG NW (Urteil vom 29.08.1997 - 7 A 629/95
- BauR 1998, 110) sind bei der Bewertung des Lärms tieffrequente Geräuschimmissionen
zu berücksichtigen, die entstehen, wenn das Rotorblatt das durch den
Mast der Windenergieanlage gestörte Windfeld durchquert. Auch lassen
nach Auffassung des OVG (Beschluss vom 23.01.1998 - 7 B 2984/97 - BauR
1998, 407) die auf bloßen abstrakten Berechnungen beruhenden Herstellerangaben
zum Referenzschallpegel keine verlässliche Prognose des gesamten Ausmaßes
der Geräuschimmissionen zu. Bauwillige sollten den Baugenehmigungsbehörden
daher gesicherte
Datenblätter vorlegen, in denen unabhängige Institute das
Geräuschverhalten der Anlage in allen regulären Betriebszuständen
wenigstens bis zum Erreichen der Nennleistung belegen. Den Bauaufsichtsbehörden
wird empfohlen, das örtlich zuständige Staatliche Umweltamt zu
beteiligen, das später die Anlagen immissionsschutzrechtlich zu überwachen
hat.
Wirken Lärmimmissionen mehrerer Windenergieanlagen auf die Nachbarschaft
ein, so ist sicherzustellen, dass alle Anlagen insgesamt den dort nach
der TA-Lärm zulässigen Immissionsrichtwert einhalten. Dies ist
gegebenfalls durch ein entsprechendes Prognosegutachten im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens
nachzuweisen.
Schädliche Umwelteinwirkungen lassen sich durch die Einhaltung
erforderlicher Abstände, ggf. in Verbindung mit Standortverschiebungen
oder Auflagen (Drehzahlbegrenzung, Nachtabschaltung) vermeiden (vgl. OVG
NW, Beschluss vom 13.07.1998 - 7 B 956/98 - NVwZ 1998, 980), wobei unter
Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die am wenigsten belastende
Einschränkung bevorzugt werden sollte.
3. Denkmalschutz
Nach § 9 i. V. m. § 21 Denkmalschutzgesetz - DSchG - ist die
Errichtung von Windenergieanlagen in der engeren Umgebung von Baudenkmälern
und ortsfesten Bodendenkmälern oder an bzw. auf ihnen erlaubnispflichtig.
Die Erlaubnis der unteren Denkmalbehörde ergeht im Benehmen mit dem
Amt für Denkmalpflege oder Bodendenkmalpflege beim Landschaftsverband
(vgl. Sonderregelung für das Stadtgebiet Köln gemäß
§ 22 Abs. 5 DSchG). Wegen der Konzentrationswirkung gemäß
§ 9 Abs. 2 DSchG hat die Bauaufsichtsbehörde die Entscheidung
der zuständigen unteren Denkmalbehörde einzuholen, die im Benehmen
mit dem zuständigen Denkmalpflegeamt oder Bodendenkmalpflegeamt beim
Landschaftsverband bzw. der Stadt Köln ergeht. Die untere Bauaufsichtsbehörde
ist an die Entscheidung der unteren Denkmalbehörde gebunden.
4. Straßenrecht
Nach § 9 Bundesfernstraßengesetz und § 25 Straßen-
und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen gelten innerhalb bestimmter
Entfernungen zu Bundesautobahnen, Landes- und Kreisstraßen Anbauverbote
und - beschränkungen. Im Bereich der Anbaubeschränkungen bedarf
die Erteilung einer Baugenehmigung der Zustimmung der zuständigen
Straßenbaubehörde, von Anbauverboten können im Einzelfall
Ausnahmen erteilt werden. Hinsichtlich des Verfahrens wird auf den
Gem. RdErl. des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie
und Verkehr und des Ministeriums für Bauen und Wohnen vom 04.02.1997
(SMBl. NW. 911) über die Zusammenarbeit der Straßenbaubehörden
und der Bauaufsichtsbehörden bei Anbauvorhaben an Straßen des
überörtlichen Verkehrs (Anbauerlass) verwiesen.
5. Luftverkehrsrecht
Baubeschränkungen ergeben sich gemäß den §§ 12
bis 18 a Luftverkehrsgesetz - LuftVG -, d.h. nicht nur in der näheren
Umgebung zu Flugplätzen (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände),
insbesondere bedürfen Großanlagen mit einer Bauhöhe von
mehr als 100 m über Grund gemäß § 14 LuftVG der vorherigen
Zustimmung der Luftfahrtbehörden.
6. Wasserstraßenrecht
Nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG -
bedarf die Errichtung, die Veränderung und der Betrieb von Anlagen
am Ufer einer Bundeswasserstraße einer strom- und schiffahrtspolizeilichen
Genehmigung, wenn durch die beabsichtigte Maßnahme eine Beeinträchtigung
des für die Schiffahrt erforderlichen Zustandes der Bundeswasserstraßen
oder der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist. Windenergieanlagen
am Ufer einer Bundeswasserstraße sind daher gemäß §
31 Abs. 2 WaStrG dem Wasser- und Schiffahrtsamt anzuzeigen.
7. Militärische Anlagen
Nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Beschränkung von Grundeigentum
für die militärische Verteidigung - Schutzbereichgesetz - ist
die Anordnung eines Schutzbereiches auf das unerlässliche Maß
zu beschränken. Nach § 3 Schutzbereichgesetz ist für die
Errichtung, Änderung oder Beseitigung von baulichen oder anderen Anlagen
innerhalb der Schutzbereiche die Genehmigung der Schutzbereichbehörden
(Wehrbereichsverwaltung) erforderlich. |