31.07.2014, 11:08 Uhr

EEG-Ausschreibungen: Billiger Photovoltaik-Ramsch statt Qualität?

Münster - Die Bundesregierung plant den Wechsel von festen Vergütungssätzen hin zu EEG-Ausschreibungen. Im Photovoltaik-Bereich soll ab Januar 2015 eine Pilotausschreibung umgesetzt werden. Bis zur Sommerpause 2016 wird ein neues EEG 3.0 auf den Weg gebracht. Doch was bedeutet dieser radikale Systemwechsel für die Qualität großer Solar-Projekte?

IWR Online hat einige Photovoltaik-Unternehmen zu diesem Thema befragt. Die Branche sieht mit den Ausschreibungen die Qualität der PV-Anlagen in Gefahr und fordert insbesondere zusätzliche Ausschreibungskriterien, mit denen die Güte der Anlagen sowie die Akzeptanz in der Bevölkerung sichergestellt werden kann.

Solarworld: Qualität könnte zu Lasten des niedrigsten Preises sinken

Milan Nitzschke, Konzernsprecher der Solarworld AG weist daraufhin, dass die meisten Staaten bisher mit Ausschreibungssystemen Schiffbruch erlitten haben. Die Idee, das gesamte EEG auf Ausschreibungen umzustellen, bezeichnet er als "völlig absurd". Der Solarworld-Sprecher weiter: "Jetzt erleben wir aber erst einmal die Testphase für PV-Großprojekte. Auch hier ist die Gefahr groß, dass Qualität zu Lasten des niedrigsten Preises das Nachsehen hat. Damit wäre aber niemandem gedient. Der Gesetzgeber muss also klare Qualitätsanforderungen stellen und vor allem Sanktionen definieren, wenn diese Anforderungen am Ende nicht eingehalten werden."

Nitzschke spricht sich für die Begrenzung von Zuteilungsmengen aus, um einen echten Qualitäts- und Technologiewettbewerb zu erreichen. Damit wird aus seiner Sicht verhindert, dass ein, zwei besonders billige Bieter den gesamten Wettbewerb weg boxen und die 400 bis 600 MW auf sich vereinen. "Die Begrenzung von Zuteilungsmengen pro Ausschreibungszeitraum und Bieter ist auch die Gewähr für eine möglichst hohe Akteursvielfalt, ein klar im EEG definiertes Ziel. Verstärkt werden kann dies noch durch Teillose für besondere Bietergruppen und Technologien", so Nitzschke.

IBC Solar: Qualitäts-Kriterien für Ausschreibungen – Bürgerbeteiligungen bevorzugen

Dass die Qualität abnimmt, ist für das Photovoltaik-Systemhaus IBC Solar äußerst wahrscheinlich: Oliver Partheymüller, Gebietsleiter Projekte Deutschland bei der IBC Solar AG: "Die Qualität von PV-Projekten ist stark gefährdet, wenn bei Ausschreibungen allein der Preis entscheidet. Deswegen muss die ausgewiesene Erfahrung von Unternehmen mit der Projektrealisierung ebenso ein Kriterium für den Zuschlag werden, wie Anforderungen an die Leistung und Qualität der Planung, der Finanzierung, der erforderlichen Genehmigungen und natürlich der verwendeten Bauteile."

Nur Projektierer, die sehr hohe Qualitätsstandards erfüllen, sollten aus Sicht von IBC Solar einen Zuschlag erhalten. Um diese Qualitätsstandards zu gewährleisten, müsse das Unternehmen, das den Zuschlag erhält, dann auch verbindlich das Projekt realisieren. Eine mögliche Weitergabe des Baurechts an Dritte könne die Qualität möglicherweise verwässern, so Partheymüller.

Hinsichtlich der Akzeptanz der Solarenergie empfiehlt der IBC-Solar-Manager: "Um die Akzeptanz von PV-Projekten vor Ort zu unterstützen, sollten außerdem Projekte mit Bürgerbeteiligung oder von Energiegenossenschaften bevorzugt den Zuschlag erhalten. Auch eine Kooperation mit den Gemeinden bei der Bauausführung sollte bei der Auswahl positiv berücksichtigt werden. Ein Gesamtkonzept, bestehend aus Qualität und lokalem Engagement sollte ausschlaggebend für die Vergabe sein."

juwi: Vieles spricht für Qualitätsverlust – Kosteneffizienz fraglich

Auch der Projektierer juwi aus Rheinland-Pfalz sieht die Qualität der Anlagen in einem Auschreibungssystemn gefährdet. Zwar könne juwi keine Aussagen machen, die auf eigenen Erfahrungen beruhen, doch es spreche vieles dafür, dass dies so sein wird, wenn Aufträge vorrangig an den günstigsten Anbieter vergeben werden müssen. Dies erklärte Pressesprecher Michael Löhr gegenüber IWR Online. Mit Blick auf die weiteren regenerativen Energiesparten fordert Löhr: "Internationale Erfahrungen im PV-Sektor zeigen zudem, dass Ausschreibungen in meisten Fällen noch nicht einmal zu mehr Kosteneffizienz führen. Vor Einführung von Ausschreibungen in anderen EE-Technologiesegmenten sollte deren Kosteneffizienz und Vorzugswürdigkeit gegenüber dem EEG in mehrfachen Ausschreibungsrunden nachgewiesen werden."

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Energiewende: EEG-Ausschreibung verhindert Bürgerbeteiligung


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