31.05.2016, 10:55 Uhr

Energieversorger wegen kommunaler Finanzprobleme unter Druck

Frankfurt am Main – Das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) hat sich die Energieversorger und Stadtwerke in Deutschland genauer angeschaut. Das Fazit der Untersuchung klingt gar nicht gut.

Laut PwC nimmt der Bedarf, Finanzierungen zu strukturieren, wegen geringerer Margen im Strom- und Gasgeschäft, weniger Liquidität und höherer Verschuldung deutlich zu. Energieversorger, die auch Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge übernehmen, stehen dabei erheblich schlechter da als andere Versorger.

Margen bei reinen Energieversorgern deutlich höher

Das zeige die aktuelle PwC-Studie „Finanzierungsfähigkeit kommunaler Energieversorger“, für die 300 Jahresabschlüsse für das Jahr 2014 analysiert wurden. Die Rentabilität (EBITDA-Marge) derjenigen Versorger, die Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge übernehmen, lag in 2014 nur bei 11,8 Prozent. Zum Vergleich: Die übrigen Energieversorger kamen durchschnittlich auf 15,3 Prozent. Das gleiche Bild zeigte sich beim Verschuldungsgrad: Auch hier schnitten kommunale Energieversorgungsunternehmen (EVU), die beispielsweise die Verluste des öffentlichen Nahverkehrs auffangen, mit einem Wert von 2,8 deutlich schlechter ab die reinen Versorger (1,8). So wird die vielerorts übliche Subventionierung anderer kommunaler Teilbetriebe für viele kommunale EVUs zu einer ernsthaften Belastung.

ÖPNV oder Bäderbetrieb über Energiesparte subventionieren

Bernd Papenstein, Finanzierungsexperte bei PwC im Bereich öffentlicher Sektor, betont: „Es hat in vielen Städten Tradition, Aufgaben der Daseinsvorsorge aus den Gewinnen des kommunalen Energieversorgers zu finanzieren. Solange die meisten EVUs hohe Gewinne erwirtschafteten, war das kein großes Problem – da nahmen die Versorger es fast selbstverständlich hin, den ÖPNV oder den Bäderbetrieb zu subventionieren. In den vergangenen Jahren sind die Margen vieler EVU aber zusehends geschrumpft. Darum müssen die Kommunen sich allmählich fragen, was sie ihren Versorgern noch zumuten dürfen, ohne deren finanzielle Basis weiter auszuhöhlen.“

Laut Papenstein leiden viele Kommunen unter finanziellen Problemen. Die Ausschüttungen zu erhöhen, mag darum naheliegend sein. Es sei aber auch kurzsichtig. Denn ohne ausreichende Finanzmittel wird es für viele kommunale Versorger auf lange Sicht schwierig zu überleben.“

Finanzierungssituation bei jedem fünften Versorger kritisch

Bei rund 22 Prozent aller EVU ist die Finanzierungssituation schon jetzt kritisch. Als Maßstab dient das Verhältnis der Nettofinanzverschuldung zum EBITDA. Es weist bei diesen Versorgern mindestens einen Wert von 4,0 auf. Nicht nur die in der Daseinsvorsorge engagierten EVUs liegen übrigens überdurchschnittlich oft über dieser Schwelle. Sondern auch jene kommunalen Versorger, die eigene konventionelle Kraftwerke betreiben oder an solchen beteiligt sind.

Finanzkraft vieler EVUs stabilisiert sich 2014

Auf der anderen Seite zeigt die PwC-Studie allerdings auch, dass sich die Finanzkraft vieler Energie- und Versorgungsunternehmen in 2014 stabilisiert hat. So sank beispielsweise die Verbindlichkeitenquote – also das Verhältnis der Bruttofinanzverschuldung zum eingesetzten Gesamtfinanzierungskapital – auf durchschnittlich 42,1 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr (43,1 Prozent) bedeutete das eine geringfügige Verbesserung.

„Ein Grund für die erkennbare Stabilisierung ist aus unserer Sicht auch die zunehmende Veränderungsbereitschaft. Zahlreiche Diskussionen in den vergangenen Monaten zeigen uns, dass die Entscheidungsträger die immensen finanzwirtschaftlichen Herausforderungen offensiv annehmen. Die Branche ist längst weiter als häufig angenommen“, sagt Norbert Schwieters, Leiter Energiewirtschaft bei PwC.

Finanzierungsstrategie in den „Gesamtkonzern Stadt“

Papenstein empfiehlt den Versorgern, bei der Finanzierung die verschiedenen Optionen möglichst passgenau aufeinander abzustimmen. Zudem werde es immer wichtiger, den kommunalen Energieversorger nicht isoliert zu betrachten, sondern seine Finanzierungsstrategie in den „Gesamtkonzern Stadt“ einzubetten.

Quelle: IWR Online

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