18.11.2016, 08:12 Uhr

Schweizer Atomausstieg und aktuelle Umfragen

Münster – Ende November haben die Schweizer die Möglichkeit, den Atomausstieg zu beschließen und den Betrieb des weltweit ältesten AKW vorzeitig zu beenden. Die Initiatoren für den schnellen Schweizer Atomausstieg rechnen mit einem knappen Ausgang.

Am 27. November 2016 stimmt die Schweiz über die Volksinitiative „Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)“ ab. Danach würde das weltweit älteste Atomkraftwerk, (AKW) Beznau 1, in einem Jahr abgeschaltet. Die vier verbleibenden AKWs würden nach 45 Betriebsjahren den Betrieb einstellen. Die Initiatoren erwarten ein „Hitchcock-Finale“.

Ausstiegs-Initiatoren: „Es wird extrem eng“

Die Volksinitiative wurde von den Schweizer Grünen (GSP) initiiert und wird von den Sozialdemokraten (SP) sowie weiteren Organisationen unterstützt. Angesichts zweier am Mittwoch (16.11.2016) veröffentlichter Umfragen erwarten die Initiatoren ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Zustimmung zur Atomausstiegsinitiative liegt aktuell bei 57 bzw. 48 Prozent, bei 1 bzw. 7 Prozent unentschlossenen Wählern.

„Es wird extrem eng, wir sind nicht siegesgewiss“, teilt Initiativen-Sprecher Andreas Käsermann gegenüber IWR Online mit. Volksinitiativen haben es in der Schweiz traditionell schwer, führt Käsermann aus. Nur ein kleiner Teil der über 200 Volksinitiativen wurde in der Vergangenheit angenommen. Neben der Mehrheit der Stimmen muss auch die Mehrheit der 26 Kantone für die Initiative stimmen, damit der vorzeitige Atomausstieg im Schweizer Grundgesetz festgeschrieben wird.

Schweizer Reaktor Beznau seit 46 Jahren in Betrieb

Die Schweiz verfügt über fünf aktive AKW, darunter Beznau 1 (380 MW), dem mit 46 Betriebsjahren ältesten Reaktor der Welt. Die weiteren vier AKW-Blöcke in der Schweiz sollen hingegen fünfundvierzig Jahre nach der Inbetriebnahme vom Netz genommen werden. Bei Annahme der Initiative müsste das AKW Gösgen im Jahr 2024 abgeschaltet werden und das AKW Leibstadt im Jahr 2029. Das AKW Mühleberg hat mit dem Jahr 2019 zwar bereits jetzt ein konkretes Abschaltdatum, müsste aber dann genau wie Beznau 2 bereits 2017 vorzeitig vom Netz gehen.

Rückbau-Kosten noch nicht gedeckt

Doch auch wenn die Initiative angenommen wird, ist die Geschichte der Atomenergie in der Schweiz noch lange nicht beendet. Der Rückbau wird Jahrzehnte dauern und Milliarden Franken verschlingen. Allein der Rückbau des AKW Mühleberg wird nach den Plänen des Betreibers bis ins Jahr 2034 dauern.

Die Schweiz hält für den AKW-Rückbau sowie Entsorgung des Atommülls Kapital in zwei staatsgeführten Fonds bereit, einen Stilllegungsfonds und einen Entsorgungsfonds, in den die AKW-Betreiber einzahlen. Für die Stilllegung aller AKW sowie das zentrale Zwischenlager in Würenlingen werden 3 Mrd. Franken veranschlagt, für die Entsorgung 16 Milliarden Franken. Von den Entsorgungskosten sind aktuell nur 8,45 Mrd. Franken durch den Entsorgungsfonds gedeckt, 7,52 Mrd. Franken fallen bereits vor einer AKW-Stilllegung an und müssen durch die Eigentümer direkt bezahlt werden. Die Kostenschätzungen stammen noch aus dem Jahr 2011. Derzeit wird eine neue Kostenstudie erstellt, laut Medienberichten wird mit einem Kostenanstieg gerechnet.

Quelle: IWR Online

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