09.07.2008, 13:09 Uhr

BBE fordert Beibehaltung des 10%-Ziels für Biokraftstoffe in der EU

Bonn - Das Problem steigender Nahrungsmittelpreise beschäftigt nun auch den G8-Gipfel in Japan. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Vorratshaltung von Getreide analog zu den Erdölreserven vorschlägt, um so auf kurzfristige Preissprünge reagieren zu können, fordern Umwelt- und Entwicklungsorganisationen vehement den Ausstieg aus der Biokraftstoffförderung.
Bundesverband: weltweite Ernteausfälle, Bevölkerungswachstum und Nachfrage aus den Schwellenländern Grund für Preisanstieg
Die Bioenergiebranche hält dem entgegen, dass eine durch Biokraftstoffe ausgelöste Nachfragesteigerung von weniger als 5 Prozent keinen Preisanstieg von 75 Prozent bei Getreide rechtfertige, wie es zum Beispiel die Weltbank in ihrer neuesten Studie unterstelle. Nach Ansicht von Agrarexperten gebe es andere Gründe, die in der Diskussion um die Biokraftstoffe jedoch gerne verschwiegen würden. Allen voran seien hier enorme weltweite Ernteausfälle, ein globales Bevölkerungswachstum von 80 Mio. Menschen pro Jahr und geänderte Konsumgewohnheiten in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu nennen, die zu einer Verknappung des Angebots und damit zu den beobachteten Preisanstiegen geführt hätten. Auch führe der hohe Mineralölpreis weltweit zu hohen Kosten in der landwirtschaftlichen Produktion, teilte der Bundesverband BioEnergie (BBE) mit.
Nach Angaben des Welternährungsprogramms FAO seien dagegen ausreichend Anbauflächen verfügbar, um auch mit Biokraftstoffen eine weltweite Nahrungsmittelversorgung gewährleisten zu können. Diese Flächen würden jedoch nicht genutzt. Zudem seien vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern längst noch nicht alle Potenziale zur Produktivitätssteigerung auf den genutzten Flächen erschlossen. Daher müsse es oberste Priorität sein, gerade in den betroffenen Regionen funktionierende und effiziente Agrarmärkte aufzubauen, um die lokale Biomasseproduktion wieder anzukurbeln. Hierfür müsse den Bauern vor Ort aber auch entsprechende Einkommen zugestanden werden, um die dafür notwendigen Investitionen in die Infrastruktur auch tätigen zu können. Angemessene Preise für die Agrargüter könnten hierfür ein Vehikel sein, wenn diese auch tatsächlich bei den Landwirten ankämen.
„Die Forderung, den Aufbau effizienter Agrarmärkte in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu forcieren, darf selbstverständlich nicht von der Verantwortung entbinden, den Hunger leidenden Menschen auch kurzfristig zu helfen“, äußert sich Helmut Lamp, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes BioEnergie und selbst Landwirt. Die Diskussion um die Biokraftstoffe bezeichnet Lamp jedoch als Stellvertreterdiskussion, die am Kern des Problems vorbei geht und von den wahren Ursachen der letzten Nahrungsmittelkrisen ablenke. Ein nachhaltiger Ausbau der Bioenergiemärkte weltweit sei mit großen Synergieeffekten verbunden und trage somit auch zu einer Ankurbelung der Nahrungsmittelproduktion in den von Hunger bedrohten Regionen bei. Ziel müsse es sein, einen ausgewogenen Ansatz zu finden der es erlaube, beide Märkte schrittweise und behutsam auszubauen, um so der Landwirtschaft in den betroffenen Regionen ausreichend Zeit zur Anpassung zu lassen.
Klare Leitlinien erforderlich
Falsch sei es jedoch, aus falsch interpretiertem Verantwortungsbewusstsein heraus Abstand von den Ausbauzielen für Biokraftstoffe zu nehmen. Nicht das „Ob“ sei entscheidend, sondern das „Wie“, so Lamp weiter. Es müssten endlich klare Leitlinien geschaffen werden, welche die Nachhaltigkeit der Biokraftstoffproduktion nachweislich garantieren, dann werde sich auch die „Tank oder Teller“-Diskussion erledigen. Daher plädiert der BBE für eine Beibehaltung des noch im März 2007 mehrheitlich beschlossenen, europaweiten Ausbauziels für Biokraftstoffe von 10 Prozent in 2020.
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Quelle: iwr/09.07.2008/