28.04.2014, 11:15 Uhr

Warum der Nabu jetzt gegen den Offshore-Windpark Butendiek klagt

Berlin – Der Naturschutzbund Deutschland e.V. (Nabu) steckt in einem Dilemma: Der Umweltverband will eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende im Stromsektor mit dem Ausstieg aus Kohle und Atomkraft, doch gleichzeitig blockiert er Energiewende-Projekte, wenn dabei der Naturschutz zu kurz kommt. Jetzt klagt der Nabu gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des bereits im Bau befindlichen Offshore-Windparks Butendiek.

Der Nabu befürchtet Schäden bei geschützten Meeresvögeln und Schweinswalen. Der Windpark Butendiek liegt 32 Kilometer westlich von Sylt in dem nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) geschützten Gebiet „Sylter Außenriff“ und des EU-Vogelschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“. Die Klage wurde am 17. April 2014 beim Verwaltungsgericht Köln nach Umweltschadensgesetz gegen Deutschland, vertreten durch das in Bonn ansässige Bundesamt für Naturschutz, erhoben.

Miller: Nicht die Form erneuerbarer Energien, für die der Nabu steht

Die Klage richtet sich ausdrücklich nicht gegen den Windpark-Projektierer wpd, wie Dr. Kim Cornelius Detloff, Nabu-Leiter Meeresschutz, gegenüber IWR Online erklärt. Denn wpd habe eine noch bis zum Ende des Jahres 2014 laufende Genehmigung und mit dem Bau des Offshore-Windparks bereits begonnen. Daher richtet sich die Klage gegen Deutschland, denn der Staat habe per Gesetz die Pflicht, für die Vermeidung eines drohenden Umweltschadens und für die Sanierung bereits eingetretener Umweltschäden zu sorgen.

„Die Klage ist unsere letzte Möglichkeit, eine ökologische Katastrophe in zwei Natura-2000-Gebieten vor unserer Küste zu verhindern, nachdem Jahre des naturschutzfachlichen Dialogs ins Leere liefen. Das ist nicht die Form erneuerbarer Energien, für die der Nabu steht“, erläutert zudem Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Nabu sieht Schweinswale und Sterntaucher in Gefahr

Inhaltlich geht es ganz konkret um Schweinswale und um Stern- und Prachttaucher. Detloff: „Der Windpark Butendiek liegt in der Kinderstube des Schweinswals in der südlichen Nordsee. Hier werden im Frühjahr die Kälber geboren und verbringen ihre ersten Lebensmonate. Für die seltenen Stern- und Prachttaucher ist das Sylter Außenriff ein wichtiges Rast- und Überwinterungsgebiet. Sie sind äußerst störanfällig, meiden Windparks und verlieren so dauerhaft ihren Lebensraum, mitten in einem EU-Vogelschutzgebiet.“

Umweltverband zückt Klagekarte spät

Der Nabu kommt mit seiner Klage ziemlich spät, denn die Genehmigung für den Windpark Butendiek wurde bereits vor mehr als zehn Jahren, am 18. Dezember 2002 durch das Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg genehmigt. Inzwischen ist auch mit dem Bau des Windparks, bei dem insgesamt 80 Offshore-Turbinen mit einer Leistung von 288 Megawatt (MW) errichtet werden sollen, begonnen worden.

Doch seit der Genehmigung im Jahr 2002 hat sich auch naturschutzrechtlich einiges getan. Denn im Jahr 2004 wurde das Gebiet westlich der Nordseeinsel Sylt zu einem Natura 2000-Areal erklärt. Dabei handelt es sich um ein Schutzgebietsnetz der Europäischen Union. Inzwischen sind die Regeln soweit klar, dass in einem Natura 2000-Gebiet keine Genehmigungen für neue Offshore-Windparks mehr erteilt werden dürfen. Der Nabu argumentiert, dass bereits 2002 abzusehen war, dass das Offshore-Feld Butendiek in ein Natura-2000-Gebiet fallen wird. Der Nabu sei erst durch die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes 2010 auch in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), also der 200-Semeilen-Zone, klageberechtigt. Im Februar 2014 hatte der Nabu dann ein Rechtsgutachten von Experten des Instituts für Naturschutz und Naturschutzrecht Tübingen vorgestellt, wonach der Genehmigungsbescheid für den Windpark Butendiek zahlreiche Verstöße gegen geltendes Naturschutzrecht aufweise. Das Projekt hätte in der vorliegenden Form nie genehmigt werden dürfen, argumentiert der Nabu.

BSH: Genehmigung hat Bestand

Doch Rechtssicherheit ist in Deutschland ein hohes Gut. Die zuständigen Behörden hatten Kritik an der Genehmigung nach Angaben des NDR zurückgewiesen. Alle Windparks seien jeweils auf der Grundlage der geltenden Rechtslage genehmigt worden, so das Bundesamts für Seeschifffahrt und Hyrdrographie (BSH). Wenn kein Grund vorliege, die Genehmigung zu versagen, habe der Antragsteller einen Rechtsanspruch darauf. Neue ökologische Vorschriften oder Erkenntnisse der Forschung würden daran nichts ändern.

Auch die Verantwortlichen des Projektierers wpd reagieren gelassen auf die Klage: Da man bislang nicht am Verfahren beteiligt und die Genehmigung für den Offshore-Windpark Butendiek bestandskräftig ist, wird weiter an der Umsetzung des Projektes gearbeitet, erklärte wpd gegenüber IWR Online. Im März 2014 erfolgten im Offshore-Feld die ersten vorbereitenden Maßnahmen. Inzwischen haben auch die Rammarbeiten der Monopiles begonnen.

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