26.08.2014, 16:34 Uhr

AKW-Moratorium: RWE klagt auf Schadensersatz - Wer zahlen muss

Münster - Kurz nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 hatte die Bundesregierung eine sofortige dreimonatige Stilllegung für die sieben ältesten Kernkraftwerke in Deutschland angeordnet. Darunter auch die Stilllegung der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Biblis. Nun hat Biblis-Betreiber RWE eine Klage auf Schadensersatz eingereicht. Die große Frage ist, wer den Schaden eigentlich ersetzen muss.

Das dreimonatige Atomkraft-Moratorium der Regierung wurde vom Verwaltungsgerichtshof Kassel am Ende Februar 2013 als rechtswidrig eingestuft. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Einschätzung im Januar 2014 per Urteil bestätigt. Auf dieser Grundlage hat RWE Power beim Landgericht Essen eine Klage auf Schadensersatz sowohl gegen das Land Hessen als auch gegen den Bund eingereicht.

Bund und Hessen schieben "schwarzen Peter" hin und her

Nach Meinung von Rechtsexperten geht es bei der aktuellen Klage des Essener Konzerns wohl "nur" noch darum, zu klären, wer für die rechtswidrig angeordnete Abschaltung der Atomreaktoren verantwortlich war und wen das Verschulden im Hinblick auf einen etwa entstandenen Schaden trifft: Das Land Hessen oder der Bund. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums erklärte Medienberichten zufolge, dass der Bund im Verhältnis zu RWE keinerlei rechtlich relevante Handlungen vorgenommen habe. Insofern sei fraglich, ob die Klage, soweit sie den Bund betrifft, überhaupt zulässig ist. Allerdings wird dies beim hessischen Umweltministerium etwas anders gesehen. Ein Sprecher dort habe darauf hingewiesen, dass das Land wie alle anderen Länder auch ohne Anhörung aufgrund der Vorgaben des Bundes im Auftrag des Bundes gehandelt habe. Daher müsse der Bund auch für eventuelle Schadensersatzansprüche aufkommen.

Schließlich wird in den Verfahren vor dem Landesgericht Essen noch über die konkrete Schadenshöhe zu entscheiden sein. Hier sind Schätzungen zufolge mehr als 200 Mio. Euro im Gespräch. RWE wollte diesen Betrag auf Nachfrage gegenüber IWR Online nicht bestätigen.

Ziehen E.ON, EnBW und Vattenfall mit Klagen nach?

Ob auch die anderen betroffenen Betreiber E.ON, EnBW und Vattenfall nun auf diesen Zug aufspringen könnten, erscheint nach Einschätzung der Experten von der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sehr fraglich. Denn soweit ersichtlich habe einzig RWE gegen die Abschaltungen 2011 den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Weitere Betreiber hätten sich nicht wie RWE gegen die damaligen Beschlüsse zur Wehr gesetzt. Dies sei aber eine wichtige Voraussetzung, um in diesen Fällen Schadensersatzforderungen geltend zu machen, so Rechtsanwalt Dr. Christoph Richter von der Kanzlei Maslaton in Leipzig.

Letztendlich zahlt der Steuerzahler

In dem Streit zwischen Bund und Land, wer den eventuellen Schaden bezahlen muss und wer am Ende den "Schwarzen Peter" hat, geht eines unter: letztendlich bezahlt den Schaden der normale Steuerzahler, so oder so.

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