18.12.2015, 07:58 Uhr

Windparks auf dem Weg zum Regelenergiemarkt

Bayreuth/Berlin/Dortmund/Stuttgart - Die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland haben einen weiteren Schritt auf dem Weg zur stärkeren Systemintegration der erneuerbaren Energien getan. Dazu wurden Rahmenbedingungen entwickelt, unter denen Windparks Regelleistung für die Stabilisierung des Stromnetzes bereitstellen können. Aus Sicht der Branche ein Meilenstein der Energiewende.

50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW beschreiben in diesen Rahmenbedingungen, welche Anforderungen Windparks erfüllen müssen, um für die Bereitstellung von Minutenreserveleistung präqualifiziert zu werden. Grundlage war ein Pilotprojekt in der 50Hertz Regelzone unter Beteiligung von Enercon. Nun folgt eine Pilotphase, in der die Erbringung von Regelleistung durch Windkraftanlagen getestet und untersucht werden soll. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Weiterentwicklung der Präqualifikationsbedingungen für Windparks ein.

Windenergie-Regelleistung ist deutlicher Beitrag zur Energiewende

Regelleistung, die der Stabilisierung der Stromversorgung dient, wird bislang vor allem von konventionellen Kraftwerken bereitgestellt. Mit wachsendem Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung müssen diese eine stärkere Verantwortung übernehmen. Durch die Einbeziehung von Windenergie zur Erbringung von Regelleistung müsste mittel- bis langfristig immer weniger Regelleistung durch konventionelle Kraftwerke vorgehalten werden. Damit könnte ein deutlicher Beitrag zur Energiewende geleistet werden. Gerade angesichts der hohen installierten Leistung der Windenergie hat die Einbindung der Windparks eine sehr große Bedeutung, so die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Unter den erneuerbaren Energien bieten bislang neben Wasserkraftanlagen vor allem Biogasanlagen Regelleistung an. Auch große Batteriespeicher sind seit kurzem präqualifiziert, Regelleistung zu erbringen.

Präqualifikation: „Führerscheinprüfung“ für den Regelleistungsmarkt

Prognoseabweichungen der erneuerbaren Energien sind eine Ursache dafür, dass es zu Unterschieden zwischen Erzeugung und Verbrauch kommt. Um die normale Frequenz im Stromnetz bei 50 Hertz zu halten, müssen Stromverbrauch und Erzeugung aber immer im Gleichgewicht sein. Unvorhergesehene Abweichungen zwischen Erzeugung und Verbrauch müssen die Übertragungsnetzbetreiber daher durch den Einsatz von Regelleistung ausgleichen, damit es zu keiner Gefährdung der Systemstabilität kommt.

Regelleistung gleicht Schwankungen im Stromnetz innerhalb kurzer Zeit aus, entweder, indem Strom zugeführt (positive Regelleistung) oder aus dem Netz genommen (negative Regelleistung) wird. Die Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland halten ständig jeweils etwa 4.000 Megawatt positiver und negativer Regelleistung vor.

Bereitgestellt wird diese Leistung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen am Regelleistungsmarkt. Anbieter von Regelleistung müssen nachweisen, dass sie mit ihren Anlagen die Anforderungen zur Leistungserbringung erfüllen, sie müssen also faktisch eine Art „Führerscheinprüfung“ für den Regelleistungsmarkt ablegen.

Projektteam in 50Hertz-Regelzone lieferte die Grundlage

Die Grundlage lieferte ein gemeinsames Projekt in der 50Hertz Regelzone. Dabei haben die beteiligten Mitarbeiter von energy & meteo systems, Enercon, Wind-projekt und Statkraft die technischen Anforderungen in ein wirtschaftliches Verfahren übersetzt. Damit werde nun ein „Meilenstein in der Energiewende“ errmöglicht, so die Projektpartner.

Das Team hatte über zwei Jahre lang daran gearbeitet, die theoretischen Annahmen in die Praxis umzusetzen. Unzählige Feldtests, Nachweisführungen und Erbringungskonzepte wurden auf Basis eines Windparkpools, bestehend aus fünf Einzelparks, durchgeführt und erbracht. Der Windparkpool ist regional über die 50Hertz-Regelzone verteilt und verfügt insgesamt über eine installierte Leistung von zirka 170 MW. Am Ende hat sich das Verfahren der “möglichen Einspeisung“ durchgesetzt. Die mögliche Einspeisung gibt für einen gedrosselten Park die nach den aktuellen Windverhältnissen erzielbare Leistung an. Dies gewährleistet die Steuerung der Windanlagen gegen einen sinnvollen Referenzwert.

„Die grundsätzliche Möglichkeit mit Windenergie Systemverantwortung in Form der Regelleistung zu übernehmen, konnte unter anderem schon in einem Pilotprojekt in Belgien gezeigt werden“, so Jens Winkler, ENERCON GmbH. Trotz der technischen Machbarkeit haben in Deutschland jedoch die geltenden Marktregeln die Teilnahme der Windenergie verhindert. „Daher begrüßen wir den Willen der deutschen Übertragungsnetzbetreiber den Regelleistungsmarkt gegenüber neuen Erzeugern zu öffnen und die Teilnahmebedingungen entsprechend anzupassen“, ergänzt Winkler.

Quelle: IWR Online

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