09.09.2020, 11:10 Uhr

Beinahe-Blackout: Bußgeldverfahren gegen Stromhändler eingeleitet


© Bundesnetzagentur (BNetzA)

Berlin – Im Juni 2019 kam es zu ungewöhnlichen, massiven Ungleichgewichten im deutschen Stromnetz und in der Folge zu einem Beinahe-Blackout. Schnell wurde die deutsche Energiewende als Sündenbock verantwortlich gemacht, doch der konkrete Verdacht der Bundesnetzagentur (BNetzA) geht in eine andere Richtung.

Das war knapp: im Juni 2019 mussten die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) die für den Reservefall vorgehaltene Regelenergie vollständig einsetzen und nur in Kooperation mit europäischen Partnern gelang es, das System stabil zu halten. Jetzt wurde ein Bußgeldverfahren gegen drei Stromhändler eingeleitet.

Bundesnetzagentur leitet Bußgeldverfahren zu möglichen Marktmanipulationen ein

Die BNetzA hat die im Juni 2019 aufgetretenen erheblichen Bilanzungleichgewichte im deutschen Stromnetz auf Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Marktmanipulationsverbot analysiert. Untersucht wurde, ob einzelne Stromhändler gezielt Strom am Intradaymarkt zu sehr hohen Preisen verkauft haben, ohne die Absicht zu haben, diesen Strom tatsächlich zu beschaffen oder selber zu erzeugen. Nach umfangreichen Auswertungen von über Einhundertmillionen Handels- und Bilanzkreisdaten der drei Tage im Juni 2019 liegen in 21 Handelssituationen Anhaltspunkte dafür vor, dass durch Verkaufsgebote falsche oder irreführende Signale hinsichtlich des Angebots von Strom gesendet wurden. Gegen die drei betroffenen Marktteilnehmer wurden nun Bußgeldverfahren eingeleitet, teilte die Bundesnetzagentur mit.

Bußgeldverfahren unabhängig von eingeleitetem Aufsichtsverfahren

Im Jahr 2019 hatte die BNetzA bereits ein Aufsichtsverfahren gegen Bilanzkreisverantwortliche hinsichtlich der Bilanzkreistreue eingeleitet. Zu den gesetzlichen Pflichten der Bilanzkreisverantwortlichen gehört es, die zur Einspeisung oder zum Verbrauch bestimmten Strommengen in ihren Bilanzkreisen möglichst vollständig auszugleichen, um auf eine ausgeglichene Bilanz des Stromnetzes hinzuwirken. Die jetzt eingeleiteten Bußgeldverfahren gegen drei Stromhändler durch die BNetzA laufen unabhängig davon nach der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (REMIT) und betreffen das Handelsverhalten der Stromhändler. Im Kern steht die Frage im Fokus, ob die extreme Situation an den drei Tagen im Juni handelsseitig, d.h. zum wirtschaftlichen Vorteil, ausgenutzt wurde.

Quelle: IWR Online

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