03.04.2020, 16:47 Uhr

20 Jahre EEG und Erneuerbare Energien – wie in Deutschland alles begann


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Münster – Seit 20 Jahren ist das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) in Kraft. Es regelt die Vergütung für den in die Stromnetze eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland. Wie alles begann und wer die EEG-Gewinner und Verlierer sind.

Kaum ein Gesetz ist in Deutschland so kontrovers diskutiert worden wie das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Doch ohne das EEG wären die global sichtbare Kostendegression bei der Stromerzeugung aus Wind- und Solaranlagen und der Aufbau einer regenerativen Industrie in Deutschland nicht denkbar gewesen.

Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 führt zum EEG-Vorläufermodell „Stromeinspeisungsgesetz“

Die Einführung des EEG am 01.04.2000 wird vielfach als Startdatum für die Energiewende in Deutschland und die EE-Nutzung bezeichnet. Tatsächlich begann alles bereits viel früher. „Der erfolgreiche Einstieg in die Nutzung der erneuerbaren Energien in Deutschland ist rückblickend eine direkte Folge des Atomunfalls in Tschernobyl im Jahr 1986. Das war das entscheidende Schlüsselereignis“, so IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch. Der Widerstand in der Bevölkerung in Deutschland gegen die Nutzung der Kernenergie war angesichts der unsichtbaren Strahlenbelastung nach der Atomkatastrophe gewaltig. Die Bundesregierung legte zunächst ein Demonstrations-Programm Windenergie und anschließend ein 1.000 Dächerprogramm Photovoltaik auf. Am 01.01.1991 trat das Stromeinspeisungsgesetz in Kraft, das erstmals die Verpflichtung zur Abnahme und zur Vergütung für den eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energien durch die Energieversorger regelte. Vor allem die Windenergie und deren technologische Entwicklung konnte von diesem Gesetz in der Folgezeit profitieren, nicht aber die Solar- und Bioenergie. Das sollte sich erst mit der Einführung des EEG im Jahr 2000 ändern, so Allnoch.

Erneuerbare Energien Gesetz: Wie das EEG tatsächlich funktioniert

Das in der Öffentlichkeit teils heftig diskutierte EEG stand immer wieder in der Kritik. Suggeriert wird, dass die Strompreise ohne das EEG niedriger sein könnten. Tatsächlich wird die EEG-Umlage nicht aus Steuermitteln gezahlt, es handelt sich auch nicht um eine staatliche Beihilfe. Bei den Stromnetzbetreibern wird das EEG-Konto geführt, auf dem die Einnahmen (EEG-Zahlungen, Erlöse aus Verkauf des EEG-Ökostroms) und Ausgaben (Vergütungszahlungen) verbucht werden. Beispiel: Ein Betreiber erhält 6 ct/kWh für den eingespeisten EE-Strom. Der Zwangsverkauf an der Strombörse bringt 4 ct/kWh. Die Differenz von 2 ct/kWh ist die EEG-Umlage. Die EEG-Umlage steigt und fällt mit der Höhe der Vergütungszahlungen, aber auch mit der Höhe der Strompreise an der Börse. Im Grundsatz gilt: je höher der Börsenstrompreis, umso niedriger die EEG-Umlage für die Stromverbraucher und umgekehrt.

EEG und die Folgen - Wer die Gewinner und Verlierer sind

Erst der kräftige Ausbau der erneuerbaren Energien hat in den letzten Jahren zu einem gewaltigen Stromüberangebot und zu einem drastischen Rückgang der Börsen-Strompreise geführt. Vor allem die Industrie profitiert durch das EEG-Modell direkt von den niedrigen Börsen- (Einkaufs)strompreisen, auch wegen der Befreiung von der EEG-Umlage und den Netzentgelten. Zudem ist der Aufbau einer regenerativen Industrie (Industriepolitik) am Standort Deutschland eine direkte Folge des Gesetzes. Eindeutige Verlierer waren in der Vergangenheit die zentralen Kraftwerksbetreiber, deren Milliarden-Gewinne und Renditen im Vergleich zu den 2000er Jahren eingebrochen sind. Die aus heutiger Sicht "entgangenen Gewinne" sind nicht in mehr oder weniger riskante Auslandsinvestitionen, sondern durch das EEG in die regionale, heimische Nutzungswertschöpfung geflossen.

Allnoch: „Es gehört zu den zentralen Mythen, dass die Strompreise für die Verbraucher ohne das EEG heute viel niedriger wären, denn entscheidend ist die Betrachtung des Alternativ-Szenarios ohne das Gesetz.“ Es ist nach Allnoch eine Illusion anzunehmen, dass die Energieversorger freiwillig auf ihre hohen Margen verzichtet hätten. Erst das durch den starken EE-Ausbau ausgelöste Stromüberangebot hat zu den niedrigen Erzeuger- bzw. Einkaufspreisen an der Börse geführt. Für die Verbraucher ist die Situation in der entscheidenden Gesamtbetrachtung (Summe aus Einkaufs-Börsenstrompreis plus EEG Umlage) nahezu identisch. Ob die Stromkunden wie 2008 hohe Börsenstrompreise (8ct/kWh) und eine niedrige EEG-Umlage (1,12 ct/kWh) oder wie 2019 mit 3,8 ct/kWh niedrige Börsenstrompreise und eine höhere EEG-Umlage (6,41 ct/kWh) zahlen, ist im Ergebnis (Summe) jeweils nahezu gleich.

Quelle: IWR Online

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