26.09.2014, 08:38 Uhr

AKW Brunsbüttel: Schäden an Atommüll-Fässern übertreffen alle Befürchtungen

Kiel - Bei der Kamerainspektion der Kaverne I des Kernkraftwerks Brunsbüttel in Schleswig-Holstein sind erneut Atommüllfässer mit starken Schäden festgestellt worden. Gesundheitsgefahren für die Mitarbeiter des Kernkraftwerks und für die Bevölkerung bestehen offenbar nur deshalb nicht, weil die insgesamt sechs Kavernen durch meterdicke Betonriegel von der Umgebung abgeschirmt sind.

Eine noch andauernde Kamerainspektion der Atommüll-Kavernen am Standort Brunsbüttel zeigt gravierende Schäden auf. Neu bei der jetzigen Untersuchung von Kaverne I (120 Fässer) ist, dass ein Atommüllfass deformiert ist, bei anderen sind Fasswände zerstört und Fasskonturen sowie die Übergänge zwischen einzelnen Fässern teilweise nicht mehr erkennbar. Mit den herkömmlichen Vorrichtungen können diese deformierten Fässer nicht geborgen werden. Das teilte die Atomaufsichtsbehörde in Kiel mit.

Schäden in Kaverne I: Ausmaß übertrifft die Befürchtungen

"Wir hatten bei Öffnung der Kaverne I bereits mit größeren Schäden gerechnet. Das Ausmaß übertrifft aber unsere Befürchtungen", sagte Minister Robert Habeck (Grüne) in Kiel. "Der Betreiber Vattenfall muss das Bergungskonzept nun erneut erweitern, damit auch die deformierten Fässer sowie die Fassinhalte am Boden aus der Kaverne entfernt werden können."

Der Betreiber des Kernkraftwerks hatte Anfang dieser Woche mit der Inspektion mittels einer Spezialkamera begonnen. Bis zum 24. September wurden 36 der 120 Fässer inspiziert. 17 davon gelten als stark beschädigt. Es handelt sich ausschließlich um Fässer mit Verdampferkonzentrat.

Wie bereits in der Kaverne II kam es auch hier zum Austritt von schwach- bis mittelradioaktivem Verdampferkonzentrat, das an Fassstapeln klebt und sich außerdem am Kavernenboden gesammelt hat. Auch hier sind Fässer nicht konzentrisch übereinander abgestellt. Mit den nun inspizierten Fässern erhöht sich die Gesamtzahl der schwer beschädigten Fässer in den Kavernen auf 55 bei insgesamt bislang 251 untersuchten Fässern in den 4 inspizierten Kavernen. Mit weiteren zerstörten Fässern ist zu rechnen.

Problemverdrängung: Neues Bergungskonzept muss entwickelt werden

In der Kaverne I befinden sich 120 Fässer mit schwach- bis mittelradioaktivem Filter- bzw. Verdampferkonzentrat. Der Abfall war zwischen 1983 und 1985 in dieser – seither nicht mehr geöffneten – Kaverne eingelagert und nach Auffassung der Atomaufsicht zuvor nicht ausreichend getrocknet worden.

Die Atomaufsicht hat den Betreiber aufgefordert, sein Bergungskonzept aufgrund der neuerlichen Befunde abermals so schnell wie möglich zu ergänzen. Es müssten nicht mehr nur instabile, sondern auch deformierte Fässer und Fassinhalte geborgen werden. "Diese sind mit den herkömmlichen Vorrichtungen nicht handhabbar."

Weitere Schäden in Kaverne III und VI erwartet

Die Inspektion der Kaverne I dauert voraussichtlich noch bis Anfang Oktober 2014. Im Laufe des Jahres sollen dann noch die ausstehenden Kavernen III und VI untersucht werden.

Hintergrund zu den Atommüll-Kavernen am Atomkraftwerk Brunsbüttel

In sechs unterirdischen Lagerstätten ("Kavernen") des Kernkraftwerks Brunsbüttel befinden sich schwach- und mittelradioaktive Abfälle (631 Fässer) aus dem Leistungsbetrieb des Kernreaktors. Es handelt sich im Wesentlichen um Filterharze und Verdampferkonzentrate.

Durch 110 Zentimeter dicke Betonriegel wird die Strahlung so weit reduziert, dass oberhalb der Kaverne unter Strahlenschutzmaßnahmen gefahrlos gearbeitet werden kann. Die Abfälle sind auf die Endlagerung im niedersächsischen "Schacht Konrad" vorzubereiten, u.a. durch Verpackung aller Abfälle in bauartgeprüfte, speziell zugelassene Behälter. Das Endlager Konrad wird voraussichtlich Anfang des kommenden Jahrzehnts zur Verfügung stehen.

Quelle: IWR Online

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