Audi und EnBW nehmen Energiespeicher mit Second-Life Batterien in Betrieb
© EnBW / Audi
Heilbronn/Karlsruhe - Der Einsatz in Elektroautos stellt hohe Anforderungen an die Batterietechnik. Zum Zeitpunkt der Ausmusterung verfügen die Batterien aber noch über ein großes Potenzial für andere Anwendungen. Das testen Audi und EnBW jetzt in einem nachhaltigen Energiespeicherprojekt.
Hochvolt-Batterien von ausrangierten Elektroautos können auch nach jahrelangem Einsatz auf der Straße noch sinnvoll eingesetzt werden. Die Audi AG und die EnBW Energie Baden-Württemberg AG nutzen das jetzt in einem gemeinsamen Projekt mit einem stationären Batteriespeicher für sogenannte Second Life Batterien, die aus zerlegten Erprobungsfahrzeugen von Audi stammen.
Intelligente Batteriespeichersysteme zur Unterstützung der Energiewende
Gemeinsam mit dem Verkehrsminister von Baden-Württemberg Winfried Hermann haben die beiden Kooperationspartner Audi und EnBW im Rahmen eines Pilotprojektes am Freitag in der letzten Woche (02.12.2022) auf dem EnBW-Kraftwerksgelände in Heilbronn offiziell einen nachhaltigen Energiespeicher in Betrieb genommen. Der Speicher besteht aus ausgemusterten Batterien aus Elektroautos. Die Anlage soll Strom aus Erneuerbaren Energien speichern, Schwankungen im Stromnetz ausgleichen und damit zur Versorgungssicherheit beitragen. Der Speicher ist das Ergebnis einer partnerschaftlichen Entwicklung der beiden Unternehmen, bei der Audi und EnBW ihr jeweiliges Know-how verknüpft haben.
„Wenn ein Elektroauto das Ende seiner Nutzung erreicht hat, sind seine Batteriezellen keineswegs unbrauchbar, sondern weisen teilweise noch einen hohen Anteil ihrer ursprünglichen Leistungsfähigkeit auf. Sie lassen sich in einem zweiten Leben weiterhin gut für den Zweck nutzen, für den sie gebaut wurden - zur Speicherung von Strom“, begrüßt Hagen Seifert, Leiter des Bereichs „Nachhaltigkeit, Recycling, CO2 Flotten-/Verdunstungsemissionen“ bei Audi das Vorhaben. Das Projekt mit EnBW sei für Audi ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich vorhandene Ressourcen im nachhaltigen Sinne bestmöglich nutzen ließen, so Seifert weiter.
Für Georg Stamatelopoulos, EnBW Vorstand für Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur, ist der Second Life-Batteriespeicher ein weiterer Mosaikstein in der Gestaltung der Energiewende. „Für eine zuverlässige und zukunftsorientierte Stromversorgung muss unser Energiesystem, das zunehmend von Erneuerbaren Energien und Elektromobilität geprägt ist, flexibler werden. Unsere Aufgabe ist es, für die Deckung des steigenden Energiebedarfs mit immer höheren Lastspitzen Lösungen zu finden“, so Stamatelopoulos.
Speicher aus zwölf Batterien mit Plug & Play-Ansatz
Der neue Batteriespeicher in Heilbronn besteht aus zwölf Hochvolt-Batteriesystemen, die aus ehemaligen Entwicklungsfahrzeugen von Audi stammen. Zusammengeschaltet bringen sie es auf eine Gesamtleistung von einem Megawatt (MW) - damit könnte der sofort einsatzbereite Speicher etwa eine Stunde lang den Stromverbrauch von rund 3.000 Haushalten decken. Das Besondere an dem Ansatz ist nach Unternehmensangaben ein „Plug & Play“-Ansatz, mit dem die Fahrzeugbatterien einfach und somit sehr kostengünstig zu einem Speichersystem zusammengeschaltet werden können. Die Anlage dient als Referenz für zunächst vier Projekte, die bei der EnBW für die nähere Zukunft derzeit geplant sind.
Im Vergleich zu ihrem ersten Leben werden die HV-Batterien im Second Life-Einsatz mit deutlich niedrigeren und gleichmäßigeren Strömen genutzt. Die Beanspruchungen sind damit deutlich geringer als im mobilen Einsatz, bei dem zum Beschleunigen viel Energie sehr schnell fließen muss. Die Projektverantwortlichen gehen deshalb für das zweite Leben der Zellen von einer Einsatzzeit von mindestens fünf bis zehn Jahren aus. Danach führt Audi die Batterien einem endgültigen Recycling zu.
Im Fokus: Netzstabilität und Aktivitäten am Energiemarkt
In den kommenden Wochen sollen zunächst die Leistungsfähigkeit des Speichers geprüft und verschiedene Einsatzszenarien simuliert werden. Dazu zählt unter anderem der Betrieb zur Regelleistungserbringung, also die Energieabgabe bei zu niedriger Netzfrequenz, weil nicht genug Strom eingespeist wird. Und umgekehrt das Speichern von Energie, wenn Wind- oder PV-Anlagen so viel Strom ins Netz einspeisen, dass die Frequenz zu sehr ansteigt. Außerdem wird untersucht, wie die Speicherkapazität am Energiemarkt eingesetzt werden kann - je nach Verfügbarkeit von günstigem Strom aus Erneuerbaren Energien.
Auch für Stadtwerke, Industriebetriebe oder Betreiber von dezentralen Erzeugungsanlagen dürfte es in Zukunft interessant sein, Speicher aus gebrauchten Batteriemodulen zu nutzen, da deren Einsatz gleichzeitig nachhaltig und wirtschaftlich ist.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2022