01.03.2024, 12:46 Uhr

Chinas Polysilizium-Importe fallen auf Niveau von 2011 - Vietnam wird zum Mekka-Standort für die Waferproduktion


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Würzburg - Die chinesischen Solarmodulhersteller dominieren den Weltmarkt. Gleichzeitig nimmt die Menge des nach China importierten Polysiliziums aber immer stärker ab. Die Hauptursache dürfte in Handelsbarrieren liegen, die von den USA für Solartechnik aus China verhängt wurden. Chinesische Solarhersteller könnten allerdings Wege gefunden haben, diese zu umgehen.

Der internationale Markt für Polysilizium und Wafer ist seit einiger Zeit durch dynamische Umstrukturierungsprozesse gekennzeichnet. Im Kern ist dabei zu beobachten, dass die Polysilizium-Einfuhren nach China trotz der hohen Modulproduktion chinesischer Hersteller 2023 auf das niedrigste Niveau seit 2011 gefallen sind. Zudem zeigt sich, dass nicht-chinesische Polysilizium-Produzenten ihre Lieferungen zunehmend nach Vietnam exportieren. Das geht aus dem aktuellen Report Polysilicon Market Outlook 2027 von Bernreuter Research hervor.

Polysilizium-Importe nach Vietnam nehmen zu - Ausbau der Waferproduktionen läuft

Ausgehend von der chinesischen Zollstatistik sind die Importe von Polysilizium für Solarzellen und Halbleiter nach dem Bernreuter-Report im letzten Jahr um 28,5 Prozent von 88.093 Tonnen (t) im Jahr 2022 auf 62.965 t in 2023 gesunken. Diese Menge ist sogar etwas geringer als die 64.614 t, die 2011 erreicht wurden. Die bisher vorliegenden Daten lassen zudem den Schluss zu, dass die chinesischen Importe im laufenden Jahr 2024 weiter zurückgehen. „Wenn das vierte Quartal irgendein Indikator für 2024 ist, dann werden Chinas Polysilizium-Einfuhren dieses Jahr noch einmal um 40 Prozent auf nicht mehr als 38.000 t absinken“, betont Bernreuter Research Chef Johannes Bernreuter in diesem Zusammenhang.

Parallel zu den rückläufigen chinesischen Importen zeigt sich, dass nicht-chinesische Polysilizium-Hersteller wie Hemlock Semiconductor (USA), Wacker (Deutschland/USA) und OCI Malaysia zusammen ihre Polysilizium-Exporte nach Vietnam von 18.672 t im Jahr 2022 um 14.593 t (+78,2 Prozent) auf 33.265 t im Jahr 2023 gesteigert haben. Dieser Zuwachs macht die 13.918 t mehr als wett, die sie 2023 an Geschäftsvolumen in China verloren haben. Hemlock und OCI erreichten dabei einen Netto-Anstieg bei ihren Exporten in beide Länder und gehören damit zu den Profiteuren der Marktverschiebung.

Anders sieht es bei den zwei deutschen Polysiliziumfabriken von Wacker aus, die eine negative Gesamtbilanz aufweisen. Obwohl sie die Exporte nach Vietnam um 7.617 t (+151 Prozent) auf 12.662 t steigern konnten, sind die Lieferungen nach China von 48.070 t um 12.627 t (-26,3 Prozent) auf 35.443 t gesunken.

Eingesetzt werden die zusätzlichen, nach Vietnam gelieferten Polysilizium-Mengen auch in den neuen Waferproduktionen chinesischer Hersteller. So hat JA Solar 2018/2019 damit begonnen, in Vietnam Wafer mit einer Jahreskapazität von 1,5 GW zu produzieren, die in der ersten Jahreshälfte 2023 auf 4 GW erweitert wurde. Jinko Solar ist Anfang 2022 mit einer 7-GW-Waferfabrik gefolgt und Trina Solar hat im August 2023 eine Produktionsstätte mit einer Kapazität von 6,5 GW eröffnet, so Bernreuter.

Waferproduktionen in Vietnam könnten Umgehung von US-Zöllen erleichtern

Laut Bernreuter Research haben zwei Einflussfaktoren die aktuelle Entwicklung angestoßen. Zum einen hat das US-Handelsministerium im August 2023 bestätigt, dass mehrere Hersteller in Kambodscha, Malaysia, Thailand und Vietnam, die Solarzellen oder -module mit Wafern aus China produzieren und damit die Anti-Dumping- und Ausgleichszölle auf chinesische Solarzellen und -module umgehen, damit rechnen müssen, ab dem 6. Juni 2024 Zölle entrichten zu müssen. Zudem ist am 21. Juni 2022 in den USA das Gesetz zur Verhinderung uigurischer Zwangsarbeit in Kraft getreten, das Produkte, die mit Zwangsarbeit in Xinjiang in Nordwestchina hergestellt wurden, von der Einfuhr in die Vereinigten Staaten ausschließt.

Die führenden chinesischen Solarmodul-Anbieter haben daher damit begonnen, separate Lieferketten für den Export von Solarmodulen in die USA zu schaffen, bei denen Polysilizium von nicht-chinesischen Herstellern zum Einsatz kommt. Der chinesische Solarriese JA Solar konnte dabei auf einen alten Polysilizium-Liefervertrag mit Hemlock Semiconductor aufsetzen, Trina Solar ist ein langjähriger Kunde von Wacker, und Jinko Solar hat im September 2021 zwei Lieferverträge mit Hemlock und Wacker geschlossen.

Zudem macht es der Aufbau von Wafer-Produktionsstätten außerhalb Chinas laut Bernreuter Research für die chinesischen Hersteller leichter, bei der US-Zoll- und Grenzschutz-Behörde (CBP) zu dokumentieren, dass kein metallurgisches Silizium oder Polysilizium aus Xinjiang in ihre Lieferketten für Module zum Einsatz kommt, die für die USA bestimmt sind.

Die Zollstatistiken zeigen jedoch, dass Polysilizium-Exporte von China nach Vietnam von 639 t im Jahr 2022 auf 4.970 t im Jahr 2023 hochgeschnellt sind. Das wecke Zweifel an den Behauptungen einer separaten Lieferkette und sollte bei der CBP die Alarmglocken schrillen lassen, kommentiert der Bernreuter Chef die Entwicklung.

Quelle: IWR Online

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