Daimler im Spagat zwischen Abgasskandal und elektromobiler Zukunft
Stuttgart – Der Automobilriese Daimler steht an einem möglichen Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte. Im Rückblick wiegen Vorwürfe in Zusammenhang dem Abgasskandal schwer und gleichzeitig müssen für die Mobilität der Zukunft die Weichen richtig gestellt werden. Der Spagat geht nicht ohne Umstrukturierungen und Investitionen.
Daimler ist es im Unterschied zu VW und Audi bisher weitgehend gelungen, nicht mit etwaigen tiefergehenden Verstrickungen in den Abgasskandal verbunden zu werden. Doch nun ermittelt die Staatsanwaltschaft offenbar wegen möglicher illegaler Abschaltvorrichtungen bei Dieselfahrzeugen des Daimlerkonzerns. Trotzdem reagieren die Damiler-Aktionäre fast gar nicht auf solche Meldungen.
Dobrindt beordert Daimler-Manager ins Ministerium
Am Donnersstag (13.07.2017) haben SZ, NDR und WDR über die Ermittlungen gegen Daimler in Zusammenhang mit dem Abgasskandal berichtet. Es geht um mehr als eine Million Autos mit bestimmten Dieselmotoren, die in den Jahren 2008 bis 2016 unter anderem in zahlreichen Mercedes-Modellen verbaut wurden. Diese sollen mit einer Schummelsoftware ausgestattet worden sein, die einen Abgas-Prüfstand erkennt und die Abgase dann besser filtert als im normalen Straßenverkehr. Inzwischen hat Bundesverkehrsminister Alexander Dorbindt (CSU) einige Daimler-Manager zum Gespräch gebeten. Weitere Untersuchungen durch das Kraftfahrtbundesamt sollen Medienberichten zufolge durchgeführt werden.
Daimler Aktie reagiert auf Vorwürfe kaum – hohes Vertrauen in Daimler
Erstaunt wird in zahlreichen Medien kommentiert, wie gelassen die Daimler-Aktionäre auf die Meldungen zu den Ermittlungen reagiert haben. Trotz der Nachricht hat die Aktie von Daimler im Xetra-Handel am Donnerstag nur um rund ein halbes Prozent an Wert verloren. Die meisten Analysten beließen ihr Votum ebenfalls unverändert. Entweder gehen die Aktienexperten von „milden“ Konsequenzen in Europa für Daimler aus oder sie vertrauen auf die Daimler-Aussagen, nach denen die Technik und die zur Diskussion stehende Software legal seien. Die VW-Aktie war nach den ersten Erkenntnissen zum Abgasskandal im September 2015 heftig abgestürzt.
Daimler-Tochter Mercedes-Benz stellt Weichen für Elektromobilität
Für die Automobilkonzerne wie Daimler ist der Abgasskandal aber nicht das einzige Sorgenkind. Auch der Umbruch innerhalb der Branche hin zur Elektromobilität deutet auf eine immense Herausforderung hin, verbunden mit hohen Investitionen. So will Daimler-Tochter Mercedes das Traditionswerk Untertürkheim mit den etwa 19.000 Mitarbeitern zum Hightech-Standort für Komponenten der Elektromobilität umbauen. Werkleitung und Betriebsrat haben sich unter anderem darauf geeinigt, dass an diesem Standort die Mitarbeiter die Batterien für Elektroautos produzieren. "Im globalen Produktionsnetzwerk von Mercedes-Benz Cars gestalten wir aktiv die Zukunft und zeigen, dass wir beides können, Sprint und Marathon", umschrieb Markus Schäfer, Mitglied des Bereichsvorstands Mercedes-Benz Cars, Produktion und Supply Chain, die Entscheidung. Man rechne in den nächsten Jahren mit steigenden Stückzahlen von Antrieben für konventionelle und Hybrid-Fahrzeuge. Gleichzeitig schaffe Mercedes-Benz mit Blick auf die Elektromobilität wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen in den Werken, so Schäfer.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2017