20.02.2015, 08:01 Uhr

DLR erforscht die "Energiewende von unten"

Stuttgart - Am Beispiel der 22.000-Einwohner-Stadt Metzingen in Baden-Württemberg untersuchen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), welche Einstellungen und Verhaltensweisen die Bevölkerung zur nachhaltigen Umgestaltung ihrer Energieversorgung haben. Es geht um die Frage, wie die "Energiewende von unten" gelingen kann.

Die DLR-Forscher wollen wissen, was eine Stadt braucht, damit es mit der Energiewende vor Ort funktioniert? Die jeweils geeigneten Technologien ökologisch und ökonomisch gewinnbringend einzusetzen sei zwar ein wichtiger Faktor, aber auch die Unterstützung der Bürger sei ein "oft vernachlässigtes Erfolgskriterium".

Unterstützende Rolle der Stadtwerke von Bedeutung

Die Kreisstadt Metzingen steht laut DLR stellvertretend für Mittelzentren ähnlicher Größe und bringe gute Voraussetzungen mit: "In Metzingen gibt es bereits viele engagierte Bürger, die sich für erneuerbare Energien interessieren und in Form mehrerer Arbeitskreises aktiv sind. Gleichzeitig sind Stadtverwaltung und Gemeinderat bereit, neue Formen der Bürgerbeteiligung auszuprobieren", fasst Projektleiter Prof. Uwe Pfenning vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik in Stuttgart die Ausgangslage zusammen. Eine wichtige unterstützende Rolle spielten auch die Stadtwerke als Energieversorger. Der Versorger in Metzingen habe bereits einige Schritte unternommen: Vom eigenen Pumpspeicherkraftwerk über ein Förderprogramm für Photovoltaikanlagen bis hin zu Schnelladestationen für Elektrofahrzeuge und Carsharing-Angebote.

Infos sowie Fragen zum Energie-Verhalten an die Bürger

Ziel des Projekts ist es laut DLR, die Einwohner von Metzingen über das vielschichtige Thema Energiewende im lokalen Bereich umfassend und bedarfsgerecht zu informieren und sie so zum Mitentscheiden und Mitgestalten zu aktivieren. Im ersten Schritt wollen die DLR-Forscher dazu gemeinsam mit der Stadt eine Informationskampagne entwickeln. Diese basiert auf den Ergebnissen einer Umfrage. Bis Ende März 2015 sind alle Metzinger Bürger aufgerufen, Fragen zu ihrem Energieverhalten und ihrer Energienutzung zu beantworten. Außerdem interessieren sich die Wissenschaftler bei Ihrer Umfrage für die Akzeptanz unterschiedlicher Technologien der Energieerzeugung und die Bereitschaft, das eigene Handeln im Hinblick auf den Energieverbrauch zu ändern. Außerdem wollen sie von den Bürgern wissen, welche Beteiligungs- und Entscheidungsverfahren sie für sinnvoll und demokratisch legitimiert halten.

Mix verschiedener Beteiligungsformen sollen Bürger einbinden

Im zweiten Schritt, der Umsetzung der Informationskampagne, gibt es unterschiedliche Maßnahmen, die einzeln oder in Kombination zum Einsatz kommen können. "Informationsveranstaltungen und Diskussionen mit Experten gehören genauso dazu wie Bürgerkonferenzen, Bürgerexperten oder Bürgergutachten", zählt Uwe Pfenning als Beispiele auf. "Mit Hilfe dieser Beteiligungsformen können sich die Bürger über Technologien wie Photovoltaik, Windkraft, Biomasse oder Geothermie, innovative Speicherkonzepte für Wärme und Strom sowie die damit verbundenen Geschäftsmodelle schlau machen. Als "technikmündige" Bürger können sie sich dann ein eigenes Urteil bilden und schlussendlich gemeinsam entscheiden, welchen Weg Metzingen einschlagen soll", so Pfenning weiter.

Energiekunden wollen "hinter die Steckdose schauen"

Bei ihrer Arbeit können die Stuttgarter DLR-Forschern bereits auf die Erfahrungen aus mehreren Vorgängerprojekten zurückgreifen. "Es hat sich gezeigt, dass die Bürger sich mehr für das Thema lokale Energiewende interessieren, als man gemeinhin annimmt. Sie wollen hinter die Steckdose schauen und wissen, wo ihre Energie herkommt und mit welchen Technologien sie hergestellt wird", so Pfenning. Entscheidende Voraussetzung für das Gelingen der geplanten Informationskampagne sei allerdings, dass man die Bürger mit Informationen dort abhole, wo sie sind – sprich keine technischen oder wissenschaftlichen Details vermittle, sondern einen für Laien verständlichen Überblick gebe, der die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die Energieversorgung der Zukunft aufzeige.

Die Studie "Energieautarkes Metzingen" soll klären, inwieweit eine autarke Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien in Metzingen möglich ist und welches Meinungsbild die Bevölkerung zu einer solchen Umstellung der Energieversorgung vertritt. Die Studie ist Teil des Förderprogramms BWPLUS (Baden-Württemberg Programm Lebensgrundlage, Umwelt und ihre Sicherung) des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.

Quelle: IWR Online
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