11.09.2014, 11:43 Uhr

Elektromobilitäts-Studie: Warum das Millionen-Ziel der Bundesregierung verfehlt wird

Frankfurt - Wissenschaftler der Frankfurter University of Applied Sciences haben erste Zwischenergebnisse ihrer Begleitforschung zu Erwartungen, Erfahrungen und Akzeptanz von Elektromobilität bekannt gegeben. Das Erreichen des Ziels der Bundesregierung bis 2020 wird stark angezweifelt. Die Gründe für das Scheitern liegen aber nicht in der vermeintlich zu kurzen Reichweite der Elektroautos.

Deutschland möchte bei der Elektromobilität ganz vorne mit dabei sein und hat sich vorgenommen, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen. Doch Experten sehen das Erreichen dieses Ziels angesichts bislang schwacher Zulassungszahlen kritisch. Die vielzitierten Befürchtungen hinsichtlich der vermeintlich zu kurzen Reichweiten von Elektro-Fahrzeugen entpuppen sich dabei als unbegründet. Allerdings besteht offenbar Handlungsbedarf bei der Bereitstellung geeigneter Abstell- und Lademöglichkeiten für die Elektro-Fahrzeuge.

Zulassungszahlen von Elektroautos auf niedrigem Niveau

Grundlage für die Zwischenergebnisse ist eine Befragung von mehr als 300 Elektrofahrzeugnutzern im Rhein-Main-Gebiet. Zudem wurden mit Unterstützung des Deutschen Städtetages (DST) und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) insgesamt 23 Kommunen zum Thema Elektromobilität untersucht.

„Die Zulassungszahlen von Elektroautos bewegen sich in Deutschland trotz der fortschreitenden technologischen Entwicklung in den vergangenen Jahren auf niedrigem Niveau“, so Prof. Petra K. Schäfer, Leiterin der Fachgruppe Neue Mobilität der Frankfurt University of Applied Sciences.

„Grund dafür sind unter anderem die infrastrukturellen Herausforderungen, denen sich Städte, Gemeinden und Unternehmen stellen müssen sowie die noch zu geringe Akzeptanz durch potenzielle Nutzerinnen und Nutzer, was vor allem auf den hohen Kaufpreis und die mangelnde Wahrnehmung im Alltag zurückzuführen ist. Das politische Ziel, eine Million Elektro-Pkws bis zum Jahr 2020 auf deutschen Straßen zu sehen, ist angesichts unserer Ergebnisse und Analysen kritisch zu betrachten.“

Fehlende Zahlungsbereitschaft der Nutzer und fehlende Lademöglichkeiten

Die Befragung der Nutzer der E-Fahrzeuge ergab folgende Erkenntnisse: 72 Prozent wollen die Fahrzeuge nur für dienstliche Zwecke nutzen und 25 Prozent wollen die Elektroautos täglich oder fast täglich benutzen. Da die täglich zurückgelegte Strecke bei dem Großteil der Befragten unter 100 km liegt, stelle die begrenzte Reichweite der Fahrzeuge keine Probleme dar.

Ein wichtigeres Kriterium sei aber eine Abstell- sowie Lademöglichkeit des Elektroautos. Nur etwas mehr als 15 Prozent der Befragten haben sowohl die Möglichkeit ihr Auto am Wohnort abzustellen als auch dieses dort aufzuladen. Anders sieht dies beim Arbeitsort aus. Hier biete sich für mehr als 50 Prozent der Nutzer eine Lademöglichkeit. Viele der Befragten seien nicht bereit, für ein Elektroauto im privaten Gebrauch viel mehr zu zahlen als für herkömmliche Autos. Nur 38 Prozent seien bereit, überhaupt einen Aufpreis zu zahlen.

Verbesserung kommunaler Planungskonzepte notwendig

„Elektromobilität kann die Lebensqualität in Städten steigern, wenn sie sinnvoll in neue Mobilitäts- und Stadtentwicklungskonzepte eingebunden wird und dadurch für eine Verkehrsentlastung, weniger Lärm und geringere Schadstoffemissionen sorgt“, so Schäfer. „Die Befragung sowie erste weitergehende Analysen zeigen, dass es noch an ganzheitlichen Konzepten mangelt, die den Kommunen als strategische Planungsinstrumente an die Hand gegeben werden können. Dabei geht es beispielsweise um die ordnungspolitische und städtebauliche Gestaltung der Straßen- und Parkraumnutzung oder die Organisation des fließenden Verkehrs.“

Die Befragung der Kommunen habe außerdem deutlich gemacht, dass vor allem das Thema der Ladeinfrastruktur eine wichtige Rolle spielt. Vor allem bei der Parkraumgestaltung ergeben sich Probleme. Elf Städte haben reservierte Stellplätze bzw. Parkstände für Elektrofahrzeuge eingerichtet. Sicherungsboxen für Elektroräder wurden in neun Kommunen aufgebaut und in vier Kommunen gibt es jetzt Park+Ride- bzw. Bike+Ride-Anlagen inklusive Ladesäulen.

Elektroräder als PKW-Ersatz

Zwar spielt die Begünstigung von Elektrofahrzeugen in vielen Städten eine große Rolle, zahlreiche Rahmenbedingungen seien jedoch noch nicht geklärt. 15 Städte nutzen bereits eigene Elektrofahrzeuge für den kommunalen Betrieb, zehn Kommunen bieten elektrisch angetriebene öffentliche Verkehrsmittel an und in neun Kommunen gibt es Sharing-Angebote für Bewohner oder Unternehmen.

Großes Potenzial sehen die Kommunen in Elektrorädern, die künftig den Einsatz von PKW ersetzen könnten. Dafür sollen Radschnellwege gebaut werden. In sechs Kommunen sind diese bereits geplant, jedoch wünschen sich die Städte hier eine verstärkte Förderung.

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