Floating-PV weitergedacht: Erste senkrecht installierte Photovoltaikanlage auf Baggersee in Betrieb

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Gauting - Mit der weltweit ersten vertikal schwimmenden Photovoltaikanlage hat das Unternehmen SINN Power aus Gauting bei München einen neuartigen Ansatz für die Stromerzeugung auf künstlichen Gewässern umgesetzt. Das System nutzt eine geringe Wasserfläche, produziert zeitlich versetzt zur klassischen PV und ist technisch für den industriellen Eigenverbrauch ausgelegt.
Im Kieswerk Jais im Landkreis Starnberg in Bayern hat die SINN Power GmbH eine Floating-PV-Anlage eingeweiht, deren Module senkrecht im Wasser stehen. Die patentierte Konstruktion von SINN Power bietet nach Angaben des Unternehmens Vorteile bei Flächennutzung, Stromprofil und Umweltverträglichkeit. Erste Betriebsdaten des Kieswerks zeigen deutliche Reduktionen im Netzstrombezug. Weitere Anwendungen - auch im maritimen Bereich - sind vorgesehen.
Neuer PV-Ansatz auf dem Wasser: Vertikale Module, angepasstes Stromprofil
Im Oktober wurde im Landkreis Starnberg eine technisch neuartige Floating-PV-Anlage in Betrieb genommen. Entwickelt von der SINN Power GmbH, unterscheidet sich das Projekt in mehreren Punkten von konventionellen schwimmenden PV-Anlagen. Die Module sind senkrecht installiert und in Ost-West-Ausrichtung angeordnet. Die Anlage befindet sich auf einem Baggersee eines aktiven Kieswerks und liefert Strom direkt für den Eigenbedarf.
Die elektrische Leistung beträgt 1,87 Megawatt, die prognostizierte Jahresproduktion rund 2 Gigawattstunden. Die Fläche, die das System auf dem Wasser beansprucht, liegt laut Betreiber bei 4,65 % der Seefläche - und damit deutlich unterhalb der gemäß Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zulässigen Obergrenze von 15 %. Eine Besonderheit ist die zeitliche Verteilung der Stromerzeugung: Durch die vertikale Modulstellung ergeben sich Ertragsspitzen in den Morgen- und Abendstunden.
In den ersten Wochen nach Inbetriebnahme konnte der Netzstrombezug des Kieswerks nach Angaben von SINN Power um rund 60 % gesenkt werden. Derzeit erfolgt die Nutzung ohne stationäres Speichersystem. Der Eigenverbrauch steht im Mittelpunkt der Anlagenkonzeption, ein zusätzlicher Ausbau ist bereits vorbereitet.
Umwelttechnische Bewertung und technische Besonderheiten
Die Tragstruktur der Anlage basiert auf einem seilgestützten Schwimmsystem mit kielartigen Elementen. Es ermöglicht kontrollierte Bewegungen bei Wind und sich verändernden Wasserständen. Zwischen den Modulreihen befinden sich mehrere Meter breite Freiräume, die laut Hersteller für Lichteinfall und Sauerstoffaustausch sorgen sollen. Die Bauweise zielt auf minimale Eingriffe in das aquatische Ökosystem.
Vor Baubeginn wurden Messbojen installiert, um die Wasserqualität zu beobachten. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die Wasserqualität seit der Inbetriebnahme tendenziell verbessert hat. Zudem lassen erste Beobachtungen den Schluss zu, dass die Anlage selbst offensichtlich als Lebensraum wahrgenommen wird. Auf den Schwimmkörpern des Seilsystems wurden brütende Wasservögel gesichtet und im Bereich der kielartigen Rückstellgewichte sammeln sich Fischschwärme.
Die Anlage ist für künstliche Gewässer ab 1,6 Meter Tiefe vorgesehen. Aufgrund der vertikalen Modulstellung kann die im WHG verankerte Flächenbegrenzung besser eingehalten werden als bei klassischen Floating-PV-Anlagen. Auch kleinere Baggerseen kommen so als Standorte infrage.
Die Konstruktion ist modular und auf einen industriellen Kontext ausgelegt. Sie richtet sich vor allem an Unternehmen mit hohem Strombedarf und vorhandenem Wasserzugang. Neben dem Inlandseinsatz ist das System nach Angaben von SINN Power auch für maritime Anwendungen geeignet. Technisch wurde das System für den Betrieb unter Küstenbedingungen qualifiziert.
Über SINN Power
Die SINN Power GmbH aus Gauting bei München entwickelt seit 2014 modulare Systeme zur nachhaltigen Stromerzeugung. Das Unternehmen spezialisiert sich auf vertikal installierte Photovoltaikmodule, die sich flexibel an unterschiedliche Einsatzorte anpassen - von Dächern mit begrenzter Traglast bis hin zu Wasserflächen und Küstenregionen. Neben innovativen Floating-PV-Anlagen umfasst das Portfolio auch PV-Überdachungen für Förderbänder sowie hybride Energiesysteme für maritime Anwendungen. Ein interdisziplinäres Team aus Ingenieuren und Energieexperten nutzt datenbasiertes Monitoring, um Effizienz, Wartung und Wirtschaftlichkeit zu optimieren.
Quelle: IWR Online
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