Fraunhofer IWES nutzt Boulder-Detektion für Gründungen und Seekabel bei Ostsee-Offshore-Windpark Baltic Power
© Fraunhofer IWES / Frank S. Bauer
Bremen / Gdynia, Polen - Bei der Gründung von Offshore-Windparks und der Verlegung der Seekabel können unerkannt im Untergrund lagernde Findlinge (Boulder) zu teuren Unterbrechungen der Arbeiten führen. Als Spezialist für die Vermessung des Untergrundes setzt Fraunhofer IWES beim polnischen Offshore-Projekt Baltic Power auf das selbst entwickelte System Manta Ray G1.
Für die Fundamente der geplanten Windenergieanlagen im Baltic Power Offshore Windpark im polnischen Teil der Ostsee hat das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (Frauhofer IWES) eine Boulder-Detektions-Kampagne in der Ostsee durchgeführt. Erstmals wurde die von Fraunhofer IWES entwickelte Vermessungstechnologie auch entlang der geplanten Seekabeltrassen eingesetzt. Das Messsystem ermöglicht nicht nur die Detektion von Findlingen, sog. Boulders, tief im Untergrund, sondern auch die Vermessung von flacherliegenden Objekten entlang der Kabelkorridore. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Projekt sollen in Zukunft als Grundlage für die Planung und Errichtung von Offshore-Windparks dienen und helfen, die Vermessungs-Methodik weiter zu optimieren.
Know-how über die Geologie des Untergrundes wichtig zur Vermeidung unnötiger Baukosten und -unterbrechungen
Baltic Power Sp. z o.o, ein Joint Venture zwischen Orlen S.A. und Northland Power Inc., plant in der polnischen Ostsee den Offshore-Windpark Baltic Power mit einer Gesamtleistung von bis zu 1.200 MW (1,2 GW). Der Offshore-Windpark soll 76 Windenergieanlagen und zwei Umspannplattformen umfassen.
Da Findlinge in dem Gebiet des Windparks, die bis zu 100 Meter unterhalb des Meeresbodens liegen können, während des Errichtungsprozesses Risiken darstellen können, müssen die jeweiligen Standorte der Infrastruktur sorgfältig ausgewählt und der Untergrund genauestens untersucht werden. Auch die Kabelkorridore müssen genau vermessen werden, um sicherzustellen, dass die Seekabel optimal und so risikofrei wie möglich verlegt werden können.
Vor diesem Hintergrund führt Fraunhofer IWES im Auftrag von Baltic Power entsprechende Untersuchungen durch. Zum Einsatz kommt dabei das sog. Manta Ray G1 Messsystem. Diese vom Fraunhofer IWES entwickelte Technologie ermöglicht es, die Risiken bei der Errichtung von Windenergieanlagen, Umspannplattformen (OSS) und der Verlegung von Kabeln zu minimieren.
Der Startschuss für das Projekt ist bereits im Januar 2023 gefallen und im Sommer 2023 hat das IWES-Projektteam die erforderliche Offshore-Datenerfassung erfolgreich abgeschlossen, worauf die Datenverarbeitung und -Interpretation folgte.
Manta Ray G1-Messsystem lokalisiert Findlingsstrukturen über akustische Signale
Das innovative Manta Ray G1 Messsystem ermöglicht den Wissenschaftlern des Fraunhofer IWES, Findlinge in einer Tiefe von bis zu 100 Metern unter dem Meeresboden zu lokalisieren. Das Manta Ray G1 beinhaltet einen mit speziellen seismischen Sensoren (Hydrophonen) und Positionsbestimmungssystemen ausgestatteten Schlepprahmen. Während der Datenerfassung fangen die Hydrophone die von einer Signalquelle emittierten und von dem Untergrund reflektierten oder gestreuten Schallwellen auf. Dies ermöglicht nicht nur die Kartierung der Sedimentschichten, sondern auch die Detektion von Felsen im Meeresuntergrund. Mit dieser einzigartigen Methode der Diffraktionsabbildung kann man die von den Findlingen gestreute akustische Energie zu ihrem Ausgangspunkt zurückverfolgen. Dank des Manta Ray G1 können so Risiken, die von den Felsbrocken und anderen unterirdischen Objekten im vermessenen Meeresgrundsedimenten ausgehen, festgestellt und reduziert werden.
„Die Methodenkompetenz vom Fraunhofer IWES garantiert nicht nur die genaue Erfassung von geologischen Gebilden und Findlingen, sondern damit auch die Risikoreduzierung sowie erhebliche Kostenersparnisse. Der Einsatz fortschrittlicher Seismik-Technologien ist für zukunftssichere und nachhaltige Energieprojekte in der Offshore-Windindustrie von großer Bedeutung, insbesondere an komplexen Standorten wie der Ostsee“, so der stellvertretende Projektdirektor von Baltic Power Piotr Ostrowski über die Arbeiten von Fraunhofer IWES.
„Unsere Forschungsarbeit und erfolgreich abgeschlossene Industrieprojekte bestätigen unsere Methode und wir erfüllen zudem umfänglich die Anforderungen der Industrie. Das motiviert uns, unsere seismischen Messmethoden weiter zu verfeinern und wir freuen uns darauf, unsere Expertise in weiteren Projekten einzusetzen“, ergänzt Projektleiter Gino Frielinghaus, Abteilungsleiter Baugrunderkundung am Fraunhofer IWES.
Erstmalig Vermessung von Seekabelkorridoren auf der Agenda
Das Team des Fraunhofer IWES hat zum ersten Mal mit der Manta Ray G1 Technologie auch Seekabelkorridore vermessen. Für den Kunden ist die Detektion von Findlingen entlang der Kabeltrassen auch wichtig. Hierfür muss untersucht werden, wie viele Felsen in unmittelbarer Nähe der geplanten Korridore im Meeresgrund liegen könnten und die Positionen der Findlingsfelder müssen bestimmt werden. Die Verlegeschiffe können dann die Stromkabel entlang der zuvor untersuchten Korridore verlegen und dabei die lokalisierten Findlinge umgehen.
Quelle: IWR Online
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