Green Deal - EU-Kommission legt richtungsweisende Wasserstoff-Strategie vor
© EU / Frans Timmermanns
Brüssel- Europa will sein Energiesystem umgestalten, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Dazu hat die Europäische Kommission heute (08.07.2020) zwei EU-Strategien angenommen, und zwar zur Integration des Energiesystems und zum Wasserstoff.
In der EU entfallen etwa 75 Prozent der Treibhausgasemissionen auf den Energiesektor. Mit zwei neuen Strategien soll die Dekarbonisierung der EU „vorgezeichnet“ werden. Eine Schlüsselrolle spielt darin der Wasserstoff, der gleichzeitig zum Wachstumsmotor in der EU werden könnte.
Strategie 1: Integration des Energiesystems – der Grundgedanke
Die EU-Strategie zur Integration des Energiesystems bildet den Rahmen für die Energiewende. Mit dem bisherigen Ansatz, bei dem der Energieverbrauch im Verkehr, in der Industrie, im Gas- und im Gebäudesektor in „Silos“ mit jeweils getrennten Wertschöpfungsketten, Vorschriften, Infrastruktur, Planung und Betrieb erfolgt, kann Klimaneutralität bis 2050 nicht auf kosteneffiziente Weise erreicht werden, so die EU. Vielmehr müsse das System als ein Ganzes, unter Vernetzung verschiedener Energieträger, Infrastrukturen und Verbrauchssektoren, geplant und betrieben werden.
Strategie 1: Integration des Energiesystems – Drei Säulen und 38 Maßnahmen
Die Strategie „Integration des Energiesystems“ der Kommission ruht auf den nachfolgenden drei Säulen: 1. Ein stärker „kreislauforientiertes“ Energiesystem, dessen zentraler Bestandteil die Energieeffizienz ist. Dazu zählt u.a. die wirksamere Nutzung lokaler Energiequellen in Gebäuden. Ein erhebliches Potenzial bieten die Wiederverwendung von Abwärme aus Industrieanlagen, Rechenzentren oder anderen Quellen sowie die Energiegewinnung aus Bioabfall oder Kläranlagen. 2. Säule: eine stärkere direkte Elektrifizierung der Endverbrauchssektoren auf Grund des hohen Anteils erneuerbarer Energien, beispielsweise für Wärmepumpen in Gebäuden, Elektrofahrzeuge im Verkehr oder Elektroöfen in bestimmten Industriezweigen. Ein Netz von einer Million Ladestationen für Elektrofahrzeuge soll neben dem Ausbau der Solar- und Windkraft zu den sichtbaren Ergebnissen zählen.
Die dritte und letzte Säule betrifft die Nutzung saubererer Brennstoffe‚ z. B. von erneuerbarem Wasserstoff, nachhaltigen Biokraftstoffen und Biogas. Die Kommission wird ein neues Klassifizierungs- und Zertifizierungssystem für erneuerbare und CO2-arme Brennstoffe vorschlagen.
Strategie 2: Die EU-Wasserstoffstrategie mit Stufenplan
Wasserstoff kann in Sektoren eingesetzt, die nicht für die Elektrifizierung geeignet sind und als Speicher genutzt werden, um variable Energieflüsse aus erneuerbaren Energieträgern auszugleichen. Vorrangiges Ziel ist laut EU der Wasserstoff aus Ökostrom. Kurz- und mittelfristig sind jedoch andere Formen CO2-armen Wasserstoffs erforderlich, um die Emissionen rasch zu senken und die Entwicklung eines tragfähigen Marktes zu unterstützen, so die EU-Kommission.
Der schrittweise Übergang erfordert laut EU einen stufenweisen Ansatz: Danach soll von 2020 bis 2024 in der EU die Installation von Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff mit einer Elektrolyseleistung von mindestens 6 Gigawatt und die Erzeugung von bis zu 1 Million Tonnen erneuerbarem Wasserstoff unterstützt werden. Von 2025 bis 2030 soll Wasserstoff in der EU zu einem wesentlichen Bestandteil eines integrierten Energiesystems werden, indem Elektrolyseure mit einer Elektrolyseleistung von mindestens 40 Gigawatt installiert und bis zu 10 Millionen Tonnen erneuerbarer Wasserstoff erzeugt werden können. Von 2030 bis 2050 sollten die Technologien für erneuerbaren Wasserstoff ausgereift sein und in großem Maßstab in allen Sektoren, in denen die Dekarbonisierung schwierig ist, eingesetzt werden.
Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff – Entwicklung gemeinsamer Normen
Um die Umsetzung dieser Strategie zu unterstützen, ruft die Kommission heute die Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff ins Leben, an der führende Vertreter der Industrie, die Zivilgesellschaft, Minister der nationalen und regionalen Ebene und die Europäische Investitionsbank beteiligt sind. Die Kommission wird auf die Einführung gemeinsamer Normen, Terminologie und Zertifizierung hinarbeiten, die auf bestehenden Rechtsvorschriften im Bereich Klima und Energie aufbauen und mit der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen in Einklang stehen.
Die Kommission wird weiterhin politische und regulatorische Maßnahmen vorschlagen, um Sicherheit für Investoren zu schaffen, den Einsatz von Wasserstoff zu erleichtern, die erforderliche Infrastruktur und Logistik zu fördern, die Instrumente für die Infrastrukturplanung anzupassen und Investitionen zu fördern, insbesondere durch den Aufbauplan „Next Generation EU“ (Aufbaupakt vom 27. Mai 2020).
Quelle: IWR Online
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