15.07.2013, 17:35 Uhr

Report: Globale Renaissance der Atomenergie ist ein Märchen

Berlin/Paris/London – Die Bedeutung der Atomkraft an der weltweiten Stromerzeugung nimmt ab. Dies geht aus dem "World Nuclear Industry Status Report 2013" (WNISR) hervor, der im Europäischen Parlament vorgestellt worden ist. Der Bericht beinhaltet einen umfassenden empirischen Überblick über die internationalen Entwicklungen im Bereich der Atomenergie. Zudem wird darin auf aktuelle Informationen über die nach wie vor bedrohliche Sicherheitslage im havarierten Atomkomplex Fukushima eingegangen. Auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichts erklärte Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, welche die Studie zusammen mit den Europäischen Grünen in Auftrag gegeben hat: "Die Mär von einer globalen Renaissance der Atomenergie hält den Tatsachen nicht stand. Während die erneuerbaren Energien weltweit einen Aufschwung erleben, sinkt die Stromproduktion aus Atomkraftwerken."

Erneuerbaren Quellen hängen Atomkraftwerken ab

Dem Bericht zufolge nimmt der Anteil des Atomstroms am weltweiten Energiemix ab. Seit der Spitzenproduktion im Jahre 2006 von 2.660 Terrawattstunden (TWh) ist die jährliche Stromerzeugung aus Atomkraft um 12 Prozent auf 2.346 TWh im Jahr 2012 zurückgegangen. Die Autoren der Studie rechnen drei Viertel dieses Rückgangs den Folgen von Fukushima und der darauffolgenden Drosselung der Atomstromproduktion in Japan zu. Das letzte Viertel geht auf die Verringerung des Anteils an Atomstrom in 16 anderen Ländern weltweit zurück. Der Bericht veranschaulicht, dass in den Ländern Deutschland, China, Japan und Indien zum ersten Mal mehr Strom aus erneuerbaren Quellen als aus Atomkraftwerken produziert wurde. Im Jahr 2012 steht weltweit ein Zubau der neuinstallierten Windenergie von 45 Gigawatt (GW) und Solarenergie von 32 GW eine Netto-Zunahme an installierter Atomenergie von 1,2 GW gegenüber.

Wirtschaftlichkeit der Atomenergie fraglich

Jenseits der Sicherheitsproblematik gibt es laut Bericht auch belegbare Gründe, an der Wirtschaftlichkeit der Atomkraft zu zweifeln. Vor zehn Jahren seien Experten davon ausgegangen, dass durch den neuen Technikstand der Bau eines Kernkraftwerks von 1.000 US-Dollar pro Kilowatt (kW) Leistungsfähigkeit möglich wäre. Diese Schätzungen haben sich als fehlerhaft erwiesen. Die Rechnungen heute deuten laut dem Bericht auf eine Investitionssumm von 7.000 US-Dollar pro kW eines neugebauten Atommeilers. Zu diesen erhöhten Kosten kommen nach Angaben des Berichts u.a. auch die durch das Atomunglück in Japan von der EU-Kommission geforderten Stresstests, die hohe Kosten zur Nachrüstung der Kernkraftwerke nach sich ziehen.


© IWR, 2013