25.06.2014, 11:31 Uhr

Stimmen zur EEG-Einigung: Bürokratie-Monster, Chaos und Energiewende-Ausstieg

Berlin – Nach monatelangem Hin und Her hat der Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zugestimmt. Der Plan, das Gesetz am kommenden Freitag (27.06.2014) zu verabschieden, drohte im Chaos zu scheitern, da neue Einwände der EU ein Treffen der Partei- und Fraktionschefs am Montag notwendig machten (IWR Online berichtete). Auch eine für Dienstag angesetzte Pressekonferenz des Ausschusses war abgesagt worden.

Die aktuelle Einigung der Fraktionen sieht nun vor, dass alle Anlagen zur Erzeugung selbstgenutzter Elektrizität durch regenerative Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die ab 2015 ans Netz gehen, 30 Prozent der EEG-Umlage zahlen müssen. Dieser Satz wird bis 2017 auf 40 Prozent erhöht. Stadtwerke und große Industriebetriebe, die KWK-Anlagen betreiben, können mit einem Ausgleich für ihre Zusatzkosten im Rahmen einer höheren Förderung rechnen. Bestehende Anlagen zur Eigenstromerzeugung sowie Kleinanlagen bis zu einer Größe von zehn Kilowatt bleiben zunächst von der Umlage ausgenommen. Allerdings will die EU, dass die Regelungen spätestens 2017 so überarbeitet werden, dass Alt- und Neuanlagen gleich gehandelt werden.

Krischer: „Bürokratiemonster“ würgt Ausbau der erneuerbaren Energien ab

Oliver Krischer, Energieexperte der Grünen, spricht in einem Interview mit dem Deutschlandfunk hinsichtlich der zahlreichen Ausnahmen von einem „Bürokratiemonster“. Die geplante Vereinfachung des EEG sei keinesfalls umgesetzt worden. Vielmehr werde der Ausbau der erneuerbaren Energien abgewürgt mit der Absicht, den Markt für die Kohlekraftwerke zu sichern.

IBC Solar appelliert an Bundestagsabgeordnete

Der Gründer und Vorstandsvorsitzender der IBC Solar AG Udo Möhrstedt ist ähnlicher Meinung: "Der Beschluss der Regierungskoalition zur EEG-Novelle ist in Wirklichkeit der Ausstieg aus der Energiewende wie wir sie kennen: Solare Selbstversorger werden dadurch für ihren Beitrag zum Klimaschutz bestraft. Kohlekraftwerke hingegen werden bevorzugt. Ich appelliere deswegen an die Bundestagsabgeordneten und den Bundesrat, diesen Ausstieg aus der Energiewende nicht zum Gesetz werden zu lassen und die Zustimmung zu verweigern."

BSW hofft auf Bundesrat

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) Carsten Körnig äußert sich entsetzt: "Wenn jetzt der Bundesrat das Ruder nicht in letzter Minute noch herumreißt, wird aus einem Gesetz zum Ausbau erneuerbarer Energien ein Gesetz zum Vorrang der Kohle. Mit dem Fuß auf der Bremse ist die Energiewende nicht zu schaffen. Klimaschützer werden bestraft, Klimasünder finanziell entlastet. Das ist eine verkehrte Welt. Das hat mit Umwelt- und Verbraucherschutz nichts zu tun. Anstatt die Bürger vor den Folgen des Klimawandels zu schützen und die Energiewende voranzutreiben, schützt die Politik die Interessen weniger fossiler Energiekonzerne."

BEE: Abhängigkeit von russischem Gas steigt

Dr. Hermann Falk, der Geschäftsführer des der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) kritisiert, dass der durch die Reform versprochene Neustart verfehlt wurde. Vielmehr führe die Reform zu mehr Abhängigkeit von russischem Erdgas. ,,Mit dieser EEG-Reform wird Deutschland seine eigenen Ziele verfehlen und international ein schlechtes Vorbild abgeben", so Falk weiter. Zuversichtlich äußerte er sich jedoch über die Zukunft der Energiewende: "Die vielen Bürger, Unternehmen und Energiegenossenschaften werden weiterhin hart dafür arbeiten, dass die Energiewende erfolgreich fortgesetzt wird."

VKU: EU-Bedenken schüren Unsicherheit

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) erklärt, dass er den Reformwillen und die Einigung in der EEG-Reform begrüßt. Kritische Äußerungen kommen jedoch zu den neuen Bedenken der EU-Kommission. "Kritisch ist allerdings zu sehen, dass die EU-Kommission - offenkundig in letzter Minute - neue Bedenken, insbesondere in Bezug auf die Eigenstromerzeugung, geltend gemacht hat. Damit wird die dringend erforderliche Verlässlichkeit in getätigte Investitionen gefährdet. Das gilt insbesondere für die aufgrund der Bedenken vorgenommene Aufweichung des Bestandsschutzes für bereits bestehende EE-Anlagen. Damit schafft man erhebliche Unsicherheit für Investitionen kommunaler Unternehmen."

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