Studienreihe zu Potentialen und Grenzen von grünem Wasserstoff - erste Veröffentlichung analysiert Wärmesektor
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Hamburg – Zwar gewinnt Wasserstoff angesichts der sichtbaren Probleme im Erdgassektor schneller an Bedeutung als angenommen, die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff als Schlüsselelement der Energiewende ist aktuell dennoch begrenzt. Eine aktuelle Studienreihe untersucht vor diesem Hintergrund sektorbezogene Wasserstoff-Potenziale, den Auftakt macht der Wärmesektor.
Grüner Wasserstoff ist derzeit noch eine knappe Ressource. Mit Blick auf die Einsatzfelder für grünen Wasserstoff ergibt sich daher die Frage, wo die Anwendungsfälle liegen, in denen grüner Wasserstoff alternativlos ist bzw. wo auf grünen Wasserstoff verzichtet werden kann, weil es effizientere Wege der Dekarbonisierung gibt. Dieser Themenstellung widmet sich eine mehrteilige Studienreihe des Norddeutschen Reallabors. Ziel ist es, die Potentiale und Grenzen für grünen Wasserstoff in verschiedenen Einsatzfeldern fundiert zu bewerten.
Wasserstoff im Gebäudesektor: Wärmepumpe deutlich effizienter
Im Rahmen der Studienreihe „Potentiale, Grenzen und Prioritäten. Grüner Wasserstoff für die Energiewende” des Energiewende-Verbundprojekts Norddeutsches Reallabor (NRL) liegt jetzt die erste Veröffentlichung vor. Den Auftakt der Reihe macht eine Studie zum potenziellen Einsatz von Wasserstoff im Gebäudesektor.
Auf dem Prüfstand steht dabei insbesondere die dezentrale Wärmeerzeugung durch Wasserstoff. Durch die direkte Verbrennung von Brennstoffen in Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD) und Haushalten entstehen 13 Prozent der deutschen CO2-Äq-Emissionen. Der CO2-Ausstoß dieser Form der Wärmebereitstellung muss sich bis 2030 um 43 Prozent reduzieren, um die bundesweiten Klimaziele einzuhalten. Neben einer umfassenden Gebäudesanierungsstrategie erfordere dies auch ein schnelles Überdenken der einsetzbaren Heiztechnologien, so das NRL.
Um verschiedene Heiztechnologien vor dem Hintergrund des prognostizierten Markthochlaufs von Wasserstoff ökonomisch zu bewerten, haben die Autoren in der Studie die tatsächlich anfallenden Kosten im Zeitverlauf verglichen. Dabei kommen sie zu dem Schluss, dass auf Wasserstoff ausgerichtete Gas-Brennwertthermen nicht sinnvoll sind: „Aus Effizienzgründen ist der Einsatz von Wasserstoff für die dezentrale Wärmebereitstellung nicht zu priorisieren, da hier ein Vielfaches an grüner elektrischer Energie für die Elektrolyse im Vergleich zu einem Szenario mit Wärmepumpen notwendig wäre”, so Felix Doucet, Autor der Studie und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am CC4E. Der direkte Vergleich zeige, dass der Einsatz von erneuerbarem Strom pro kWh zu erzeugender Wärme bei der Verbrennung von grünem Wasserstoff in Brennwertthermen fünf- bis sechsmal höher ist als bei der direkten Nutzung in einer Wärmepumpe.
Wenn alle Gebäudenutzer auf Wärmepumpen setzen würden und es keine Restriktionen im Stromnetz gäbe, könnten große Teile der bestehenden Gasnetzinfrastruktur in Wohngebieten obsolet werden, heißt es in der Studie weiter. Eine Ertüchtigung der Gasnetze für einen Wasserstofftransport in Wohngebiete wäre aus ökonomischer Sicht jedenfalls nicht zielführender als die ohnehin notwendige Ertüchtigung des Stromnetzes.
Option der Abwärmenutzung sollte bei Standortwahl von Elektrolyseuren berücksichtigt werden
Wenngleich die Verbrennung von Wasserstoff zur dezentralen Wärmeerzeugung im direkten Kostenvergleich mit Wärmepumpen unvorteilhaft ist, könnte die Abwärme von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen, die zur Produktion von grünem Wasserstoff für andere Sektoren notwendig sind, zur Effizienz-Steigerung in Wärmenetze eingespeist werden. Standorte von Elektrolyseuren sollten daher idealerweise so gewählt werden, dass ein Wasserstoffnetz bzw. ein Wasserstoffspeicher vorhanden ist und gleichzeitig ein Wärmenetzanschluss bzw. eine Nutzungsmöglichkeit für die Wärme besteht, empfehlen die Studienautoren.
Über das Verbundprojekt Norddeutsches Reallabor
Das Norddeutsche Reallabor (NRL) ist ein Verbundprojekt, das neue Wege zur Klimaneutralität aufzeigen will. Hinter dem im April 2021 gestarteten Projekt stehen mehr als 50 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Das Großprojekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren (04/2021-03/2026). Das NRL ist Teil der Förderinitiative „Reallabore der Energiewende“ und wird mit rund 52 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Weitere Fördermittel werden durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bereitgestellt.
Quelle: IWR Online
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