11.04.2016, 08:15 Uhr

Wann finanzielle Bürgerbeteiligung bei Energiewende-Projekten sinnvoll ist

Leipzig - Mit der finanziellen Beteiligung von Bürgern an Projekten der Energiewende wie beispielsweise am Bau neuer Stromnetze oder an neuen Windparks sollen die Akzeptanz und das Vertrauen gesteigert und die Realisierung beschleunigt werden. Doch nicht bei allen Arten von Energiewende-Projekten scheint eine finanzielle Beteiligung der Bürger das geeignete Mittel der Wahl zu sein.

Die Analyse wurde vom Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. an der Universität Leipzig im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Rechtsanwaltskanzlei Wolter-Hoppenberg erstellt. Die an das Instrument der finanziellen Bürgerbeteiligung verknüpften Erwartungen werden aber offenbar nur in Teilen erfüllt, so ein Ergebnis der Studie

Bürgerbeteiligung bei Stromnetz-Projekten weniger geeignet

Die Studie analysiert auf Basis einer Befragung von Energieerzeugern und Netzbetreibern, welche Erfahrungen mit finanzieller Bürgerbeteiligung bestehen, welche Ziele die Bürger damit verbinden und ob diese Instrumente tatsächlich genutzt werden. An der Befragung nahmen 102 Unternehmen aus den Sparten Energieerzeugung und Energienetze teil. "Wenngleich infolge des hohen Finanzbedarfs der Energiewende auch neue Finanzierungsquellen zu erschließen sind, so scheinen die bisherigen Modelle finanzieller Bürgerbeteiligung hier nur bedingt bzw. nur für bestimmte Vorhaben geeignet zu sein", sagt Dr. Oliver Rottmann, Studienleiter und Geschäftsführender Vorstand des Kompetenzzentrums an der Universität Leipzig und ergänzt: "Besonders im Netzaus- und -umbau sind andere Instrumente zu entwickeln, um besonders auch Investitionsvorhaben mit großen Volumina durch Bürgerbeteiligungen finanzieren zu können. Dies könnte beispielsweise in Form einer Infrastrukturbürgeranleihe realisiert werden."

Energiegenossenschaften bei Energieerzeugungs-Projekten adäquates Modell

Dr. Kirsten Witte, Direktorin des Programms LebensWerte Kommune bei der Bertelsmann-Stiftung, sagt: "Die auch seitens der Politik mit diesem Instrument verbundenen Erwartungen scheinen zumindest im Netzbereich nur in Teilen erfüllt worden zu sein. In der Energieerzeugung hingegen scheinen finanzielle Bürgerbeteiligungen ein adäquates Modell darzustellen, Bürger sowohl finanziell als auch gestalterisch an der Energiewende teilhaben zu lassen. Beispielsweise lassen zahlreiche Energiegenossenschaften, aber auch andere Bürgerbeteiligungsmodelle diesen Rückschluss vermuten."

Das sieht auch BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand so: "Die Studie zeigt ein differenziertes Bild über die Potenziale, die sich aus der finanziellen Beteiligung von Bürgern an Energieinfrastruktur-Projekten ergeben können. Je nach spezifischer Situation vor Ort kann dieses Instrument die für den Bau neuer Energieerzeugungsanlagen so wichtige gesellschaftliche Akzeptanz steigern. Die Beteiligung von Bürgern bietet aber auch die Möglichkeit, die Finanzierung von Projekten auf eine breitere Kapitalbasis zu stellen. Inwiefern sich konkrete Projekte hierfür eignen, lässt sich letztlich nur von den beteiligten Akteuren vor Ort mit Blick auf konkrete Projekte beurteilen."

Quelle: IWR Online

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