Wie die Elektromobilität in Deutschland ausgebremst wird
Münster - Das Ziel der Bundesregierung lautete einmal eine Million Elektroautos bis 2020. Was in Ländern wie Norwegen funktioniert, klappt in Deutschland trotz einer Prämie nicht: Der Markt für E-Autos kommt nicht in Schwung. Die Gründe sind hausgemacht.
Die Politik wird im Wahlkampf nicht müde, den Weg in die Elektromobilität aufzuzeigen. Prämien für Elektroautos dokumentierten die Aktivitäten der Bundesregierung. Doch hinter den Kulissen wird der Markt für Elektroautos ausgebremst, wie ein Spiegel-Bericht offenbart.
Spiel über Bande: Flaschenhals Ladestationen für Elektroautos
Die Bundesregierung formuliert öffentlichkeitswirksam Ziele für Elektroautos bis 2020 und forciert ein Prämienprogramm für E-Autos. So soll die Nachfrage stimuliert werden. Doch hinter den Kulissen wird die Elektromobilität an einer zentralen Schlüsselstelle ausgebremst, ohne die gar nichts geht: Ausreichende Investitionen in die Ladesäulen-Infrastruktur. Wie der Spiegel berichtet, hatte die EU-Kommission weitreichende Pläne zum Ausbau der Lade-Infrastruktur vorgesehen, um den Markt für E-Autos zu beleben. So sollte bei kommerziell genutzten Neubauten mit mehr als zehn Parkplätzen bis Anfang 2025 jeder zehnte Parkplatz mit einer Ladesäule ausgestattet und bei Wohngebäuden mit mehr als zehn Parkplätzen jeder Platz mit einer Vorverkabelung versehen werden. Daraus wird nichts. Dies sei "von Deutschland wie von einer großen Mehrheit der Mitgliedstaaten als zu weitgehend abgelehnt" worden, zitiert der Spiegel den Sachstandbericht für den EU-Rat. Der Spiegel sieht das Auftreten Deutschlands auf EU-Ebene in deutlichem Widerspruch zu den Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) im aktuellen Wahlkampf.
Medienkampagne gegen Elektroautos?
Auffällig häufig finden sich in unregelmäßigen Abständen mittlerweile verschiedene Medienberichte in Deutschland über die Nachteile von Elektroautos. Berichte über einen vermeintlichen CO2-Rucksack und eine schlechte Ökobilanz von Batterien für E-Autos gehören ebenso dazu wie die plötzliche und vorsorgliche Warnung der Energieverbände in den Auto-Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Obwohl der Markt für E-Autos noch gar nicht funktioniert, wird bereits jetzt vorgerechnet, dass das Stromnetz in Bayern nicht darauf vorbereitet ist, wenn sämtliche bayerischen Haushalte ein Elektroauto haben und alle gleichzeitig tanken wollen. Im Klartext: das ewige Horror-Szenario von Blackouts wird als Angsttreiber wieder einmal bemüht, dieses Mal wegen zukünftig zu vieler Elektroautos.
Ladeinfrastruktur: Eine Million Ladesäulen-Parkplatz-Programm notwendig
Ein zentraler Schlüssel für eine Marktbelebung von Elektroautos ist die Lade-Infrastruktur. Das IWR-Institut hatte schon früh für einen Vorrang der Infrastruktur-Investitionen und für ein "1 Million Ladesäulen-Parkplatz-Programm" plädiert, vor allem auf Firmen-Parkplätzen. Pendler könnten im Tagesverlauf die E-Autos nach Bedarf und zeitsparend aufladen, da sie ohnehin selten oder gar nicht bewegt werden. Das IWR plädiert bei der Förderung der Elektromobilität für eine Änderung der Prioritäten. "Erst sind Investitionen in die Lade-Infrastruktur notwendig, dann kann mit Kaufprämien der Markt belebt werden und nicht umgekehrt", so IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2017