06.10.2014, 17:37 Uhr

Wirbel um Seehofer, Stromtrassen und eine EU-Studie zum Strommarkt

Münster – Laut einem Spiegel-Bericht könnte die EU darauf drängen, dass der Strommarkt in Deutschland geteilt wird, wenn der geplante Ausbau der Stromnetze für den Windstrom ausbleibt. Nach einer Studie wäre mit deutlich höheren Strompreisen in Süddeutschland zu rechnen. Doch Seehofer stemmt sich gegen den Netzausbau und will eine bayerische Lösung. IWR Online hat bei der EU-Kommission nachgehakt.

Der Spiegel verweist in seinem Bericht auf eine Studie im Auftrag der EU-Kommission. Demnach könnte ohne Netzausbau eine Spaltung des Strommarktes in eine nördliche und einer südliche Hälfte drohen. Das würde dazu führen, dass die Strompreise in Süddeutschland um bis zu zehn Prozent über denen im Norden liegen.

Seehofer, die Stromtrassen und die Onshore-Windenergie

Der bayerische Ministerpräsident Seehofer (CSU) will derzeit offenbar weder neue Stromtrassen noch Windenergie in Bayern. Mit der neuen Länderöffnungsklausel, einer bayerischen Idee, wird dafür sogar extra das bestehende und eigentlich über dem Landesrecht stehende Bundesrecht ausgehebelt. Mit der Festlegung von hohen Mindestabständen kann die Windenergie in Bayern zukünftig kräftig ausgebremst werden. Aber auch den Windstrom aus dem Norden über Stromtrassen will Bayern nicht, um die fehlenden Strommengen durch die AKW-Abschaltungen zu kompensieren.

Offenbar strebt Seehofer eine bayerische Lösung an, die mit dem Neubau von Gaskraftwerken einhergeht. Das reduziert mögliche Proteste von Bürgern auf wenige Standorte. Allerdings hat die Sache einen Haken: Neue Gaskraftwerke sind nach Einschätzung von Experten derzeit nicht ohne Subventionen zu betreiben.

Spiegel: Kein Netzausbau bedeutet teuren Strom im Süden

Wenn kein zusätzlicher Windstrom durch den Ausbau des Stromnetzes nach Süddeutschland kommt, könnte es laut Spiegel zu einer Teilung des deutschen Strommarktes kommen. Der Spiegel verweist dabei auf eine Studie der EU-Kommission. Danach würden die Strompreise in einem geteilten Deutschland im Süden um bis zu zehn Prozent über den Preisen im Norden liegen. Der Spiegel glaubt, dass die EU-Kommission Deutschland zu einer Strommarkt-Teilung drängen werde, wenn der Netzausbau nicht kommt.

IWR Online fragt nach: Eine neue Studie der EU-Kommission gibt es nicht

Wie IWR Online auf Anfrage bei der EU-Kommission erfahren hat, handelt es sich gar nicht um eine neue Studie. Die Ergebnisse der Untersuchung, auf die der Spiegel sich bezieht, waren bereits im Oktober 2013 veröffentlicht worden. Zudem war die Intention der Analyse eine ganz andere: Es ging in der Untersuchung der norwegischen THEMA Consulting Group im Kern um Ringflüsse und darum, wie unvorhergesehene Stromflüsse auch in die Netze benachbarter Länder minimiert werden können.

Eine Möglichkeit, die dabei untersucht wurde, ist eine Unterteilung in eine norddeutsche und eine süddeutsche Strom-Handelszone. Die so differenzierten Marktpreise böten bessere Signale für die Marktteilnehmer. Die Preise im Norden wären demnach tatsächlich deutlich niedriger als im Süden. Doch auf Anfrage von IWR Online erklärte die EU-Kommission ausdrücklich nur, dass sie eine solche Trennung des deutschen Strommarktes nicht empfiehlt. Vielmehr stellt die Kommission fest, dass der Stromnetzausbau der beste Weg wäre, um die Engpässe im Stromsektor in Deutschland zu überwinden.

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