12.08.2015, 17:02 Uhr

Atommüll: Regierung beschließt Nationales Entsorgungs-Programm

Berlin – Die Endlagerung von radioaktiven Abfällen ist ein brisantes Thema, denn wer möchte die strahlenden Hinterlassenschaften der Atomenergie-Ära schon in seiner Nähe wissen. Die EU verlangt von den Mitgliedsstaaten, die derartigen Müll lagern müssen, bis zum 23. August detaillierte Entsorgungsprogramme einzureichen. Nun hat die Bundesregierung ihr Programm verabschiedet.

Die Mitglieder des Bundeskabinetts haben über das "Programm für eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung bestrahlter Brennelemente und radioaktiver Abfälle" des Bundesumweltministeriums (BMUB) beraten und das sogenannte "Nationale Entsorgungsprogramm" (Napro) beschlossen. Streitpunkt war im Vorfeld der Umgang mit dem Endlager Konrad, dass den weniger radioaktiven Müll aufnehmen soll. Zudem ist die Finanzierung ein zentrales Thema.

Nationales Entsorgungsprogramm für Deutschlands Atommüll

Das Napro wurde vom BMUB erstellt und legt einen Gesamtüberblick über die Entsorgungsplanung des Atommülls in Deutschland vor. Demnach sollen insgesamt zwei Endlager errichtet werden. Für Abfälle mit zu vernachlässigender Wärmentwicklung ist das Endlager Konrad in Salzgitter in Niedersachsen vorgesehen. 303.000 Kubikmeter Atommüll sollen dort eingelagert werden. Ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll muss nach dem Standortauswahlgesetz noch gesucht werden. Ziel ist es dabei die Suche bis zum Jahr 2031 zu beenden. Das Endlager Konrad soll voraussichtlich 2022 in Betrieb genommen werden. Für das Endlager der hochradioaktiven Abfälle ist das Jahr 2050 vorgesehen. Die Kosten für die Entsorgung sollen durch die Atomkraftwerksbetreiber (AKW) getragen werden. Im Bereich der öffentlichen Hand gibt es zwölf Betreiber sowie elf Landessammelstellen, die für die Endlagerung verantwortlich sind. Der Bundesanteil an den Endlagerungskosten soll bei ungefähr 90 Prozent liegen und der Landesanteil bei 10 Prozent. Private Betreiber sind verpflichtet, Rückstellungen in ihrer Bilanz zu erstellen.

Schachtanlage Konrad soll nicht erweitert werden

Bis Ende Mai konnten sich Behörden und die Öffentlichkeit zu einem ersten Entwurf des Napro äußern. In den Stellungsnahmen wurde häufig eine mögliche Erweiterung der Schachtanlage Konrad kritisiert. In der endgültigen Version des Napro wurde dieser Punkt überarbeitet. Es geht um den Umgang mit den Abfällen aus der maroden Schachtanlage Asse II in Niedersachsen, die dort wieder herausgeholt werden sollen. Der Schacht Konrad war zunächst für diese sowie für die Uranabfälle in Gronau in Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem noch zu suchenden Endlager vorgesehen worden. Nun wurde der Anteil dieser Müllmengen, die für den Schacht Konrad vorgesehen sind, reduziert. Im endgültigen Napro werden auch die jeweiligen Mengen radioaktiver Abfälle im Detail aufgelistet. Ferner wurde die abgeschätzte Abfallmenge der Schachtanlage Asse II aufgeführt. "Mit dem Entsorgungsprogramm schaffen wir Transparenz und eine belastbare, solide gerechnete und ungeschönte Planung für die Entsorgung des Atommülls", betonte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).

Hintergrund: EU-Richtlinie für radioaktive Abfälle

Am 19. Juli 2011 verabschiedete die Europäische Union (EU) die Richtlinie über die „Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle“. Die Mitgliedsstaaten sind dabei für die Entsorgung ihres Atommülls verantwortlich und müssen im Hinblick auf die Richtlinie einen nationalen Organisationsrahmen schaffen, um eine Umsetzungsstrategie für die Entsorgung vorzulegen. Die nationalen Programme sollen neben den aufgeführten Gesamtzielen auch wichtige Zwischenetappen und Zeitpläne sowie eine Kostenabschätzung enthalten. Der Hintergrund für diese Richtlinie ist die im Jahr 2009 verabschiedete Richtlinie über die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen.

BEE äußert sich kritisch zum Beschluss

Dr. Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE), äußerte Kritik bezüglich der vorgesehenen AKW-Rückstellungen der privaten Betreiber. Die Rückstellungen sollen, wie es im Napro heißt, „zur Sicherstellung der künftigen Finanzierung“ im Rahmen der Entsorgung des Atommülls durch die Betreiber genutzt werden. Hintergrund dazu ist, dass Rückstellungen Schulden darstellen, die vorsorglich in der Bilanz gebucht werden, jedoch deren Höhe noch nicht bekannt ist. Falk bezeichnet dabei die „Sicherheit und Glaubwürdigkeit der Atomrückstellungen als leeres Managergeschwätz“. Er bezieht sich dabei auch auf die Tatsache, dass die Haftung der AKW-Betreiber nach einer Konzernaufspaltung bereits nach fünf Jahren endet und sich die AKW-Betreiber über eine Haftungsverlängerung beklagen.

Quelle: IWR Online

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