19.06.2015, 12:42 Uhr

Atommüll: Wohin mit den Abfällen nach Wieder-Aufarbeitung?

Münster – In Deutschland ist der Atomausstieg beschlossene Sache. Noch sind neun Kernkraftwerke am Netz. Ende Juni soll die Anlage in Grafenrheinfeld abgeschaltet werden, bis spätestens 2022 sollen die verbliebenen Kraftwerke folgen. Doch der Umgang mit dem Atommüll wird Deutschland noch auf lange Sicht beschäftigen. Nun wurde eine Einigung hinsichtlich der Abfälle der Wiederaufarbeitung getroffen.

Die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen soll die benutzten Brennelemente in wieder verwertbare Anteile sowie in hoch-, mittel- und schwachradioaktiven Abfall aufteilen. Das geschieht für in Deutschland verwendete Brennelemente in den Wiederaufarbeitungsanlagen im englischen Sellafield sowie im französischen La Hague. Nach der Wiederaufarbeitung sollen die Abfälle nach Deutschland zurückgeholt werden, doch die meisten Bundesländer wehren sich dagegen. Es geht um insgesamt 26 Castoren, die aus England und Frankreich nach Deutschland kommen.

Einigkeit: Abfälle sollen zurück nach Deutschland – aber wohin?

Nun hat sich laut einer gemeinsamen Presseinformation der vier Energieversorger EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall das Bundesumweltministerium (BMUB) mit den Betreibern der deutschen Kernkraftwerke auf einen „Entscheidungsprozess für die Rückführung sämtlicher Abfälle aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in Frankreich und Großbritannien“ verständigt. In einem gemeinsamen Eckpunktepapier bekennen sich beide Seiten zu einer möglichst zügigen Rückführung der Wiederaufarbeitungsabfälle aus La Hague und Sellafield nach Deutschland.

Bayern kündigt Widerstand an

Das BMUB teilt mit, dass nach dem neuen Konzept im Standortzwischenlager Philippsburg in Baden-Württemberg die fünf Behälter mit verglasten mittelradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich aufbewahrt werden. Auf die Zwischenlager an den Standorten Biblis (Hessen), Brokdorf

(Schleswig-Holstein) und Isar (Bayern) sollen die insgesamt 21 Castoren mit verglasten hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Sellafield verteilt werden. Während die drei Bundesländer Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hessen bereits in der Vergangenheit die Bereitschaft zur Aufnahme signalisiert hatten, ist Medienberichten zufolge jedoch mit Widerstand aus Bayern zu rechnen. Die Landesregierung in Bayern kündigte bereits heftigen Widerstand an. Der Chef der Staatskanzlei in München habe erklärt, dass der Bund eine Einigung bei der Energiewende insgesamt infrage stelle, wenn er in Sachen Zwischenlagerung alleine entscheiden wolle. Einseitige Festlegungen des Bundes seien "politisch unklug und dreist", heißt es.

Einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Ländern steht über allem

EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall begrüßen, dass das BMUB nun ein Konzept für die Aufbewahrung der Behälter vorgelegt hat. Dies werde nun intensiv geprüft. Weitere Festlegungen sollen in einer gemeinsamen und noch zu bildenden Arbeitsgruppe getroffen werden. RWE, E.ON und Co. bitten das BMUB ausdrücklich darum, sich auch weiterhin für eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Ländern und Standortgemeinden einzusetzen. Darauf wird es nun ankommen.

Verhandlungsmasse: Konzerne würden von Klagen absehen

Zudem fordern die Betreiber als Vorleistung für eine konstruktive Lösung, die in dieser Sache laufenden Verfahren gegen die Länder zunächst ruhen zu lassen, wenn die betroffenen Länder hierzu ebenfalls bereit sind. Im Falle einer Einigung auf ein gemeinsames Konzept mit angemessener Kostenverteilung stellen die Atomkonzerne auch die Rücknahme sämtlicher Klagen einschließlich der Verfassungsbeschwerden zur alternativen Zwischenlagerung in Aussicht. Auf dem Klageweg, hatten die Betreiber versucht, eine Rückführung der Castoren nach Gorleben zu erreichen.

Quelle: IWR Online

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