30.06.2016, 16:18 Uhr

Wirbel um rasierten Klimaschutzplan 2050

Berlin – Im Juni 2015 hatte das Bundesumweltministerium einen öffentlichen Dialogprozess für einen nationalen Klimaschutzplan 2050 gestartet. Der daraufhin entstandene Entwurf des Umweltministeriums war offenbar aus Sicht des Wirtschaftsministeriums zu ambitioniert und wurde kräftig gestutzt. Die Empörung bei Opposition und Experten ist groß.

Berichten zufolge hat das von Sigmar Gabriel (SPD) geführte Wirtschaftsministerium (BMWi) deutliche Korrekturen an den Entwürfen aus dem Hause seiner Parteikollegin Barbara Hendricks vorgenommen. Die ambitionierten Klimaschutz-Vorstellungen aus dem Bundesumweltministerium (BMUB) wurden dabei deutlich entschärft. So soll beispielsweise der Kohleausstieg nun nicht mehr "deutlich vor 2050" umgesetzt werden.

Kohleausstieg ohne Zeitpunkt - Stromsparziel gestrichen

In zentralen Punkten sei der Entwurf des für den Klimaschutzplan 2050 federführenden BMUB demnach zusammengestrichen worden. Laut Reuters sind die Treibhausgas-Ziele für das Jahr 2030 in den Bereichen Energie, Industrie, Verkehr oder Landwirtschaft im überarbeiteten Papier weggefallen. Auch der ursprünglich anvisierte Kohleausstieg "deutlich vor 2050" sei nun ersetzt worden. Nun sei lediglich von einer "abnehmenden Bedeutung der Kohle" die Rede. Auch eine Senkung des Stromverbrauchs um bis zu 20 Prozent bis 2030 ist laut Reuters nicht mehr in dem vom BMWi überarbeiteten Entwurf zu finden. Festgehalten werde hingegen an den Plänen für eine ökologische Steuerreform. Dabei soll es um zusätzliche Abgaben auf fossile Brennstoffe zugunsten erneuerbarer Energien und umweltfreundlicher Technik gehen.

Grüne: Klimaschutz ohne Kohleausstieg wie Blumen gießen ohne Wasser

Die Reaktionen auf die Schrumpfkur des Klimaschutzplans im Rahmen der Ressortabstimmung löste heftige Reaktionen aus. Via Facebook kommentierte Annalena Baerbock, Bundestagsabgeordnete und klimapolitische Sprecherin der Grünen, mit dem Hashtag #dasgehtgarnicht: "Auf dem Weg vom Umweltministerium ins Kanzleramt wurde der groß angekündigte Klimaplan 2050 weiter gestutzt. Doch Klimaschutz ohne Kohleausstieg ist wie Blumen gießen ohne Wasser. Das hilft nicht wirklich, liebe Bundesregierung!" Grünen-Parteichefin Simone Peter twitterte: "Klimaschutzplan 2050 bleibt ohne konkrete Ziele für Kohleausstieg." Für die große Koalition seien Klimaschutz und Dekarbonisierung nur leere Worthülsen, so Peters Schlussfogerung.

Energieexpertin enttäuscht – Industrie für einen technologieoffenen Prozess

Claudia Kemfert, Professorin für Energieökonomie und Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), zeigte sich via Twitter enttäuscht: "Schade." Das BMUB hätte einen "sehr guten Klimaschutzplan erarbeitet". Doch ohne Kohleausstieg werde man die Klimaziele nicht erreichen, so Kemfert.

Etwas anders gelagert ist die Kritik erwartungsgemäß aus den Reihen der Industrie. Holger Lösch, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), wies auf viele Widersprüche beim Klimaschutzplan hin. Es sei problematisch, ehrgeizige nationale Klimaziele erneut zu verschärfen. Man solle sich nicht verfrüht auf einzelne Instrumente und Technologien festlegen. Lösch: "Es muss darum gehen, einen technologieoffenen Prozess zu beginnen, wie Klimaschutzziele und wirtschaftliche Entwicklung im Einklang mit den europäischen Vorgaben möglichst effizient und konsistent erreicht werden können."

Quelle: IWR Online

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