Zur Lage der Wind- und Solarenergienutzung in Deutschland. Herbstgutachten 1997/98
aus: Allnoch, N. (1997): Zur Lage der Wind- und Solarenergienutzung in Deutschland. Herbstgutachten 1997/98. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 47. Jg., H. 10, S. 612 - 617.

Der deutsche Markt für Windenergieanlagen (WEA) ist nach dem Rückgang im vergangenen Jahr trotz erkennbarer Anzeichen einer leichten Stabilisierung von hoher Nervosität geprägt. In Anlehnung an frührere Untersuchungen [1] erfolgt zunächst eine Markteinschätzung zur Windenergie sowie abschließend eine Betrachtung des Solaranlagenmarktes.


Der deutsche Windenergiemarkt hat aufgrund von markttechnischen Sondereinflüssen anscheinend die Talsohle erreicht, befindet sich aber in der Grundstimmung infolge der politisch bedingten Belastungen weiterhin in der Konsolidierungsphase. Zwar werden nach den Planzahlen der Hersteller 1997 Windenergieanlagen mit einer Leistung von rd. 460 MW (1996: 423 MW) neu errichtet, und mit dann über 2.000 MW dürfte Deutschland im internationalen Vergleich die windenergiespezifische Weltmarktführerschaft unter Klima- und Umweltschutzaspekten erreicht haben; gleichzeitig erscheint die industriewirtschaftliche Lage der deutschen Hersteller weitaus ungünstiger als noch vor Jahresbeginn. Vor allem aufgrund der politischen Initialisierung konnte der Windenergiemarkt zu Beginn der neunziger Jahre zunächst hohe Wachstumsraten in bezug auf die installierte Jahresleistung aufweisen.

Bild 1: Die Entwicklung der installierten WEA-Leistung in Deutschland und der bisherige Marktphasenverlauf

Bedingt durch die anlagentechnische Weiterentwicklung überdeckt allerdings die vermehrte Aufstellung von Großanlagen die seit 1993 rückläufigen Zuwachsraten auf dem wichtigeren Stückzahlenmarkt [2], für den 1997 trotz des Leistungszuwachses lediglich eine Stabilisierung auf dem niedrigen Vorjahresniveau (1996: 802) erwartet wird. Mit der sukzessiven Markteinführung von Konvertern aus der 1 - 1,5 MW-Leistungsklasse für 1997/98 steigt die durchschnittliche Leistung je Windenergieanlage weiter an, so daß aufgrund des Upscalings derselbe Leistungsoutput mit immer weniger Anlagen realisiert wird. Waren beispielsweise noch vor wenigen Jahren zur Errichtung von 1.000 MW mit den gängigen 50 kW-Anlagen insgesamt 20.000 Konverter notwendig, kann heute dieselbe Leistung mit rd. 670 Anlagen der 1,5 MW-Klasse erreicht werden.

Bild 2: Der Stückzahlbedarf für 1.000 MW Windkraftleistung in Abhängigkeit von der installierten WEA-Leistungsklasse

Dieser aus landschaftsästhetischen Gesichtspunkten positive Effekt darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß bei manchen Herstellern aufgrund der stagnierenden oder rückläufigen Produktionsstückzahlen bei gleichzeitig steigenden Fixkostenbelastungen im Ergebnis geringere Deckungsbeiträge zu verzeichnen sind.

Ein schrumpfender Stückzahlenmarkt in einem ausgeprägten Käufermarkt sowie der dadurch entstehende Preis- und Absatzdruck in Kombination mit einer häufig zu geringen Eigenkapitalquote bei mittelständischen Firmen kann leicht zur existenziellen Bedrohung von Unternehmen werden. Die schon im Herbst 1995 erkennbaren und prognostizierten Marktrisiken [3] werden mit dem Konkursantrag des zweitgrößten deutschen Anbieters bedauerlicherweise bestätigt. Die sichtbaren Folgen für den Markt sind einerseits eine Sonderkonjunktur bei den Wettbewerbern und andererseits ein von Teilen derjenigen Investoren ausgelöster Vorzieheffekt, die in Zukunft ungünstigere Vergütungspreise erwarten. Zwar tragen diese beiden Sondereinflüsse zur diesjährigen Stabilisierung des Marktes bei, dennoch ist allenthalben die Nervosität spürbar. Die Änderungspläne zum Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) hängen wie ein Damoklesschwert gleichermaßen über Herstellern, Zulieferern, Investoren und Banken. Generell ist das Kaufinteresse potentieller WEA-Interessenten weiterhin vorhanden, wenngleich zahlreiche Kunden in der Warteposition verharren und teilweise in den Abschlußverträgen entsprechende Rücktrittsklauseln für den Fall einer nachteiligen Änderung der Wirtschaftlichkeit vereinbart haben. Vor diesem Hintergrund spiegelt sich die Anspannung und schlechte Stimmung unter den Herstellern in dem Stimmungsbarometer wider, das noch unter den Vorjahrestiefststand fällt.

Der energiewirtschaftliche Beitrag der Windenergie steigt kontinuierlich an, wenngleich der prozentuale Anteil an der gesamten Elektrzitätserzeugung weiterhin gering ist. Unter der Annahme eines windklimatologischen Normaljahres und der damit verbundenen durchschnittlichen Vollastbenutzungsstundenzahl von rd. 2000 [3] aller ganzjährig produzierenden Anlagen könnte die Stromerzeugung aus Wind von ca. 2,2 Mrd. (1996) auf rd. 3,3 Mrd. kWh ansteigen. Allerdings hat insbesondere das windschwache Jahr 1996 mit der erwarteten "normalen" Jahresproduktion in Höhe von 2,5 bis 2,7 Mrd. kWh [1] gezeigt, daß aufgrund windjahresbedingter Schwankungen relativ hohe jährliche Produktionsunterschiede möglich sind. Manch ein Investor oder Bankhaus dürfte deshalb im vergangenen Jahr besorgt über die hohe Diskrepanz zwischen erwarteter und tatsächlicher Windstromausbeute gewesen sein.

Der Inlandsmarkt ist derzeit für die deutschen Hersteller die Basis für das wirtschaftliche Überleben. Während beispielsweise die dänischen Anbieter bereits einen Großteil der Jahresproduktion exportieren können, wachsen die deutschen Ausfuhrzahlen nur sehr langsam. Insofern kann derzeit auch eine nur temporäre Schwäche auf dem heimischen Markt nicht durch entsprechende Exporte kompensiert werden. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von einem im Vergleich zu den internationalen Wettbewerbern generell verspäteten Markteinstieg, einer erst im Aufbau befindlichen globalen Vertriebsstruktur bzw. hoher Vorlaufzeiten zwischen Projektanbahnung und -realisierung bis hin zu strukturellen Schwächen bei der strategischen Unterstützung durch die Politik. Wenngleich einige positive landespolitische Akzente erkennbar sind, so fehlt doch häufig eine projektorientierte Vernetzungsstruktur bei den zuständigen Ministerien. Nicht zuletzt aufgrund einer derartigen interministeriell abgestimmten und industriewirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftsstrategie konnte die dänische Windindustrie im Jahr 1996 weltweit 950 Anlagen mit einer Leistung von 500 MW im Wert von 3,5 Mrd. DKr (rd. 1 Mrd. DM) exportieren [4]. In diesem Zusammenhang bedauern die deutschen Hersteller u.a. den theoretisch möglichen, aber faktisch fehlenden Marktzugang in Dänemark, währenddessen die dänischen Anbieter 1996 Anlagen mit einer Leistung von 186 MW [4] nach Deutschland ausführen und damit einen Marktanteil von rd. 44 % erzielen konnten.

Weltweit waren Ende 1996 rd. 6.100 MW Windkraftleistung installiert und die globale Jahresproduktion dürfte 1997 von rd. 1.300 auf über 1.500 MW ansteigen. Parallel zur Entwicklung in Deutschland könnte trotz der Leistungssteigerung der weltweite Stückzahlenmarkt aufgrund des zunehmenden Einsatzes von Großanlagen wie im Vorjahr schrumpfen oder stagnieren. In der Konsequenz ist ein anhaltender Konzentrations- und Kooperationsprozeß auf der Anbieterseite dann unausweichlich, wenn nicht zusätzliche Absatzmärkte erschlossen werden können. Der viel beachtete Zusammenschluß der dänischen Anbieter Nordtank und Micon könnte der Auftakt zu weiteren strategischen Allianzen in den kommenden Jahren sein, zumal mit den steigenden Projektvolumina die Attraktivität derartiger Vorhaben auch für branchenfremde internationale Firmenkonsortien steigt. Die Absicht des japanischen Handelsunternehmens Tomen, mittelfristig 1.000 Windkraftanlagen zu errichten oder die Ankündigung der York Research Corp. an der amerikanischen NASDAQ-Börse, mit Hilfe eines Konsortiums von Banken, Handelsgesellschaften und Investoren aus Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Kasachstan ein 500 MW Windprojekt zu realisieren, zeigen zudem einen ersten Trend zu internationalen Großprojekten. Die in diesem Zusammenhang vermehrt zu erwartenden Ausschreibungen lassen des weiteren vermuten, daß im Wettbewerb um den Projektzuschlag zukünftig nicht nur die eingesetzte Technik, sondern vor allem das Finanzierungskonzept, die Bonität der Hersteller bzw. des Investors und die Höhe des lokalen Produktionsanteils eine weitaus gewichtigere Rolle spielen wird.

Die Entwicklung in Europa ist trotz der anstehenden Liberalisierung der Energiemärkte weiter auf Wachstum ausgerichtet. Im Jahr 1997 könnten innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten rd. 1200 MW (1996: 985 MW) neue Windkraftleistung installiert werden, vorrangig in Deutschland, Dänemark, Spanien und Großbritannien. Auf der iberischen Halbinsel gehen die Planungen in diesem Jahr von einer Verdreifachung der neu zu installierenden Kapazität auf rd. 300 MW aus, so daß vermutlich eine höhere Jahresleistung erreicht wird als in Dänemark (rd. 200 MW). In Großbritannien ist mittelfristig aufgrund der jüngsten NFFO4-Ausschreibungsrunde (NFFO=Non Fossil Fuel Obligation) mit der Realisierung von zusätzlichen 800 MW Windkraftleistung zu rechnen, womit in GB dann insgesamt ca. 1.100 MW installiert sind.

Zur Beschreibung der aktuellen Lage in Deutschland wird nachfolgend eine differenzierte Betrachtung vorgenommen. In bezug auf die ökonomischen Randbedingungen dürften die Preise für Anlagen mit kurzer Lieferfrist infolge der aktuellen Schwäche und eingeschränkten Handlungsfähigkeit des konkursbedrohten zweitgrößten deutschen Herstellers sowie aufgrund des hohen Realisierungsdrucks einiger Investoren vorübergehend anziehen.

Im Brennpunkt der aktuellen Diskussionen stehen die Novellierung des Energiewirtschaftsrechts und parallel hierzu die zukünftige Einordnung bzw. Ausgestaltung des Stromeinspeisungsgesetzes. Ausgangspunkt ist die EU-Binnenmarkt-Richtlinie Elektrizität [5], die eine sukzessive Öffnung der Strommärkte für große Industriekunden vorsieht und bis Anfang 1999 in nationales Recht umzusetzen ist. Während der Entwurf der Bundesregierung [6] mit der geplanten Abschaffung der Gebietsmonopole und Öffnung der Stromnetze den brancheninternen Wettbewerb auf breiter Grundlage einführen will, sieht der Ende September vom Saarland in den Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf [7] neben einer Stärkung der kommunalen Aktivitäten auch eine integrierte Vorrangregelung für Strom aus erneuerbaren Energien mit festgeschriebenen Mindestvergütungspreisen für Wind- und Solarstrom in Höhe von 17 Pf je kWh Strom vor. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Liberalisierung ist die rechtliche Ausgestaltung der Stromdurchleitung und die damit verbundene Entgeltregelung. Die VDEW sieht im Einklang mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und im Unterschied zum Bundesrat keinen Regelungsbedarf [8], zumal eine schon Anfang des Jahres beabsichtigte Verbändevereinbarung mit der Industrie zwischenzeitlich auch paraphiert worden ist.

Im Sog dieses gesamten Spannungsfeldes könnte das Stromeinspeisungsgesetz noch länger Spielball der Auseinandersetzung bleiben, zumal die Energierechtsnovelle in der jetzigen Form von der Zustimmung des Bundesrates abhängig ist. Je stärker der brancheninterne EVU-Wettbewerb tatsächlich realisiert wird, um so weniger dürfte aus der Sicht der Energieversorgungsunternehmen das StrEG in der jetzigen Form als Sondergesetz haltbar sein. Daran können auch die Modifizierungsvorschläge über eine Begrenzung bzw. abgestufte Vergütungsregelung bei der Windenergie auf der Basis der Vollaststunden [9] oder eine Lösung kontingentierter Leistungen in Anlehnung an das nur auf brancheninternen Wettbewerb ausgerichtete Versteigerungsverfahren der britischen NFFO-Runden vermutlich wenig ändern [10]. Obwohl das Vollaststundenmodell mit der Kostenverteilung auf die zukünftigen Netzbetreiber die regional unterschiedlichen EVU-Belastungen aufgrund der Besitzverhältnisse allenfalls theoretisch vermeiden hilft, können die festgezurrten Vergütungspreise angesichts fehlender Marktpreise für den Ökostrom wenig überzeugen (Tab. 1).

Tabelle 1: Die vorgeschlagene Vergütungsregelung für den Windstrom nach dem StrEG [9] pro installiertem kW und in Abhängigkeit von der Inbetriebnahme
- vor dem 01.01.1998: 17 Pf für 25.000 Vollastbenutzungsstunden
- 1998 - 1999: 17 Pf für 22.500 Vollastbenutzungsstunden
- nach dem 31.12.1999: 16 Pf für 20.000 Vollastbenutzungsstunden
- nach dem 31.12.2001: neue Überprüfung der Preise im Jahr 2000

Betrachtet man die derzeitige Marktsituation, so werden vermutlich auch in Zukunft die schon jetzt im brancheninternen Wettbewerb befindlichen WEA-Hersteller auf einen Markt treffen, der in bezug auf ökologisch erzeugten Strom mengen- und preismäßig ausschließlich energie- und umweltpolitisch und nicht durch eine aktive Verbrauchernachfrage gesteuert werden soll. Angesichts der fortgeschrittenen markttechnischen Entwicklung fehlt nach der abgeschlossenen Initialisierungsphase (Bild 1) jedoch eine Marktflankierung durch einen industriepolitisch ausgerichteten Handlungsrahmen, der sich nicht nur an nationalen umweltpolitischen Sättigungszielen orientiert, sondern klare industriewirtschaftliche Perspektiven unter Berücksichtigung der brancheninternen und internationalen Wettbewerbssituation der WEA-Hersteller aufzeigt.

Mit den teilweise deutlich steigenden Investitionsvolumina gewinnt die Finanzierung der zukünftigen WEA-Projekte weiterhin an Bedeutung. In diesem Zusammenhang dürfte die Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten in Zukunft einen bedeutend stärkeren Einfluß auf die Marktentwicklung ausüben. Vor allem das niedrige Zinsniveau in Deutschland hat entscheidend mit dazu beigetragen, daß aufgrund der günstigen Finanzierungsbedingungen eine Verlagerung der Windenergienutzung in das windschwächere Binnenland möglich wurde. Derzeit scheinen sich jedoch in Deutschland auch aufgrund von währungsbedingten Preisanstiegen die Anzeichen für das Erreichen des Zinstals zu mehren und eine Zinswende wird nicht mehr ausgeschlossen. Im nächsten Jahr könnnte daher eher mit leicht steigenden Finanzierungskosten zu rechnen sein, die einen Bremseffekt auf die Investitionsbereitschaft ausüben und eine weitere Verlagerung der Windenergie in das windschwächere Binnenland verhindern dürften. Mit Blick auf die europäische Währungsunion ist in Analogie zu den Kapitalmarktzinsen auch eine zunehmende Konvergenz der EU-Geldmarktsätze mit der Folge einer flacheren Zinsstrukturkurve auf einem insgesamt höheren Niveau denkbar. Überlagert wird diese mögliche Entwicklung aber durch den bisherigen starken Zinsverbund zwischen den deutschen Kapitalmarktzinsen und den amerikanischen Langfristzinsen, wenngleich längerfristig gewisse Abkopplungsspielräume des Renditeniveaus durch unterschiedliche Wirtschaftsentwicklungen über die im inländischen Geldmarktzins integrierten Zinsbedingungen vorhanden sind. Unter der Annahme eines zunehmend geringeren Zinsspreads sowohl zwischen den 30-jährigen US-Treasuries und den 10-jährigen Bundesanleihen als auch im kurzfristigen Laufzeitenbereich dürfte mit einem langfristig deutlichen Anstieg des Dollars kaum zu rechnen sein.

Im Zusammenhang mit der Novellierung des Baugesetzbuches zum 01.01.1997 ist die von manchen Herstellern aufgrund der zweijährigen Übergangsfrist befürchtete Gleichzeitigkeit des Planungsabschlusses in den Kommunen und dadurch bedingt eine starke Absatzschwankung bisher nicht eingetroffen. Zwar führen die teilweise schleppenden Verfahren auf der Regionalplanungsebene vor allem in Norddeutschland zu zeitlichen Verzögerungen bei der Projektrealisierung; derzeit ist das windschwächere Binnenland für den Markt aber die entscheidende Absatzsstütze.

Während die Stimmung in der Windenergiebranche von erheblicher Unsicherheit gekennzeichnet ist, erscheint der Solarmarkt eher von Optimismus geprägt. Nicht zuletzt aufgrund der Förderprogramme des Bundes und der Länder weist vor allem der Solarthermiemarkt in Deutschland derzeit ein robustes Wachstum auf. Obwohl kaum belastbare Marktdaten zur Verfügung stehen, ist die Marktentwicklung aufgrund der noch sehr starken Abhängigkeit von staatlichen Förderprogrammen auch anhand dieser Zahlenwerte nachvollziehbar. Nach einer Umfrage unter den Bundesländern und beim Bund ist der Förderungsumfang für solarthermische Anlagen (ohne Schwimmbadabsorber) von 10.000 m² (1990) auf rd. 210.000 m² Kollektorfläche im Jahr 1996 gestiegen, so daß seit 1990 allein auf der Basis der Bundes- und Landesförderung insgesamt rd. 87.000 Kollektoranlagen mit einer Gesamtfläche von ca. 600.000 m² installiert werden konnten.

Bild 3: Die Entwicklung der durch den Bund und die Länder geförderten solarthermischen Kollektorfläche

Mit der politischen Marktinitialisierung für den Bereich der Flachkollektoren sowie der Vakuumflach- und -röhrenkollektoren im Jahr 1990 ist seit 1992 eine ausgeprägte Wachstumsphase erkennbar, wobei die jährlichen Steigerungsraten nach Verbandsschätzungen für den gesamten solarthermischen Markt (incl. Schwimmbadabsorber) in der Größenordnung von 20 - 25 % liegen [11]. Eine Ursache für diese positive Entwicklung ist neben den zusätzlichen kommunalen und EVU-eigenen Förderprogrammen auch in der zunehmenden Bereitschaft des Installationshandwerks und der Heizungsbaufirmen zu sehen, zusammen mit einer Heizungsanlage auch eine Solaranlage verkaufen zu wollen. Das unter den Anbietern teilweise heftig umstrittene Phönix-Programm hat zudem wesentlich zur Standardisierung und Erhöhung des Bekanntheitsgrades von solarthermischen Anlagen geführt. In Anlehnung an das WEA-Marktphasenprofil (Bild 1) dürfte sich bei anhaltend hohen Zuwachsraten in der jetzigen Wachstumsphase (III) und dem zunehmenden Investitions- und Finanzierungsbedarf die Anbieterstruktur auch auf dem Solarmarkt sukzessive verändern. Parallel zur jetzigen Präsenz von Heizungsbaufirmen mit ihren ausgebauten Vertriebsnetzen geht mit einer schrittweisen Professionalisierung auch die Suche der Solaranbieter nach finanzstarken Partnern einher. Wenngleich derzeit keine Anzeichen für ein Nachlassen des Wachstums erkennbar sind, dürften viele kleinere Unternehmen bei geringeren jährlichen Zuwachsraten und einem verstärkten Konkurrenz- und Kostendruck ihre Einzelposition nur schwerlich halten können.

Der Photovoltaikmarkt für netzgekoppelte Anlagen ist wie kaum ein anderer Teilbereich des regenerativen Energiemarktes noch von den staatlichen Förderkontingenten abhängig. Die kostendeckende Vergütung in einigen Kommunen und grüne EVU-Tarife ändern wenig an der Tatsache, daß sich der PV-Markt in Deutschland noch in der Initialisierungsphase befindet. Ähnlich wie beim Phönix-Programm hat das umstrittene und in diesem Fall aus markttechnischer Sicht in einem viel zu frühen Stadium einsetzende Cyrus-Projekt auf dem PV-Sektor zwar zu einem erhöhten Preisdruck geführt; wichtiger erscheinen in dem jetzigen Marktstadium aber für alle Marktteilnehmer verläßliche Strategien für eine langfristige Planbarkeit.

Weltweit hält der kontinuierliche Ausbau der PV-Produktionskapazitäten mit jährlichen Steigerungsrate von rd. 15 % p.a. an und erreichte 1996 mit einem Jahresabsatz von 88 MW den bisher höchsten Wert.

Bild 4: Entwicklung der weltweiten PV-Produktion (Daten: [12])

Das globale Marktvolumen für Zellen mit photovoltaischer Anwendung wird auf 600 bis 750 Mio DM geschätzt [13]. Während der amerikanische und japanische Marktanteil an der Solarzellenproduktion kontinuierlich steigt, ist die Situation in Europa durch Stagnation gekennzeichnet. Das von US-Präsident Clinton auf dem diesjährigen UN-Umweltschutzgipfel Ende Juni angekündigte und bis zum Jahr 2007 anvisierte 1 Mio. PV-Dächerprogramm stellt einen Handlungsrahmen dar, der verläßliche, langfristig ausgerichtete und somit auch planbare Rahmenbedingungen für die Solarfirmen schafft. Das Programm ist mit der konkreten Zielsetzung verbunden, den amerikanischen PV-Weltmarktanteil von 45% auf 60% zu steigern, 20.000 neue Stellen im amerikanischen Solarbereich zu schaffen, die Erhaltung der technologischen Marktführerschaft in den USA zu sichern und die CO2-Reduktion zu unterstützen [14]. Parallel zu dieser Initiative wird im Zuge des seit 1994 laufenden japanischen PV-Dächerprogramms das Förderbudget von rd. 4 Mrd. Yen (ca. 60 Mio DM;100 Yen = 1,50 DM) im Jahr 1996 auf rd. 11,1 Mrd. Yen (170 Mio DM) für das Fiskaljahr 1997 (April 97 - März 98) fast verdreifacht (Tab. 2).

Tabelle 2: Die Entwicklung des PV-Förderprogramms in Japan [15]
  1994 1995 1996 1997 1998
- Anzahl der Anlagen 577 1023 1866 9400*  
- PV-Leistung (MW) 1,9 3,9 7,2        
- durchschnittliche Leistung je Anlagen (kW) 3,5 3,8 3,9      
- Förderung (Mrd. Yen) 1,95 3,25 4,06 11,1 13
* japanische Schätzung

Des weiteren hat das MITI (Ministry of International Trade and Industry) bereits jetzt das Förderbudget für 1998 auf 13 Mrd. Yen aufgestockt. Unterstellt man eine durchschnittliche Leistung je System in Höhe von 3,8 kW, so kann im Fiskaljahr 1997 mit einer neuen PV-Jahreskapazität in Höhe von 35 MW gerechnet werden. Eine derartige Steigerung der PV-Leistung, die über ein Drittel der Weltmarktproduktion des Jahres 1996 ausmachen würde, kann nur dann realisiert werden, wenn auch die entsprechenden neuen Produktionsstätten zur Verfügung stehen. Angesichts des erkennbaren Ausbaus und der bereits vorliegenden japanischen Budgetplanungen für 1998 erscheinen Zweifel daran nicht angebracht zu sein.

Fazit / Ausblick

Der deutsche Windenergiemarkt befindet sich weiterhin in der Konsolidierungsphase, kann sich jedoch voraussichtlich aufgrund von Sondereinflüssen auf dem Vorjahresniveau stabilisieren. Eine Prognose für 1998 ist angesichts der bevorstehenden Entscheidung zum Stromeinspeisungsgesetz kaum möglich. Während der Windmarkt z.Zt. durch eine hohe Nervosität unter den Marktteilnehmern geprägt ist, hat sich der Markt für solarthermische Anlagen aufgrund der Förderprogramme des Bundes und der Länder zu einem robusten Wachstumsmarkt entwickeln können. Der steigende Bekanntheitsgrad, eine verbesserte Produktstandardisierung und die zunehmende Akzeptanz des Installationshandwerks dürften dafür sorgen, daß bei einer stetigen Marktflankierung die positiven Aussichten auch im Jahr 1998 anhalten und zunehmend eine Eigendynamik des Marktes entstehen kann. Der PV-Markt in Deutschland befindet sich noch immer in der Initialisierungsphase und dürfte diese auch 1998 aufgrund der zu geringen Anschubimpulse sowie kurzfristig fehlender industriewirtschaftlicher Perspektiven nicht verlassen können. Weltweit könnte die PV-Produktion angesichts der geplanten Kapazitätserweiterungen erstmals deutlich die 100 MW-Marke überschreiten.

Angesichts der Globalisierung und Internationalisierung der Märkte scheint es geboten, mit hoher Flexibilität und Schnelligkeit vor allem die industriewirtschaftlichen Chancen und Perspektiven der regenerativen Energietechnologien wahrzunehmen. Das weltweite Erreichen einer umwelt- und klimaschutzpolitischen Spitzenposition dürfte zwar international stark beachtet werden, für eine Industrienation wie Deutschland erscheint dies allerdings zu wenig.

Literatur

[1] Allnoch, N. (1996): Zur Lage der Windkraftnutzung in Deutschland. Herbstgutachten 1996/97. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 46, H. 10, S. 516-519.

[2] Allnoch, N. (1997): Zur Entwicklung der deutschen und europäischen Windkraftnutzung. In: Windkraft Journal 17, H. 2, S. 14 - 17.

[3] Allnoch, N. (1995): Zur Lage der Windkraftnutzung in Deutschland. Herbstgutachten 1995/96. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 45, H. 10, S. 665 - 668.

[4] Vindmølleindustrien (Hrsg.) (1997): Windpower Note, Nr. 10, Februar 1997.

[5] Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 für den Elektrizitätsbinnenmarkt. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften v. 30.01.1997, Nr. L 27/20 - L 27/29.

[6] Bundestags-Drucksache Nr. 13/7274 v. 23.03.1997: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts. Gesetzentwurf der Bundesregierung.

[7] Bundesrats-Drucksache Nr. 556/97 v. 24.07.1997: Entwurf eines Gesetzes über die Elektrizitätswirtschaft. Gesetzesantrag des Saarlandes.

[8] Grawe, J., Zinow, B.-M. (1997): Durchleitungen nach heutigem und künftigem Recht. In: Elektrizitätswirtschaft 96, H. 4, S. 31 - 34.

[9] CDU/CSU-Fraktion (1997): Formulierungsvorschläge zur Änderung des Stromeinspeisungsgesetzes.

[10] Groscurth, H.-M., Bräuer, W. (1997): Aktionsprogramm zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energiequellen an der Stromversorgung in Deutschland. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

[11] Stryi-Hipp, G. (1997): Vision Solarmarkt. Vortrag auf dem 7. Symposium Thermische Solaranlagen, Staffelstein.

[12] Maycock, P.D. (1997): Photovoltaic Technology, Performance, Cost and Market (1975 - 2010). Photovoltaic Energy Systems, Inc., Old Auburn RD.

[13] Fleischer, T. (1996): Monitoring "Exportchancen für Techniken zur Nutzung regenerativer Energien". TAB Arbeitsbericht Nr. 42.

[14] Solar Energy Industries Association (1997): The Million Solar Roofs Program.

[15] Okazawa, K. (1997): New Energy Foundation, Tokyo. pers. Mitteilung


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