01.09.2010, 17:43 Uhr

Geothermie – Chancen und Risiken der Erdwärme

Münster - Die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke ist beschlossene Sache. Nur über die konkrete Dauer muss die Bundesregierung noch eine Einigung erzielen. Dennoch soll diese Technologie nur als „Brücke“ dienen – längerfristig gehöre die energiepolitische Zukunft den Erneuerbaren Energien. Dabei ist jedoch die Versorgungssicherheit ein erhebliches Problem. Die Schwankungen in der Versorgung mit Wind- und Solarenergie erfordern flexible Netze und große Speicher. Der Aufbau der entsprechenden Infrastruktur erfordert Zeit und Geld.

Demgegenüber ist Energie aus der Erdwärme zeit- und ortsunabhängig verfügbar. Oberflächennahe und tiefe Geothermie machen diese Energie nutzbar, die aus Gravitationswärme der Erdentstehung sowie Wärme aufgrund des Zerfalls radioaktiver Elemente in der Erdkruste resultiert. Laut Angaben des Bundesumweltministeriums gibt es in Deutschland mehrere besonders geeignete Geothermie-Standorte, etwa in Teilen des Oberrheingrabens oder des Norddeutschen Beckens. Dort sei bereits in geringer Tiefe eine hohe Temperatur vorhanden, sodass Bohr- und Investitionskosten gespart werden könnten. Überdies wird Geothermie im Rahmen des Marktanreizprogramms zur Förderung erneuerbarer Energien sowie von der KfW Mittelstandsbank gefördert.

Immer wieder kommt es jedoch auch zu Zwischenfällen. Als Schlüsselereignis, das den Ruf der Geothermie erheblich schädigte, gilt das Erdbeben in Basel 2006. Dieses war durch Verpressen von Wasser unter Hochdruck ausgelöst worden und erreichte eine Stärke von rd. 3,4 auf der Richterskala. Neben Erdbeben besteht die Gefahr, dass Wasser in Gipsschichten eindringt und diese zum Aufquellen bringt, was zu Erdhebungen führt. So ist es etwa 2008 in Staufen im Breisgau geschehen.

Problematisch ist, dass die Bodenbedingungen an jedem Standort anders sind. In Kombination mit dem noch kleinen Erfahrungsschatz können Risiken daher schlecht eingeschätzt werden. Nach dem Baseler Zwischenfall wurde eine Risikostudie angefertigt, welche die Bedeutung gründlicher Voruntersuchungen des Bodens nahelegt. Dazu zählen z.B. die 3D-Seismik. Mit diesem Verfahren, bei dem das Echo verschiedener Gesteinsschichten graphisch ausgewertet wird, kann der Untergrund in bis zu 6.000 Meter Tiefe erkundet werden, so der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung. Dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik zufolge bestehen zwei Hauptrisiken der Geothermie in der Erschließung des geothermischen Reservoirs (Fündigkeitsrisiko) und in geologischen Risiken wie etwa induzierter Seismizität. Daneben bestünden Bohr- und Betriebsrisiken.

Doch trotz aller Risiken sind die Wachstumschancen in der Geothermie hoch. Derzeit beträgt die installierte thermische Leistung zur Wärmeerzeugung in Deutschland nach Angaben des Bundesverbandes Geothermie 2,5 GW. Die installierte Leistung für Stromerzeugung liege bei 6,6 MW, produziert von insgesamt drei Kraftwerken. Gemäß einer Prognose des Bundesverbands Erneuerbare Energie seien hier jedoch im Jahr 2020 bereits 625 MW zu erwarten. Weltweit belaufe sich die installierte geothermische Stromleistung derzeit auf ca. 10.715 MW.

Mit steigender Verbreitung wird sich der Erfahrungsschatz vergrößern. Zudem kann das Wachstum Gewinne schaffen und damit für mehr finanzielle Mittel für Forschung, Untergrunderkundung und öffentliche Kommunikation beitragen. Es besteht noch erheblicher Forschungsbedarf, aber dennoch stellt die Geothermie auch in Deutschland eine vielversprechende, zukunftsfähige Energieressource dar.

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