21.08.2013, 16:50 Uhr

„Ernster Störfall“ in Fukushima: 300 Tonnen verseuchtes Wasser treten aus

Münster – Im havarierten Atomkraftwerk Fukushima hat sich der bislang größte Zwischenfall seit der Katastrophe im März 2011 ereignet: 300 Tonnen radioaktiv kontaminierten Wassers sind aus einem der zahlreichen Tanks auf dem Gelände ausgetreten – die genaue Quelle konnte noch nicht gefunden werden. Die japanische Aufsichtsbehörde klassifizierte das Ereignis jetzt auf Stufe drei der INES-Störungsfallskala.

Das Leck muss sich in einem der vielen hundert Tanks auf dem Gelände befinden, in dem der Kraftwerksbetreiber Tepco das kontaminierte Wasser aus den Reaktoren lagert. Die Ressourcen sollen schon zu 85 Prozent ausgelastet sein. Das Wasser soll später aufbereitet und dann zur Kühlung wiederverwendet werden. Allein im letzten Jahr hatte es dort vier Leckagen gegeben – aber keine so schlimm wie der aktuelle Fall.

Kontaminiertes Wasser könnte in den Ozean gelangen

Die Behälter sind rund 100 Meter von dem Ufer des Pazifik entfernt, weswegen Tepco keine unmittelbare Gefahr für das Meerwasser sieht. Das Unternehmen teilte am Mittwoch mit, dass eine Probenentnahme keine Auffälligkeiten ergeben habe. Experten fürchten, dass die Flüssigkeit über eine Ablaufrinne doch noch in den Ozean gelangen könne.

Die Folgen sind kaum absehbar: In der nun ausgetretenen Flüssigkeit sind gesundheitsgefährdende Strahlungswerte von 100 Millisievert gemessen worden. Wer eine Stunde lang neben einer der Pfützen mit dem Wasser steht, erhält das Fünffache der zulässigen Dosis, die für einen Kraftwerksmitarbeiter in Deutschland in seinem gesamten Berufsleben maximal zulässig ist.

Fukushima steht auf einer Stufe mit Tschernobyl

Bislang wurde der Vorfall auf der internationalen INES-Skala auf Stufe eins („Störung“) eingestuft. Jetzt hat die japanische Atomaufsicht, die weitere Lecks in den nach dem Unglück in aller Eile hochgezogenen Tanks befürchtet, das Ereignis auf drei hochgestuft. Einen solchen „ernsten Störfall“ hat es auf deutschem Boden im Jahr 1975 in Greifswald/Lubmin in der damaligen DDR gegeben. Hierbei wird von einer „sehr geringen Freisetzung, Strahlenexposition der Bevölkerung in Höhe eines Bruchteils der natürlichen Strahlenexposition“ sowie „schwerer Kontaminationen und/oder akute Gesundheitsschäden beim Personal“ ausgegangen. Eine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung ist in dem Sperrgebiet allerdings auszuschließen. Die Katastrophe von Fukushima wurde ebenso wie das Reaktorunglück von Tschernobyl im Jahr 1986 mit der höchsten Stufe sieben („Katastrophaler Unfall“) klassifiziert.


© IWR, 2013