07.10.2013, 16:18 Uhr

Großbritannien will ersten Atommeiler seit 20 Jahren bauen

London - Großbritannien plant den ersten Neubau eines Atomkraftwerks seit fast 20 Jahren. Der Energieversorger Électricité de France (EDF) soll einem Bericht der britischen Zeitung „The Independent“ zufolge den Zuschlag für das 14 Mrd. Pfund teure Projekt erhalten haben.

Einer nicht genannten Quelle zufolge sollen Details des Vorhabens demnächst bekannt gemacht werden. Wahrscheinlicher Termin für den Gang an die Öffentlichkeit sei eine Sitzung des Energieministeriums in dieser Woche, zu der auch mehrere Industrieverbände eingeladen worden sind.

Noch sei der Bau aber nicht beschlossene Sache. Zwischen EDF und der Regierung gab es Uneinigkeiten über den Abnahmepreis für den produzierten Strom. EDF will das Projekt nur mit staatlichen Subventionen in Form eines garantierten Abnahmepreises umsetzten. Zusätzlich wurden die Verhandlungen dadurch erschwert, dass EDF zu 84 Prozent im französischen Staatsbesitz ist. Die französische Regierung befürchtet, dass die mit 14 Mrd. Pfund veranschlagten Investitionskosten überzogen werden könnten. Der britische Energieminister Michael Fallon rechnet aber damit, dass man in den nächsten Wochen Einigkeit erzielen kann.

CO2-Reduktion durch Atomstrom

Neben der Offshore-Windenergie will die Regierung auf den Neubau von Atommeilern setzen, um ihre CO2-Minderungsziele zu erreichen. Der Abschluss mit EDF könnte daher auch den Weg für eine Neubelebung des Atomprogramms ebnen. Energieminister Fallon sagte, dass nun auch Verhandlung über zwei weitere Standorte beginnen können. Chinesische, japanische und koreanische Investoren hätten schon Interesse an den britischen Atomprojekten bekundet.

Kernkraftwerkspark in Großbritannien wird immer älter

Die ersten Reaktoren am Kernkraftwerks-Standort "Hinkley Point" gingen bereits im Jahr 1965 mit einer Leistung von 470 MW ("Hinkley Point A) ans Netz. Diese Blöcke wurden im Jahr 1999 wieder abgeschaltet. Zwei weitere Blöcke ("Hinkley Point B") mit zusammen 870 MW sind seit nunmehr 37 Jahren in Betrieb und sollen im Jahr 2023 abgeschaltet werden. Für das neue AKW-Projekt "Hinkley Point C" ist zunächst eine Bauzeit von 10 Jahren veranschlagt.

Weltweit sind die in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke durchschnittlich rd. 27 Jahre alt. Ausgelegt sind Kernkraftanlagen für einen Betrieb von 40 Jahren. Vor allem für die Länder mit einem alten Kraftwerkspark wie die USA (32,9 Jahre) oder Großbritannien (29,6 Jahre) stehen weitreichende Entscheidungen beim Ersatz alter Kernkraftwerke an, wenn man die lange Bauzeit von über sieben Jahren für Neuanlagen berücksichtigt. Die Kosten für einen Ersatz der alten Kernkraftwerke bis 2030 sind weltweit mit über etwa 1,1 Billionen Euro gewaltig.

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