10.12.2013, 12:01 Uhr

Beihilfeverfahren zur Energiewende: EU will Industrie-Subventionen kürzen

Brüssel – Das EU-Beihilfeverfahren gegen die Befreiung energieintensiver Unternehmen von der Zahlung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) könnte am 18. Dezember eröffnet werden.

Die EU stuft die Regelung zur Befreiung von energieintensiven Unternehmen von den Kosten der Energiewende in Deutschland zumindest in Teilbereichen als unzulässige staatliche Beihilfe ein. Auf die Unternehmen könnten hohe Forderungen zukommen, die Stromverbraucher könnte das bei der EEG-Umlage entlasten.

Zahl der von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen steigt - 5 Milliarden Euro weniger auf dem EEG-Umlagekonto?

Obwohl von CDU und SPD im Koalitionsvertrag das Gegenteil vereinbart wurde, soll die Zahl der von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen im Jahr 2014 noch weiter steigen. Nach Angaben der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) vom vergangenen Freitag werden im nächsten Jahr mehr als 2.700 Unternehmen von der Befreiung profitieren. Das wären bis zu 500 und damit etwa 20 Prozent mehr Unternehmen als in diesem Jahr.

Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) bestätigte gegenüber der FAZ, dass in diesen Tagen die Bescheide über eine Befreiung an die Unternehmen versendet würden. Unklar ist jedoch noch, wie hoch die Befreiung im kommenden Jahr ausfallen wird. Beantragt war eine Erhöhung des Gesamtbetrags auf 5,1 Milliarden Euro, ein Betrag, der um eine Milliarde höher ist als die Befreiung im Jahr 2013. Diese Befreiung schlägt sich bei Privathaushalten und kleineren Betrieben als höhere EEG-Umlage auf die Stromrechnung nieder, selbst wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien gestoppt würde. Werden weniger Unternehmen von der EEG-Umlage befreit, steigt der Kontostand im EEG-Umlagekonto und die Stromverbraucher zahlen eine geringere Umlage.

Industrie-Subventionen: EU plant Verfahren gegen Umlagebefreiung

Der EU-Kommission ist diese Sonderbehandlung von bestimmten Unternehmen schon lange ein Dorn im Auge. Die Bevorzugung von Großverbrauchern führe im nationalen wie internationalen Vergleich zu Kostenverlagerungen und Wettbewerbsverzerrungen. Daher strebt die EU-Kommission ein Beihilfeverfahren gegen diese Sonderbehandlung an. Am Ende eines solchen Verfahrens könnte eine Einschränkung oder gar ein Verbot der Sonderbehandlung für Großverbraucher stehen. Brüssel könnte zusätzlich von Industrieunternehmen Zahlungen für die vergangenen Jahre verlangen. Laut Angaben von „Spiegel Online“ könnten so allein auf den angeschlagenen Stahlkonzern ThyssenKrupp erhebliche Belastungen zukommen, in der Bilanz müssten Rückstellungen in Höhe von mehr als hundert Millionen Euro gebildet werden. Das Verfahren selbst könnte noch vor Ende des Jahres eingeleitet werden.

Während der Koalitionsverhandlungen hatten sich Union und SPD zwar auf Änderungen im EEG verständigt, die mit EU-Recht vereinbar sein sollten. Die geplanten Revisionen der Großen Koalition, die im Koalitionsvertrag festgehalten wurden, bezeichnete EU-Energiekommissar Günther Oettinger gegenüber dem „Handelsblatt“ allerdings als zu zaghaft. Im Interview mit dem Magazin äußerte er: „Die Koalitionsvereinbarung reicht nicht aus, um die Strompreise auf einem vertretbaren Niveau zu stabilisieren. Und sie stellt auch nicht sicher, dass europäisches Wettbewerbsrecht eingehalten wird.“ Stattdessen sollten die Ausnahmeregelungen künftig nicht mehr nur für einzelne Unternehmen, sondern branchenspezifisch vergeben werden. Eine Ungleichbehandlung von Unternehmen innerhalb einer Branche sei nicht mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar.

Niedrige Börsenstrompreise und weitere Subventionen aus Steuermitteln für Unternehmen

Stromintensive Unternehmen profitieren nicht nur von der Befreiung von der EEG-Umlage, Netzentgelten und niedrigen Börsenstrompreisen. Zusätzlich wurde in diesem Jahr von der Bundesregierung entschieden, von 2013 bis 2020 die Kosten der Unternehmen für den CO2-Emissionshandel zu kompensieren. Dafür sollen Steuermittel in Millionenhöhe aufgewendet werden, die dann den Unternehmen zugutekommen. Die geänderte deutsche Richtlinie für Beihilfen für Unternehmen in Sektoren bzw. Teilsektoren, bei denen angenommen wird, dass angesichts der mit den EU-ETS-Zertifikaten verbundenen Kosten, die auf den Strompreis abgewälzt werden, ein erhebliches Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen besteht (Beihilfen für indirekte CO2-Kosten) wurde von der Europäischen Kommission genehmigt und im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Ab dem 1. Januar 2014 können Unternehmen aus den von der europäischen Kommission festgelegten Sektoren, wie unter anderem der Stahl-, Chemie- und Nichteisenmetallbranche, jeweils rückwirkend für das Vorjahr einen Antrag auf Kompensation für auf den Strompreis übergewälzte Kosten der Treibhausgasemissionen stellen. Für den Haushalt 2014 hat Finanzminister Schäuble bereits einen Subventions-Gesamtbetrag von 350 Millionen Euro eingestellt.

Ammoniak-Fabrik von BASF in den USA: kein Zusammenhang mit EEG

Ungeachtet des möglichen Verfahrens bestehen Unternehmen dennoch auf die Sonderbehandlung. Obwohl sie von Subventionen und sehr günstigen Preisen an der Strombörse profitieren, soll die Befreiung von der EEG-Umlage beibehalten werden. Das beliebteste Druckmittel der Unternehmen ist dabei der Abbau von Stellen oder gar die Verlagerung des Unternehmens ins Ausland, sollte die Befreiung gestrichen werden.

Als Beispiel für eine Streichung von Investitionen wegen des EEG wurde jüngst von dem Unions-Abgeordneten im Europaparlament, Herbert Reul, angeführt, wonach das geplante neue Ammoniak-Werk von BASF in den USA und nicht in Deutschland gebaut würde. Auf Nachfrage von IWR-Online gab eine Sprecherin von BASF jedoch an, dass die Entscheidung über die Investition eines Werkes in den USA nichts mit dem EEG zu tun hätte. Stattdessen wären wie bei jeder Investition einer solchen Größenordnung wirtschaftliche Faktoren entscheidend. So besteht in den USA ein großer Absatzmarkt und hier sind die potentiellen Abnehmer für Ammoniak. Zusätzlich würde BASF von den günstigen Gaspreisen in den USA profitieren. Bei der Produktion und Herstellung von Ammoniak wird Gas als Einsatz-Rohstoff benötigt.

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