06.02.2014, 11:15 Uhr

Da geht’s lang: Netzbetreiber stellen Korridor für längste Stromverbindung Deutschlands vor

Bayreuth / Stuttgart – Die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW haben die geplanten Streckenverläufe und Korridore des größten und längsten Netzausbauprojekts der Energiewende vorgestellt. Die Realisierung der Gleichstromverbindung Suedlink sei damit startbereit. Gleichzeitig regt sich Widerstand aus Bayern, der das weitere Vorgehen verzögert.

Bereits geplante Infoveranstaltungen für betroffene Bürger sollen verschoben werden. Als Grund für die Verschiebung geben die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW das aktuelle Moratorium für Gleichstromverbindungen in Bayern an.

Seehofer will Entscheidung vertagen

Die Politik müsse sich sicher sein, dass die großen Stromverbindungen weiter ihren Beitrag zur Energiewende leisten sollen, sagten Tennet und TransnetBW bei der Vorstellung des Suedlink-Projekts in Berlin. Bis dahin werden die bereits geplanten Informationsveranstaltungen für Bürger und Gemeinden entlang des vorgeschlagenen Trassenkorridors aufgeschoben. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte angesichts des Widerstands gegen Netzausbau-Pläne in Bayern gefordert, dass dahingehende Entscheidungen im eigenen Land zunächst ausgesetzt werden.

Suedlink wird Rückgrat für sichere Stromversorgung

„Suedlink ist eines der bedeutendsten Netzausbauprojekte Europas und das wichtigste Infrastrukturprojekt der Energiewende“, sagte Lex Hartman, Mitglied der Geschäftsführung von Tennet. Rainer Joswig, Mitglied der Geschäftsführung der TransnetBW, ergänzte: „Die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen werden im Jahr 2023 rund 30 Prozent ihres Jahresverbrauchs an Strom importieren müssen. Die Windenergie, die den Kernenergiestrom ersetzen soll, wird aber vor allem an den Küsten im Norden produziert. Sie muss über hunderte Kilometer nach Süden transportiert werden. Suedlink bildet damit das Rückgrat für eine sichere Stromversorgung im Süden Deutschlands und ist Grundlage für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft.“

Hartmann: Suedlink ist nicht in Stein gemeißelt

Suedlink besteht derzeit aus zwei einzelnen Vorhaben: Die Verbindungen von Wilster bei Hamburg nach Grafenrheinfeld bei Schweinfurt sowie eine Verbindung von Brunsbüttel nach Großgartach in Baden-Württemberg. Beide sind Teil des Bundesbedarfsplangesetzes, das vom Deutschen Bundestag verabschiedet die Grundlage für den bundesweiten Netzausbau bildet. Tennet und TransnetBW haben nun einen Vorschlag für einen möglichen Suedlink-Korridor für den ersten Abschnitt von Wilster nach Grafenrheinfeld vorgelegt. Er ist Ergebnis der Analysen vorhandener Daten zu Pflanzen und Tierwelt, zu Siedlungen, Infrastruktur, Boden und Wasser. „Der vorgeschlagene Korridor für Suedlink ist nicht in Stein gemeißelt“, stellte Hartman klar. „Wir stehen ganz am Anfang der Planungen, noch weit vor Beginn des Genehmigungsverfahrens. Der Trassenkorridor steht noch nicht fest und wir brauchen das Feedback der Bürger und Gemeinden, um diese wichtige Verbindung gut planen zu können.“

Strecke quer durch Deutschland

Der vorgestellte Korridor führt von Wilster in Schleswig-Holstein südlich nach Niedersachsen, passiert Verden / Aller und geht dann zwischen Hannover und Lehrte an Hildesheim vorbei Richtung Süden. Danach führt er weiter in südwestlicher Richtung an Höxter, Beverungen und Warburg und westlich an Kassel vorbei. Dann geht es westlich an Bad Hersfeld vorbei nach Süden und schließlich an Fulda vorbei nach Grafenrheinfeld. Der Antrag für das erste Vorhaben von Suedlink, die Verbindung von Wilster nach Grafenrheinfeld, soll frühestens im April dieses Jahres im Rahmen der Bundesfachplanung gestellt werden.

Panikmache in den Medien: Nicht für jede Netzausbau-Maßnahme ist eine neue Stromtrasse notwendig

Nicht jede geplante Netzausbau-Maßnahme bedeutet gleich eine neue Stromtrasse auf der „grünen Wiese“. Bei den Netzausbau-Projekten in Deutschland kann zwischen dem Neubau von Leitungen in neuen Trassen, dem Leitungs-Neubau in alten, bereits vorhandenen Trassen und dem Ausbau bzw. der Optimierung von bestehenden Leitungen in vorhandenen Stromtrassen unterschieden werden. Insgesamt ist bei den derzeit in Deutschland diskutierten und geplanten Projekten bei weniger als der Hälfte der Verbindungslängen ein kompletter Trassenneubau vorgesehen. Und selbst bei diesen ist eine neue Trasse zunächst nur geplant, um bei der Realisierung mehr Flexibilität zu haben. Dass alle Strecken, die zunächst als Neubau-Trasse geplant sind, auch als Neubau umgesetzt werden, ist nach Einschätzung von Experten jedoch sehr unwahrscheinlich.

Wie das Verhältnis von Neubau-Trassen zu Maßnahmen in bereits bestehenden Trassen beim Suedlink-Projekt konkret ist, konnte eine Sprecherin von TransnetBW auf Anfrage von IWR Online nicht sagen. Da es sich lediglich um einen Vorschlag handele und Alternativen durchaus denkbar, sei eine solche Abschätzung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Als Grundprinzip gelte jedoch bei der Planung, dass zunächst die Möglichkeiten geprüft werden, bei denen ein Trassen-Neubau umgangen werden kann.

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