19.02.2014, 08:16 Uhr

Erneutes Urteil: Windenergie-Planung muss zwischen harten und weichen Tabuzonen differenzieren

Lüneburg – Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat im letzten Jahr mit seiner Rechtsprechung beim Thema Windenergie für Verunsicherung bei den Kommunen gesorgt. Es handelt sich um ein Urteil von April 2013 (Az. 2 D 46/12.NE), bei dem es um die Erstellung von kommunalen Windenergiekonzepten geht.

Aus diesem Urteil resultieren deutlich gestiegene Anforderungen an die kommunale Windenergieplanung. In einem aktuellen Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg vom 23.01.2014 (Az. 12 KN 285/12) wurde die Sichtweise nochmals bekräftigt.

BVerwG fordert Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabukriterien

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (v.a. Urteil vom 11.04.2013) ist bei der Ausarbeitung des Planungskonzepts einer Gemeinde für Windenergieanlagen (WEA) explizit zwischen harten und weichen Tabuzonen zu unterscheiden.

Demnach ist die Unterscheidung notwendig, da harte und weiche Tabukriterien unterschiedliche rechtliche Wirkung entfalten. Als harte Tabuzonen gelten solche Flächen, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) nicht in Frage kommen (z.B. Flächen mit offensichtlich zu geringem Windangebot). Weiche Tabuzonen hingegen sollen nach dem Willen der planenden Kommune nicht für die Windenergie genutzt werden. Dies könnte z.B. bei Sicherheitsabstände zu speziellen europäischen Schutzgebieten für den Natur- und Landschaftsschutz eintreten, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen werden (FFH-Gebiete). Sie können aber einer erneuten Beurteilung im Rahmen einer Interessenabwägung – zwischen Interessen von öffentlichen Belangen und der privilegierten Stellung der Windenergie – unterzogen werden. Per se scheiden weiche Tabuzonen daher nicht für die Nutzung durch Windenergieanlagen aus.

Fehlende Differenzierung führt zur Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans

Werden harte und weiche Tabukriterien während der Ausarbeitung des Flächennutzungsplans nicht getrennt voneinander ausgewiesen und erläutert, resultiert daraus die Unwirksamkeit des Plans – zumindest dann, wenn ohne diesen Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Hätte die Gemeinde im vorliegenden Fall weiche Tabuzonen als solche behandelt, hätte dies eine größere Nutzungsfläche für WEA bedeuten können. Die hier angefochtene 53. Änderung des Flächennutzungsplans sah zudem vor, dass außerhalb der im Plan vorgesehenen Flächen keine Windkraftanlagen errichtet werden dürfen (sog. Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Wegen der fehlenden Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen sieht das Gericht die angestrebte Ausschlusswirkung als unwirksam an. Dies bedeutet im konkreten Fall, dass WEA künftig auch außerhalb der im Plan vorgesehenen Zonen errichtet werden können.

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