15.04.2014, 10:52 Uhr

Brennelemente-Steuer: Muss der Bund Milliarden an AKW-Betreiber zurückzahlen?

Hamburg / Münster – Das Finanzgericht Hamburg hat in einer Entscheidung am Montag den Eilanträgen von fünf Kernkraftwerksbetreibern stattgegeben. Damit könnten die Betreiber von fünf Kernkraftwerken insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro vom Bund erstattet bekommen.

E.ON, RWE und drei weitere Atomkraftwerksbetreiber hatten beim Finanzgericht Hamburg Klagen gegen das Kernbrennstoffsteuergesetz, das am 1. Januar 2011 in Kraft getreten war, erhoben. Das Gericht hatte bereits im Jahr 2013 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg für eine höchstrichterliche Überprüfung des Gesetzes angerufen.

Für E.ON geht es um 1,7 Mrd. Euro

Da der 4. Senat des Finanzgerichts Hamburg nicht über die bei ihm anhängigen Klagen der fünf Kernkraftwerksbetreiber entscheiden kann, solange noch keine Urteile aus Karlsruhe und Luxemburg vorliegen, hatten die Betreiber der Kernkraftwerke vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Die Entscheidung des Gerichts vom Montag billigt ihnen diesen Rechtsschutz nun zu und befreit sie somit einstweilig von der Zahlung der Kernbrennstoffsteuer. Außerdem weckt sie bei den Betreibern der Atomkraftwerke (AKW) die Hoffnung, insgesamt rund 2,2 Mrd. Euro vom Bund erstattet zu bekommen. Der Düsseldorfer Energiekonzern und Mitkläger E.ON begrüßt die Entscheidung, da sie bestätige, „dass ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Kernbrennstoffsteuer und ihrer Vereinbarkeit mit EU-Recht“ bestünden. E.ON kann dank der Entscheidung des Gerichts mit einer Rückzahlung in Höhe von 1,7 Mrd. Euro rechnen.

Ist die Brennelementesteuer europarechtswidrig?

Als Begründung für seine Entscheidung gab das Finanzgericht Hamburg an, dass es das Kernbrennstoffsteuergesetz für verfassungswidrig halte. Die Kernbrennstoffsteuer besteuere nicht den Verbrauch von Kernbrennstoffen oder elektrischem Strom, sondern sei eine Steuer zur Abschöpfung der Gewinne der Kraftwerkbetreiber. Deshalb habe sich der Bund zu Unrecht auf seine Gesetzgebungskompetenz für Verbrauchsteuern berufen. Zudem sei es durchaus möglich, dass die Kernbrennstoffsteuer gegen die europäische Energiesteuerrichtlinie verstoße. Das darin verankerte Prinzip der „Output-Besteuerung“ verbiete es nämlich, neben dem elektrischen Strom selbst auch noch die Energieträger zu besteuern, die zu seiner Produktion eingesetzt werden. Im Übrigen spreche einiges dafür, dass die europäische Verbrauchsteuersystemrichtlinie den Mitgliedstaaten verbiete, eine Steuer wie die Kernbrennstoffsteuer neu zu erfinden.

Erst vor kurzem hatte AKW-Betreiber E.ON angekündigt, das AKW Grafenrheinfeld einige Monate früher runterzufahren als vorgesehen, da sich aufgrund der Kernbrennstoffsteuer der Weiterbetrieb des AKW nicht mehr rentiere. Im Zuge der Energiewende sind bereits acht der ehemals 17 deutschen Kernkraftwerke vom Netz gegangen.

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