05.09.2014, 12:08 Uhr

UBA-Studie Fracking: Hickhack um Gutachten-Interpretation

Münster – Das Thema Fracking erhitzt die Gemüter: Kurz bevor die Bundesregierung ein Gesetz über die umstrittene Technologie zur Erschließung unkonventioneller Gas- und Ölvorkommen vorlegen will, sorgt nun die Interpretation eines Gutachtens zu den Umweltgefahren des Frackings für Verwirrung.

Es geht um eine Studie mit dem Titel "Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten - Teil 2" im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). UBA-Präsidentin Maria Krautzberger hatte bei der Vorstellung des Gutachtens im Juli verkündet, dass Fracking eine Risikotechnologie ist und bleibe (IWR Online berichtete). Über dieses Fazit hat sich nun der Studienautor gewundert.

Gutacher widerspricht Auftraggeber

Uwe Dannwolf ist Hydrogeologe und Geschäftsführer der mit der Studie beauftragten Riskcom GmbH aus Pforzheim. In Bezug auf Krautzbergers Fazit kommentierte Dannwolf im ARD-Politmagazin Panorama: "In unserem Gutachten stehen solche Worte nicht drin." Dannwolf weiter: "Was Frau Krautzberger macht, kann ich ihr nicht vorschreiben. Ich kann nur auf das Gutachten verweisen und sagen, ich würde es so nicht auslegen." Die Risiken beim Fracking hält er für beherrschbar, sie gingen nicht über die anderer Technologien hinaus. Die Studie und ihre Interpretation ist deshalb von großer Bedeutung, weil das Umweltministerium mit dem Wirtschaftsministerium derzeit einen Gesetzentwurf zur Regulierung von Fracking ausarbeitet. Die Studie soll eigentlich als Grundlage dienen.

Grüne: Wissenschaftliche Grundlage für Fracking in mehr als 3000 Meter Tiefe fehlt

Die Grünen im Bundestag hatten Mitte August bei der Regierung nachgefragt. Sie wollten wissen, welchen Zeitplan die Regierung beim Fracking-Gesetz verfolgt. Dr. Julia Verlinden ist Fraktions-Sprecherin für Energiepolitik bei den Grünen und stellt nun fest, dass "Worte und Taten bei der Bundesregierung weit auseinanderklaffen". Die Bundesregierung wolle nach Auffassung der Grünen Fracking für Kohleflöz- und Schiefergas in Tiefen unterhalb von 3000 Meter ohne wissenschaftliche Grundlage erlauben. Außerdem sollen dabei deutlich wassergefährdende Stoffe zum Einsatz kommen dürfen. So missachte die Regierung die breite Ablehnung von Fracking durch die Bevölkerung.

BUND: Vorauseilender Gehorsam gegenüber Energiekonzernen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert ebenfalls die Pläne der Bundesregierung, die riskante Gasfördermethode Fracking in großen Tiefen noch in diesem Jahr erlauben zu wollen. Dies sei "ein klarer Fall von vorauseilendem Gehorsam gegenüber internationalen Energiekonzernen". Diese wollten spätestens mit dem transatlantischen Handelsabkommen TTIP die Schiefergasförderung in Deutschland durchsetzen, so die BUND-Energieexpertin Ann-Kathrin Schneider. Sie warf der Bundesregierung vor, die aus BUND-Sicht inakzeptablen Risiken des Einsatzes hochgiftiger Chemikalien beim Fracking zu unterschätzen. Das ergebe sich aus der heute bekannt gewordenen Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen.

Breite Front gegen Fracking

Die Vorbehalte gegen die Fracking-Technologie sind hierzulande groß. Viele Menschen fürchten um die Qualität des Grund- und Trinkwassers. So hatte die auf politische Kampagnen spezialisierte Organisation Campact e.V. innerhalb kürzester Zeit online rund ein halbe Millionen Unterschriften gegen jegliche Form des Frackings in Deutschland eingesammelt. Campact-Pressesprecher Jörg Haas bestätigte, dass Campact noch nie in so kurzer Zeit so viele Unterschriften bekommen habe. Auch die deutschen Bierbrauer haben sich gemeinsam mit weiteren Interessensgruppen gegen Fracking ausgesprochen: "Fracking in Einzugsgebieten von Mineral- und Heilquellen, von Brunnen für Brauereien und für die Herstellung von Erfrischungsgetränken, für die Trinkwasserversorgung und für die Lebensmittelherstellung müsse generell untersagt werden, ohne Wenn und Aber", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Deutschen Brauer-Bundes, der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr, des Verbands Deutscher Mineralbrunnen und weiterer Unternehmen und Verbände von Mitte Juli.

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