15.07.2015, 11:20 Uhr

Atomklage eingereicht: Deutsche und österreichische Energie-Unternehmen gegen Hinkley Point C

Luxemburg – Ein Bündnis aus Ökostromanbietern und Stadtwerken hat seinen Ankündigungen Taten folgen lassen und nun beim Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg Klage gegen Subventionen für das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point C eingereicht.

Die zehn Unternehmen aus Deutschland und Österreich gehen damit juristisch gegen die umstrittenen Atomenergie-Beihilfen vor, welche die EU-Kommission im vergangenen Jahr genehmigt hatte. Das Klagebündnis besteht aus Greenpeace Energy, Energieversorgung Filstal, Stadtwerke Aalen, Stadtwerke Bietigheim-Bissingen, Stadtwerke Bochum, Stadtwerke Mainz AG, Stadtwerke Mühlacker, Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH, Stadtwerke Tübingen sowie der oekostrom AG aus Österreich.

Klage elektronisch übermittelt

Die Kläger werfen der Kommission Rechts- und Verfahrensfehler bei der Genehmigung der Beihilfen vor. Zudem befürchten die Kläger, das weit mehr als 100 Milliarden Euro umfassende Subventionspaket für Hinkley Point C könnte zusammen mit weiteren Atomkraftwerks(AKW)-Projekten den europäischen Energiemarkt massiv verzerren. Die Klageschrift wurde am Mittwochmorgen elektronisch an das EuG übermittelt. Damit gilt das Verfahren offiziell als eröffnet.

Tangermann: Maßlose Atomsubventionen sind unrechtmäßige Betriebsbeihilfe

„Wir wollen die Entscheidung der EU-Kommission vom Gericht für nichtig erklären lassen, denn diese maßlosen Atomsubventionen sind aus unserer Sicht eine unrechtmäßige Betriebsbeihilfe. Diese hätte niemals genehmigt werden dürfen“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy. Zusammen mit dem Hamburger Ökoenergieanbieter ziehen die österreichische oekostrom AG sowie die Stadtwerke Aalen, Bietigheim-Bissingen, Bochum, die Energieversorgung Filstal, Mainz, Mühlacker, Schwäbisch Hall und Tübingen nun vor Gericht. „Wir sehen die Gefahr, dass die europäischen Strommärkte künftig mit hoch subventioniertem Atomstrom geflutet werden könnten und regionale, hocheffiziente und ökologische Stromproduktion aus dem Markt gedrängt wird“, sagt Dr. Achim Kötzle, energiewirtschaftlicher Geschäftsführer der Stadtwerke Tübingen. Aus Sicht der Stadtwerke leidet insbesondere die Wirtschaftlichkeit dezentraler Erzeugungsanlagen unter den geplanten Atomsubventionen.

108 Milliarden Euro Subventionen für ein AKW

Das Klagebündnis hatte auch Studien beauftragt, denen zufolge sich allein die staatlich garantierten Vergütungen für Atomstrom aus Hinkley Point C auf rund 108 Milliarden Euro summieren. Die geplanten Garantievergütungen sind mit umgerechnet 12 Cent pro Kilowattstunde dreimal so hoch wie der Marktpreis und sollen für 35 Jahre garantiert werden. Diese hohen Subventionen für ein einzelnes AKW beeinflussen durch den grenzüberschreitenden europäischen Stromhandel auch den Markt in Deutschland. Sinkende Preise würden zu Wettbewerbsnachteilen und Mindererlösen für andere Versorger wie auch für Anbieter von erneuerbaren Energien führen so die Klage-Gemeinschaft.

Kommission hat Folgen nicht ausreichend analysiert – keine Ausschreibung

„Weder hat die Kommission die weitreichenden Folgen ihrer Subventionsgenehmigung ausreichend analysiert, noch hat sie etwa berücksichtigt, dass es für Hinkley Point C keine Ausschreibung gab und auch kein generelles Marktversagen vorlag, welches Beihilfen überhaupt rechtfertigen würde“, sagt Dr. Dörte Fouquet. Die Rechtsanwältin und Partnerin der international tätigen Kanzlei Becker Büttner Held ist ausgewiesene Expertin im Beihilfe- und Energierecht und vertritt die Klagegemeinschaft vor dem Gericht. Bereits vor einigen Tagen hat die Republik Österreich eine eigene Klage gegen die Subventionsentscheidung für Hinkley Point C eingereicht. Auch Luxemburg hat juristische Schritte angekündigt.

Quelle: IWR Online

© IWR, 2015