14.10.2015, 15:10 Uhr

Finanzierung des Atomausstiegs: Trittin, Platzeck und von Beust werden Kommissions-Chefs

Berlin – Die Bundesregierung hat das Gesetz zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich abgesegnet. Zudem hat das Kabinett die Einrichtung der "Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK)" beschlossen. Co-Vorsitzender dieser Kommission wird der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen).

Für den amtierenden Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) sind diese Beschlüsse zwei weitere zentrale Punkte aus dem Eckpunktepapier vom 1. Juli 2015 für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Gabriel betonte, dass Kernkraftwerksbetreiber auch in Zukunft für nukleare Entsorgungskosten haften.

Gabriel: Neues Gesetz schließt bestehende Haftungslücken

Gabriel sagte weiter: „Mit dem heutigen Beschluss zur Konzernnachhaftung schließen wir bestehende Haftungslücken. Das Gesetz steht unter der Überschrift "Eltern haften für ihre Kinder". Es stellt sicher, dass Muttergesellschaften für die Verbindlichkeiten ihrer Töchter für Rückbau- und Entsorgungskosten langfristig haften. So minimieren wir die Risiken für öffentliche Haushalte und Steuerzahler. Zudem haben wir heute eine Expertenkommission unter Vorsitz von Matthias Platzeck, Ole von Beust und Jürgen Trittin eingesetzt. Sie soll Empfehlungen erarbeiten, wie die Sicherstellung der Finanzierung von Stilllegung, Rückbau und Entsorgung so ausgestaltet werden kann, dass die Unternehmen auch langfristig wirtschaftlich in der Lage sind, ihre Verpflichtungen aus dem Atombereich zu erfüllen."

Ist Atom-Nachhaftungsgesetz ein "Lex E.ON"?

Mit dem Rückbau- und Entsorgungskostennachhaftungsgesetz wird die Verantwortung für nukleare Rückbau- und Entsorgungskosten, auch im Fall von Konzern-Umstrukturierungen (u. a. Aufspaltung, Kündigung von Unternehmensverträgen) rechtssicher geregelt. Durch das neue Gesetz soll eine sog. eigenständige atomrechtliche Nachhaftung eingeführt werden, wonach die Muttergesellschaften der Betreiber von Kernkraftwerken für atomrechtliche Rückbau- und Entsorgungsverpflichtungen langfristig haften.

Wichtiger Auslöser für dieses Gesetzesvorhaben war die angekündigte Konzern-Aufspaltung von AKW-Betreiber E.ON. Danach wollte der Düsseldorfer Konzern das Geschäft mit Endkunden, erneuerbaren Energien und Netzen weiter unter dem Namen E.ON bündeln und das Geschäft mit fossilen Energien sowie mit der Kernenergie unter dem Namen Uniper. Experten vermuteten hinter diesen E.ON-Plänen ein Manöver, um sich zumindest teilweise vor den Kosten des AKW-Rückbaus und der Müllentsorgung zu drücken. Aufgrund der Regierungspläne zu dem neuen Nachhaftungsgesetz hatte E.ON dann Anfang September die Pläne aber wieder geändert und belässt die Atomsparte unter dem Dach der neuen E.ON.

Hochkarätige AKW-Kommission soll bis Januar 2016 Empfehlungen vorlegen

Daneben wurde mit dem heutigen Kabinettbeschluss eine "Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK)" eingesetzt. Den Co-Vorsitz dieser 19-köpfigen Kommission sollen der ehemalige Hamburger Oberbürgermeister Ole von Beust (CDU), der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg Matthias Platzeck (SPD) sowie der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90 / Die Grünen) übernehmen. Zu den weiteren Kommissionsmitgliedern gehören u.a. Michael Fuchs (CDU), Prof. Dr. Georg Milbradt (CDU), Georg Nüßlein (CSU) oder Ute Vogt (SPD) an. Zudem sind beispielsweise BDI-Chef Ulrich Grillo, Rechtsanwalt Hartmut Gaßner von Gaßner, Groth, Siederer & Coll. sowie Bischof Ralf Meister für die Kommission vorgesehen.

Eine erste Arbeitsgrundlage der Kommission soll das neue Regierungs-Gutachten zur Überprüfung der Rückstellungen im Kernenergiebereich sein. Die Ergebnisse dieses Stresstests hatte das Wirtschaftsministerium am vergangenen Wochenende vorgelegt Ziel ist es laut BMWi, dass die Kommission bis Ende Januar 2016 Empfehlungen vorlegt.

Quelle: IWR Online

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