15.03.2017, 11:38 Uhr

Schleswig-Holstein untersagt Neubeladung von AKW Brokdorf

Kiel - Die Brennelemente im Atomkraftwerk Brokdorf rosten deutlich schneller als sie sollten. Das kam bei der jüngsten Revision zum Vorschein. Nun hat die Atomaufsicht von Schleswig-Holstein die Neubeladung des Atommeilers untersagt.

Das Atomkraftwerk (AKW) Brokdorf in Schleswig-Holstein ist bereits seit Anfang Februar für die Jahresrevision vom Netz. Im Zuge dieser Prüfungen waren aus bislang ungeklärten Gründen an Brennstäben Oxidschichten festgestellt worden, die dicker waren, schneller und an anderen Stellen auftraten als erwartet. Die vom Betreiber PreussenElektra geplante Neubeladung des Kraftwerks ist daher untersagt worden.

Neubeladung des Kerns aus Sicht der Atomaufsicht unzulässig

Der Brokdorf-Betreiber PreussenElektra hat der Atomaufsicht von Schleswig-Holstein am Montagabend (13. März 2017) schriftlich angekündigt, vom heutigen Mittwoch an den Kern des AKW Brokdorf mit neuen Brennelementen beladen zu wollen. Dieses hat die Atomaufsicht der Eon-Tochter nun untersagt, wie das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in Schleswig-Holstein mitteilt.

Bei der Beladung handelt es sich aus Sicht des Ministeriums um einen neuen Reaktorkern. Eine neue Kernbeladung ist den Aufsichtsbehörden nach der Betriebsgenehmigung jedoch drei Monate vorher anzuzeigen, unterstreicht Umweltminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). Die Frist soll eine sorgfältige und ungestörte Prüfung aller Sicherheitsparameter ermöglichen. Insbesondere muss die Eignung eines Kerns im Betrieb und bei Störfällen gewährleistet sein. „Die beabsichtigte Kernbeladung ist daher nach Auffassung der Aufsichtsbehörde unzulässig“, so Habeck weiter.

Neuer Oxidationsmechanismus weiter ungeklärt

Die Atomaufsicht erwartet von der Betreiberin zunächst, den neuen Oxidationsmechanismus so weit wie möglich aufzuklären. „Für die Zukunft muss ausgeschlossen sein, dass sich erneut Oxidschichten bilden, die den Grenzwert überschreiten. Dafür ist ein Verständnis von den Ursachen der Oxidation erforderlich“, so der Leiter der Atomaufsicht Jan Backmann. Dabei weisen auch andere Kernkraftwerke unerwartet dicke Oxidschichten auf. Dem äußeren Erscheinungsbild nach sind diese Auffälligkeiten jenen in Brokdorf so ähnlich, dass von einem identischen Mechanismus ausgegangen werden muss, so das Ministerium.

Die Atomaufsicht kann zudem bislang nicht bestätigen, dass alle betroffenen Brennstäbe aus einer einzigen fehlerhaften Charge stammen. In Brokdorf sind Brennstäbe aus mindestens zwei Chargen betroffen. Zudem haben bisher auch nur Stichproben stattgefunden. Darüber hinaus wäre dadurch nicht das Auftreten des Mechanismus an anderen Standorten zu erklären. Den festgestellten Oxidationsprozess bezeichne das Unternehmen selbst als „anders gearteten Korrosionsmechanismus, der wahrscheinlich auch eine athermische Komponente umfasst“.

Atomaufsicht fordert Ergänzung des Nachweiskonzeptes

Die Atomaufsicht fordert nun, in einem zweiten Schritt nach der Klärung des Mechanismus das Nachweiskonzept so zu ergänzen, dass es belastbare Prognosen für die Zukunft ermöglicht. Dieses erweiterte Nachweiskonzept ist im dritten Schritt dann ein Maßstab für die Prüfung des Folgekerns. „Leider ist PreussenElektra dem bislang nicht vollständig nachgekommen“, so Umwelt- und Energiewendeminister Habeck. Angesichts des ungeklärten Oxidationsmechanismus prüft die Atomaufsicht nun zudem den Erlass einer nachträglichen Auflage, mit der die beschriebene Ergänzung des Nachweiskonzepts gefordert wird, damit es sämtliche Korrosionsmechanismen sicher abdeckt.

Quelle: IWR Online

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