21.07.2020, 15:20 Uhr

Weltweit erstes Schacht-Wasserkraftwerk produziert Strom


© Hydroshaft GmbH

München - Wasserkraftwerke tragen mit erneuerbarer Energie aktiv zum Klimaschutz bei, können aber auch gleichzeitig ökologische Probleme hervorrufen. Münchner Forscher haben ein neues Konzept entwickelt, das Wasserkraftanlagen auch in sensiblen FFH-Gebieten ermöglicht.

Ein Team am Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität München (TUM) hat einen neuen Wasserkrafttyp konzipiert, bei dem der Flusslauf nicht umgeleitet werden muss. Der neue Kraftwerkstyp wird mitten in das Flussbett gebaut und bietet wasserökologische Vorteile.

Erstes Schachtwasserkraftwerke produziert Strom und schont die Natur

Im bayerischen Fluss Loisach bei Großweil (nahe Murnau) ist am 20. Februar 2020 das weltweit erste Schachtwasserkraftwerk in Betrieb gegangen. Das an der Technischen Universität München entwickelte Turbinenkonzept schont die Natur deutlich stärker als konventionelle Kraftwerke, so dass die Anlage in einem Natura-2000 Gebiet genehmigt werden konnte. Das Prinzip: vor einem Wehr wird ein Schacht ins Flussbett gebaut, in dem Turbine und Generator untergebracht werden. Das Wasser fließt in den Schacht, treibt die Turbine an und wird unter dem Wehr in den Fluss zurückgeleitet.

Ein kleinerer Teil fließt über den Schacht und das Wehr hinweg. Die Ingenieure haben es dabei geschafft, die Strömung so zu steuern, dass das Kraftwerk effizient Strom erzeugt, aber gleichzeitig der Sog in den Schacht gering ist. Fische können sicher über dem Schacht schwimmen, durch zwei Öffnungen im Wehr können sie gefahrlos flussabwärts wandern. Flussaufwärts gelangen sie über eine übliche Fischtreppe. Bei Bedarf können mehrere Schächte nebeneinander platziert werden.

Ökologie: Bestehende Wehre werden durchlässiger

Das Schachtkraftwerk hat neben dem Fischschutz einen weiteren Vorteil für die Gewässerökologie: Es ist auch für Geröll und Treibholz, die der Fluss mit sich führt, durchlässig. Die Bewegung und Ablagerung dieses „Geschiebes“ ist beispielsweise für Laichplätze wichtig. Ein Gitter, der sogenannte Rechen, der auf dem Schacht liegt, hält es von der Turbine ab. Dann wird es von der Anlage regelmäßig flussabwärts geschoben. Dafür wird ein Verschluss im Wehr geöffnet. Auf diese Weise kann auch Hochwasser abgelassen werden.

Ökologie und Ökonomie - neues Wasserkraftwerks-Konzept für den Weltmarkt

Das Kraftwerk Großweil in der Loisach wurde von der Wasserkraft Großweil GmbH an einer bereits vorhandenen Rampe errichtet. Ein neues Wehr musste nicht gebaut werden. Die Fallhöhe beträgt 2,5 m, die Anlage verfügt über zwei Schächte mit je einer Turbine der Fa. Geppert. Insgesamt kann das Wasserkraftwerk mit einer Gesamtleistung von 420 kW Strom für rund 800 Haushalte erzeugen. Doch bei der Pilotanlage soll es nicht bleiben. In Planung sind derzeit insgesamt zwölf solcher Anlagen in der Iller, der Saalach, der Würm und im Neckar. „Weltweit sollen zahlreiche neue Wasserkraftwerke gebaut werden, oft in Regionen mit hoher Biodiversität“, sagt Peter Rutschmann von der TU München. „Das Schachtkraftwerk kann helfen, die ökologisch wertvollen Lebensräume in Flüssen zu bewahren.“

Hydroshaft GmbH - Ausgründung ermöglicht Markterschließung

Die TUM hält mehrere Patente auf die Erfindung des Schachtwasserkraftwerks. Das Spin-Off der TUM, die Hydroshaft GmbH um den Ideengeber des Konzepts Albert Sepp, hat die Nutzungsrechte erworben und vergibt wiederum Lizenzen an Kraftwerksbetreiber.

Quelle: IWR Online

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