09.11.2021, 12:08 Uhr

Grüner Wasserstoff kommt direkt von der Biogasanlage


© TU Graz

Graz – Die Nutzung und der Einsatz von grünem Wasserstoff sind eine wichtige Säule auf dem weiteren Weg zur Dekarbonisierung. Forschende der TU Graz und das Start-up Rouge H2 Engineering haben jetzt erstmals hochreinen Wasserstoff aus Biogas direkt bei einer Biogasanlage erzeugt.

Mit einem nachhaltigen Verfahren zur dezentralen Wasserstofferzeugung, der „Chemical-Looping Hydrogen-Methode“, kann aus Biogas dezentral erzeugter grüner Wasserstoff gewonnen werden. Das aktuelle Hauptproblem in der Umsetzung ist derzeit nicht der Preis pro erzeugtem kg Wasserstoff, sondern eher die Verteilung und weitere Nutzung.

Wasserstoff-Erzeugung in Biogas-Anlage integriert

In einer der weltweit größten industrienahen Demonstrationsanlagen erzeugen Forschende der TU Graz rund um Verfahrenstechniker Viktor Hacker direkt bei einer bestehenden Biogasanlage hochreinen Wasserstoff aus echtem Biogas. Grundlage ist ein nachhaltige Verfahren zur dezentralen Wasserstofferzeugung, die „Chemical-Looping Hydrogen-Methode“. Viktor Hacker vom Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik der TU Graz: „Wir zeigen, dass ein Chemical-Looping System in eine bestehende Biogasanlage eingebunden werden kann. Es entsteht hochreiner Wasserstoff für Brennstoffzellen aus realem Biogas, und zwar nicht nur im Labor, sondern tatsächlich im industriellen Maßstab“.

Wasserstoff aus südsteirischem Biogas - Demonstrationsanlage

Das Biogas – Methangas aus Schweinegülle, Glycerinphase, Silomais und Getreideresten – stammt von der südsteirischen Ökostrom Mureck GmbH. Dort ist das Interesse an einem zusätzlichen Standbein große: „Die Option, dass unser Biogas neben Strom zusätzlich auch grünen Wasserstoff für nachhaltige Mobilität erzeugt, ist natürlich hochspannend für uns“, so Geschäftsführer Karl Totter.

Am Firmengelände in Mureck wurde im Sommer 2021 die Demonstrationsanlage errichtet, die noch bis Ende Oktober 2021 zu Testzwecken in Betrieb ist. Die 10 Kilowatt Anlage zweigt dabei etwa ein Prozent des Biogasstroms ab (etwa 30 Liter pro Minute) und vermischt es mit Wasserdampf. Das Gemisch strömt in den Reaktor der Anlage. Dort wird das Biogas reformiert und Synthesegas hergestellt. Dieses Gas reduziert in weiterer Folge Eisenoxid zu Eisen. Anschließend wird Wasserdampf in den Reaktor geleitet, der das Eisen wieder zu Eisenoxid reoxidiert. Dabei wird Wasserstoff mit einem Reinheitsgrad von 99,998 Prozent frei, so die TU Graz.

Reif für den kommerziellen Einsatz – Preis: 5 Euro/kg

Mit diesem Eisen-Wasserdampf-Prozess wird ein Wirkungsgrad von 75 Prozent erreicht. „Würden wir anstelle des einen Prozents den gesamten Biogasstrom der Murecker Biogasanlage (etwa 480 Kubikmeter pro Stunde) durch eine entsprechend hochskalierte Chemical-Looping-Anlage leiten, kämen wir sogar auf eine 3 Megawatt Wasserstoffproduktionsanlage. Das bedeutet, die Technologie ist nun reif für den kommerziellen Einsatz“, betont Rouge H2 Projektleiter Gernot Voitic.

Technologisch-ökonomische Analysen hätten gezeigt, dass der Wasserstoffpreis für diesen dezentral produzierten Wasserstoff bei 5 Euro/kg liegen würde. Damit sei das Verfahren im Vergleich zur Elektrolyse (5-12 Euro/kg) konkurrenzfähig. Zum Vergleich: an der Tankstelle wird der Wasserstoff für rd. 10 Euro/kg angeboten.

Problem der Wasserstoff-Verteilung

Die Projektbeteiligten sehen in der Erzeugung des grünen Wasserstoffs derzeit nicht das Problem, sondern eher darin, wie der erzeugte Wasserstoff weiter verteilt und genutzt wird. Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge müssten laut Vorgaben derzeit mit 700 bar Druck betankt werden, die Chemical-Looping-Anlage erzeugt Wasserstoff allerdings nur mit einem Druck von bis zu 100 bar. Das ist zwar hoch, reiche aber für eine direkte Betankung nicht aus.

Um den Wasserstoff auch ohne zusätzlich Verdichtung zu nutzen, sei auch der Einsatz in Brennstoffzellen-Fahrzeugen möglich, wo ein geringerer Druck ausreichend ist. Prinzipiell könnten diese auch mit nur 2 bar Druck fahren – nur dann eben nicht sehr weit. Daher würde sich die dezentrale Wasserstoffproduktion direkt bei Biogasanlagen für kürzere Fahrtstrecken anbieten, etwa für Wasserstoff-Traktoren oder für wasserstoffbetriebene Lagerfahrzeuge wie etwa Gabelstapler, so Hacker abschließend.

Quelle: IWR Online

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