18.08.2014, 17:01 Uhr

ABB soll Europas größtes Gezeiten-Kraftwerk ans Netz bringen

Zürich – Der Bau von Europas größtem Gezeitenkraftwerk nimmt konkrete Formen an: Der Schweizer Konzern ABB ist mit der landseitigen Stromnetz-Anbindung des schottischen "MeyGen"-Projektes beauftragt worden. Das Pilotprojekt zur Nutzbarmachung von Meeresenergie soll ab 2016 erstmals grünen Strom liefern.

Schottland will bis 2020 den Strombedarf vollständig durch erneuerbaren Energien decken. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen auch Gezeitenkraftwerke zum Einsatz kommen. Die Ingenieure der Universitäten von Edinburgh und Oxford weisen auf das hohe Energiepotenzial der Gezeitenströmungen im schottischen Pentland Firth hin, das in Zukunft genutzt werden soll.

ABB wird Teil des MeyGen-Projekts

Der Schweizer Energietechnik-Konzern ABB hat bekannt gegeben, nun auch Teil des innovativen Gezeitenprojektes in Großbritannien zu sein. Das Unternehmen wurde damit beauftragt, die landseitige Anbindung an das Stromnetz für die erste Phase des MeyGen-Gezeitenkraftwerks in der schottischen Meeresenge Pentland Firth zu realisieren. Das Pilotprojekt macht sich die Meeresenergie zunutze und zugleich die Erschließung der Gezeitenressourcen an einer der energiereichsten Stellen im europäischen Meer.

"Wir freuen uns, dieses innovative Projekt zu unterstützen und dabei zu helfen, das Potenzial der Meeresenergie zu erschließen", erklärt Claudio Facchin, Leiter der Division Energietechniksysteme bei ABB. "Es bestätigt das Vertrauen, dass unsere Kunden in die Technologie und die bewährte Fähigkeit von ABB setzen, sichere, zuverlässige und effiziente Netzanbindungen bereitzustellen, die eine wichtige Rolle bei der Integration erneuerbarer Energien spielen, die wiederum einen steigenden Anteil am Energiemix verzeichnen."

Das MayGen-Projekt umfasst für ABB die Planung, das Engineering, die Bereitstellung und Inbetriebnahme der Energieumwandlungs-, Schaltanlagen- und Transformatorenlösungen sowie die damit verbundenen Tiefbauarbeiten und die Kabelverlegung. Zu den wichtigsten Lieferungen von ABB zählen Transformatoren, Mittelspannungsschaltanlagen und Stromrichter.

Knapp 400 MW Gezeitenleistung

In der Demonstrationsphase des ersten großangelegten Gezeitenkraftwerks in Großbritannien werden vier Unterwasserturbinen mit einer Leistung von 6 Megawatt (MW) auf dem Inner Pentland Firth direkt nördlich von Caithness installiert. In der Anfangsphase der MeyGen-Entwicklung sollen bis zu 86 MW Leistung errichtet werden. Es könnten damit bereits rund 40 Prozent der Haushalte des Schottischen Hochlands versorgt werden. Innerhalb der kommenden zehn Jahre sollen Offshore-Gezeitenströmungsturbinen mit bis zu 398 MW Leistungskapazität am Pentland Firth installiert werden.

"Die Partnerschaften mit führenden Anbietern aus dem Energiesektor sind von entscheidender Bedeutung für die Realisierung kommerzieller Gezeitenkraftwerksprojekte, bei denen wir das schier unerschöpfliche Potenzial der globalen Gezeitenressourcen nutzbar zu machen. ABB verfügt nachweislich über außergewöhnliches Know-how in diesem Bereich und wir vertrauen darauf, dass sie erstklassige Ergebnisse liefern werden. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem Team von ABB, um den Erfolg des MeyGen-Projekts sicherzustellen", sagt Tim Cornelius, CEO von Atlantis Resources Ltd.

Perfekte Bedingungen im Pentland Firth

Das Gezeitenprojekt ist derzeit im Pentland Firth, einer Meerenge zwischen Schottland und den Orkney-Inseln, im Bau. Der Sund verbindet den Nordatlantik mit der Nordsee und ist für seine schroffen klimatischen Bedingungen, aber auch für seine starke Gezeitenströmung bekannt. Schottland sieht sich in einer Vorreiterrolle für die Nutzung mariner Energie und will diesen Zweig weiter entwickeln. Schließlich ist die Gezeitenkraft nicht nur unter Nachhaltigkeitsaspekten interessant, sondern auch kommerziell lohnenswert: Carbon Trust hat errechnet, dass das Vereinigte Königreich bei einer vollen Nutzung der Ressourcen 20 Prozent seines Energiebedarfs aus Gezeiten- und Wellenkraft nutzen könnte.

Auch verschiedene Studien, unter anderem von Ingenieuren der Universität Edinburgh und Oxford, weisen auf das enorme Energiepotenzial der Gezeitenströmungen an Pentland Firth hin. Hier sollen Meeresströmungen von geschätzten fünf Metern pro Sekunde vorkommen, was für die Britischen Inseln einen Spitzenwert darstellt.

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