16.12.2015, 11:16 Uhr

Abgasskandal: Auffällige Abgaswerte auch bei Daimler und BMW

Berlin - In einer Stichprobe hat das ZDF einen Mercedes C200 CDI, einen BMW 320d und einen VW Passat 2.0 TDI Blue Motion untersuchen lassen. Bei gleicher Fahrweise auf der Straße stoßen alle drei Modelle mehr Stickoxide aus als bei demselben Fahrzyklus im offiziellen Labortest. Doch bislang hat nur VW zugegeben, dass eine illegale Software dahinter steckt.

Die neuen auffälligen Abgaswerte zeigen Messungen der Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule im Auftrag des ZDF. BMW, VW und Mercedes kritisieren allerdings den Testaufbau und halten die Messergebnisse im Labor und auf der Straße für nicht vergleichbar.

Fahrzeuge verhalten sich auf dem Rollenprüfstand anders als auf der Straße

„Die Messresultate zeigen, dass die Fahrzeuge sich auf dem Rollenprüfstand anders verhalten, als wenn sie auf der Straße betrieben sind“, so das Fazit der Schweizer Abgasprüfstelle an der Berner Fachhochschule. Der stellvertretende Leiter der Prüfstelle, Pierre Comte, erklärt gegenüber dem ZDF, dass eigentlich bei gleicher Fahrweise wie im Labor auch auf der Straße ähnliche Ergebnisse zu erwarten seien. Die festgestellten hohen Abweichungen müssten von den Autoherstellern erklärt werden.

Drei- bis vierfache Stickoxid-Emissionswerte auf der Straße

Die Schweizer Abgasprüfstelle testete drei Autos: einen Mercedes C200 CDI Blue Efficiency (Erstzulassung 2011), einen BMW 320d (Erstzulassung 2009) und einen VW Passat 2.0 TDI Blue Motion (Erstzulassung 2011), der nach Auskunft des Herstellers eine illegale Abschaltsoftware beinhaltet. Aber alle drei Autos erzeugten auf der Straße ein Mehrfaches der NOx-Emissionen, die im Labor entstanden waren. Und das bei gleicher Fahrweise und vergleichbaren Fahrbedingungen. Alle drei Autos erfüllten bei dem offiziellen Abgas-Labortest in der Schweizer Prüfstelle die Abgasnorm Euro 5, die bei Stickoxiden NOx einen Grenzwert von 180 mg/km vorschreibt.

Später fuhr derselbe Prüfstandfahrer der Schweizer Abgasprüfstelle mehrfach denselben computerunterstützen Fahrzyklus NEFZ auf einem stillgelegten Flughafengelände und mit Begleitung durch ein Sicherungsfahrzeug auf einem verkehrsarmen Autobahnteilstück. Die Abgasemissionen wurden dabei – anders als im Labor – mit einem mobilen Messgerät, einem sogenannten PEMS ermittelt. Bis heute hat noch niemand einen solchen Test unternommen und computergestützt den offiziellen Fahrzyklus auf der Straße nachgefahren.

Nach Abzug der höchsten Messabweichungen zwischen Labormessgerät und PEMS lag der NOx-Wert für den BMW 320d beim NEFZ auf der Straße bei 428 mg/km, das 2,8fache des Laborwerts. Der Mercedes C200 CDI kam bei dem NEFZ auf der Straße auf 420 mg/km NOx, das 2,7fache des Laborwerts, wiederum nach Abzug der höchsten Messabweichung zwischen PEMS und Labormessgerät. Der VW Passat stieß nach Abzug der höchsten Abweichung 471 mg/km NOx aus, das 3,7fache des Laborwerts.

Daimler und BMW: Haben keine illegalen Abschalteinrichtungen eingebaut

„Bei gleicher Fahrweise, also bei gleichen Leistungsanforderung wie im Labor, müssten eigentlich ähnliche Abgaswerte herauskommen“, erklärt Axel Friedrich, Beamter des Umweltbundesamtes im Ruhestand, gegenüber dem ZDF-Magazin Frontal21 und sagt: „Diese hohen Abweichungen sind physikalisch-chemisch nicht zu erklären.“

BMW, VW und Mercedes kritisieren den Testaufbau und halten die Messergebnisse im Labor und auf der Straße für nicht vergleichbar. Laut Daimler könne es durch unterschiedliche Temperaturverhältnisse, Fahrzeuglasten und Nebenverbraucher zu entsprechenden Abweichungen kommen. BMW begründet höhere NOx-Emissionen mit „anderen Umweltbedingungen, wie z.B. Temperaturen, Seitenwind, aber auch andere Lasten durch Steigungen oder unterschiedliche Beschleunigungen.“

„Bei der BMW Group wird nicht manipuliert“, stellt BMW gegenüber Frontal21 klar. „Bei unseren Fahrzeugen wird in der Abgasbehandlung nicht zwischen Rollen- und Straßenbetrieb unterschieden“, so BMW. Daimler stellt in seiner Antwort an Frontal21 fest, dass ein „Defeat Device, sprich eine Funktion, die die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlung unzulässig einschränkt, bei Mercedes nicht zum Einsatz“ komme.

So bleibt die Frage offen, ob außer VW auch Daimler und BMW eine illegale Abschalteinrichtung nutzen. Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe fordert daher Aufklärung von den Behörden: „Das schreit nach einer genaueren Untersuchung“. Resch weiter: “Das Kraftfahrtbundesamt als im Moment zuständige Kontrollbehörde muss diese Information ernst nehmen und eigenständige Nachprüfungen vornehmen.“

Quelle: IWR Online

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