24.09.2013, 15:19 Uhr

Atomkraft: Frankreich sagt langsam adieu

Paris – In Frankreich tut sich langsam etwas: Die Kernkraft soll künftig eine kleinere Rolle spielen und obendrein besteuert werden. Höhere Abgaben für fossile Brennstoffe sind ebenfalls in Planung. Doch die französische Energiewende muss noch einige Hürden nehmen – Präsident Hollande zaudert derweil.

Garten Eden, Eldorado oder einfach nur der Himmel auf Erden: So oder so ähnlich muss Fans der Kernkraft unser Nachbar Frankreich vorgekommen sein. Keine wirkliche Debatte um die Nuklearenergie oder gar ein Endlage störte, die Konzerne fahren mit ihren größtenteils abgeschriebenen Meilern satte Gewinne ein. Die 16,4 Prozent, die das Land nach Angaben der Koordinationsstelle Erneuerbare Energien 2012 aus regenerativen Quellen produzierte, stammen zu zwei Dritteln aus der Wasserkraft.

Atomenergie soll Beitrag liefern

Doch jetzt deutet sich allmählich der Auszug aus dem Atom-Paradies an. Die französische Regierung hat kürzlich ihr Ziel bekräftigt, dass der Anteil der Kernkraft zur Stromerzeugung von aktuell 75 binnen zwölf Jahren auf 50 Prozent sinken soll. Und nicht nur das: Die in die Jahre gekommenen, aber profitablen Kraftwerke sollen mit einer Abgabe belegt werden, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten – vor einigen Jahren noch unvorstellbar, zumal der Staat Hauptaktionär des französischen Versorgers EDF ist und sich damit ins eigene Bein schießt.

Darauf scheint Staatspräsident Francois Hollande keine Rücksicht mehr zu nehmen. Bis Mitte des Jahrhunderts will er den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen auf ein Viertel reduzieren. Die Energiewende gehöre zu den wichtigsten Projekten seiner Amtszeit, ließ er verlauten. Aufs Tempo drückt das Staatsoberhaupt aber nicht – ganz im Gegenteil, es läuft sehr behäbig in Paris. Erst einmal soll weiter diskutiert werden, Ende 2014 werden die Pläne in Gesetzestexte gegossen.

Tempo zu gering

Bis dahin ist allerdings ein weiter Weg zu gehen. Die Erfahrungen, die Deutschland derzeit macht, scheint man sich nicht wirklich anzuschauen. Ein Beispiel: Vor der Bretagne und der Normandie sind große Windparks geplant, doch den entsprechenden Ausbau der Netzinfrastruktur hat man noch nicht angefasst, obwohl das Thema als eine der Prioritäten genannt wird. Schon heute sind Teile der Netze etwa in der Bretagne im Winter überlastet.

Auch an anderer Stelle tickt die Uhr. Frankreichs Atomkraftwerkspark ist mehrheitlich bereits in fortgeschrittenem Alter, nur ein Neubau ist in Planung. Die Modernisierung würde angesichts strengerer Auflagen sehr teuer werden und sorgt teilweise schon jetzt für steigende Preise.

Hollande muss also bald ein tragfähiges Konzept für seine Energiewende vorlegen.

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© IWR, 2013