20.05.2015, 07:57 Uhr

Biogas-Anlagenbetreiber reichen Verfassungs-Beschwerde ein

Berlin – Weil der Bestandsschutz von Biogasanlagen durch die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von 2014 erheblich verletzt wurde, hat der Verein Nachhaltige Energien e.V. nun eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Hinter dem Verein stehen rund 120 Biogasanlagenbetreiber und Energiedienstleister aus ganz Deutschland.

Die gesetzlich garantierte Vergütung des erzeugten Stroms wurde durch das EEG 2014 drastisch gekürzt, so die Beschwerdeführer. Die Verfassungsbeschwerde soll den Gesetzgeber daran erinnern, dass er für die Investitionssicherheit in den Vorgängergesetzen des EEG 2014 ein Versprechen abgegeben habe.

Höchstbemessungsleistung führt zu "drastischen" Einbrüchen im Biogas-Anlagenbetrieb

Die Klagegemeinschaft wird durch die Anwaltskanzlei Paluka Sobola Loibl & Partner aus Regensburg vertreten. Es geht im Kern um die Begrenzung der sogenannten Höchstbemessungsleistung auf 95 Prozent der bisherigen Anlagenleistung. Diese Begrenzung führe zu einem „drastischen“ Einbruch der Umsätze der Betreiber. Caspar Baumgart, Vorstandsmitglied der Schweriner Wemag AG, die sich stark in der Direktvermarktung von EEG-Strom engagiert, beobachtet diese Entwicklungen mit Besorgnis: „Biogas ist ein wesentlicher Bestandteil des Energiemixes, da es als regelbare, erneuerbare Energie den Wegfall von fluktuierenden Anlagen sicher ausgleichen kann. Wird an der Höchstbemessungsleistung durch die Bundesregierung festgehalten, so werden kleinere und mittlere Anlagenbetreiber in schwerwiegende wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Auch wird der Aufbau neuer Leistungskapazitäten zu höheren Stromerzeugungskosten führen, die der Verbraucher für diese Kapazitätsbeschränkung des Gesetzgebers am Ende zahlen muss.“ Gleichzeitig würde aus Sicht des Vereins eine Abschaffung der Regelung nicht zu einem Ansteigen der EEG-Umlage für den Verbraucher führen, da die Vergütung dieser Leistung vor dem 01.08.2014 bereits in der Umlage enthalten war.

Es geht um Millionen alleine im Verein

Die Verfassungsbeschwerde trifft auf große Unterstützung aus der gesamten Branche. Allein für die Mitglieder des Verein Nachhaltige Energien e.V. liegen die Verluste hochgerechnet pro Jahr bei rund 5,5 Mio. Euro. Wie der Verein vorrechnet, verzeichnet ein optimal arbeitender Biogasproduzent durch die Einführung der Höchstbemessungsleistung bei einem Marktpreis von 4 Cent pro Kilowattstunde ein jährliches Minus von 27.000 Euro. Betroffen seien vor allem Betreiber, die erst kürzlich in hochwertige Technik investiert haben, um ihre Anlagen besonders gut auszulasten. Sinnvolle Anlagenerweiterungen und Effizienzsteigerungen werden damit unwirtschaftlich, denn die Beschränkung war zum Zeitpunkt der Planung und Installierung nicht absehbar. Ein „erheblicher“ Gewinnanteil sei durch den Gesetzgeber im Nachhinein gestrichen worden.

Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz

Die mit der EEG-Novellierung eingeführte Höchstbemessungsleistung stellt aus Sicht der Klagegemeinschaft einen rechtswidrigen Eingriff in das von Art 14 Grundgesetz geschützte Eigentum dar. Der vertretende Rechtsanwalt Dr. Helmut Loibl hält den Eingriff des Gesetzgebers insbesondere für unverhältnismäßig und letztlich sogar für sinnlos: "Für die betroffenen Anlagenbetreiber wirkt sich die Regelung dramatisch aus, weil - wie im konkreten Fall - über 50 Prozent des Gewinns wegbrechen können, ohne dass die Allgemeinheit etwas davon hat." In der Verfassungsbeschwerde soll der Nachweis geführt werden, dass sich die Beschränkung überhaupt nicht auf die EEG-Umlage auswirkt: "Letztlich greift der Gesetzgeber massiv in den Bestandsschutz einzelner Anlagen ein, ohne dass im Ergebnis die Verbraucher auch nur einen Cent weniger EEG-Umlage zahlen dürften", erläutert Loibl, "das ist mit dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren."

Quelle: IWR Online
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