28.07.2016, 12:36 Uhr

Bundesregierung strebt Begrenzung des Stromaustausches mit Österreich an

Berlin/Münster – Über die drohende, zwangsweise Aufteilung des deutschen Strommarktes in eine voraussichtlich günstigere Nord- und eine teurere Südhälfte wird in der Strombranche schon länger diskutiert. Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, dann ist der zügige Ausbau des Stromnetzes die beste Lösung. Zudem verfolgt die Regierung aber noch einen anderen Plan.

Die Bundesregierung will nämlich, dass statt einer innerdeutschen Aufteilung des Strommarktes das historisch enggeknüpfte Stromnetz mit Österreich ein wenig reguliert wird. Die Europäische Kommission übt Berichten zufolge Druck auf die Bundesregierung aus und droht damit, Strom-Deutschland in eine nördliche und eine südliche Preiszone zu zerschlagen. Derzeit bildet Deutschland zusammen mit Österreich ein einheitliches Marktgebiet. Doch weil der Netzausbau in Deutschland nicht schnell genug voranschreitet, kann der Strom in diesem großen Marktgebiet nicht in dem Maße fließen, wie es erforderlich wäre.

Limitierung der Stromhandelskapazitäten an der Grenze zu Österreich

Statt einer Aufteilung in eine norddeutsche und eine süddeutsche Strompreiszone, bei der im nördlichen Marktgebiet vor allem aufgrund hoher Windstrommengen niedrigere Strompreise erwartet werden, präferiert die Bundesregierung aber eine andere Lösung: Wie aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hervorgeht, ist aus Sicht der Regierung eine Limitierung der Stromhandelskapazitäten an der Grenze zu Österreich die bessere Alternative. „Die Einführung eines Engpassmanagements an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich kann erheblich zum Abbau von Netzengpässen beitragen“, heißt es in der Antwort durch Matthias Machnig, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi).

Bundesregierung präferiert Netzausbau

Dazu führt die Regierung derzeit bereits Gespräche mit Österreich, doch die deutschen Nachbarn stellen sich aus einem nachvollziehbaren Grund quer: Ein solches Engpassmanagement mit Österreich könnte möglicherweise zeitweise höhere Strompreise für Österreich bedeuten. Auf Anfrage von IWR Online erklärte das BMWi, dass der Bundesregierung eine offizielle Positionierung der EU-Kommission zur Aufteilung Deutschlands in zwei Preiszonen nicht bekannt ist. Für die Regierung sei entscheidend, dass der Netzausbau vorangehe. Nur ein schneller Netzausbau könne in Deutschland und EU-weit Lösungen herbeiführen. Die Teilung in zwei Preiszonen wäre dem Netzausbau nicht zuträglich, so die Regierung weiter.

Verhandlungen über Engpassmanagement laufen

Von der Frage des Netzausbaus in Deutschland ist aus Sicht der Regierung die Frage von Stromflüssen in Nachbarstaaten zu trennen. Es sei richtig und bekannt, dass es zu Stromflüssen von Deutschland über das polnische und tschechische Netz nach Österreich und Süddeutschland komme und dies teilweise in Polen und Tschechien zu einer Netzüberlastung geführt hat. Daher laufen seit vielen Jahren Gespräche. Auch derzeit laufen die Gespräche mit Polen, Tschechien und Österreich über die Einführung eines sogenannten Engpassmanagementverfahrens zwischen deutschen und dem österreichischen Übertragungsnetz in 2018/2019. Dies soll zu einer weiteren Entlastung der Netze in Polen und Tschechien beitragen. An der Lösung von Netzengpässen in Nachbarstaaten werde daher intensiv gearbeitet. Ein Engpassmanagement würde per Algorithmus den idealen Stromfluss zwischen den beteiligten Ländern und Märkten berechnen. Hierdurch sollen Preisunterschiede weitestgehend ausgeglichen werden. Dieses Management erfolgt so lange, bis die Preise identisch sind oder bis die Übertragungskapazität zwischen den am Engpassmanagement beteiligten Gebieten erschöpft ist. Die logische Folge wären beim Erreichen der Übertragungskapazität demnach Preisunterschiede in den beteiligten Ländern, also in Deutschland und Österreich.

Quelle: IWR Online

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