14.08.2023, 13:26 Uhr

Dekarbonisierung: Weltweit größte Direktreduktionsanlage für grüne Stahlproduktion in Lingen gestartet


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Hannover, Lingen - Rund sechs Prozent der deutschen Gesamtemissionen entfallen auf den Stahlsektor. Damit ist die Stahlindustrie die Branche mit den höchsten Treibhausgasemissionen in der deutschen Industrie. Der Dekarbonisierung der Roheisenproduktion kommt eine Schlüsselrolle zu. Im Emsland hat jetzt eine Pilotanlage zur Herstellung von grünem Eisen den Betrieb aufgenommen.

Niedersachsens Energie- und Klimaschutzminister Christian Meyer hat am Freitag (11.08.2023) in Lingen die bislang weltweit größte Direktreduktionsanlage zur Herstellung von grünem Eisen eröffnet. Die Anlage nutzt grünen Wasserstoff zur Reduktion von Eisenerz, wodurch CO2-freies Eisen als Vorprodukt für die Stahlindustrie entsteht. „Technologische Innovationen wie das Pilotprojekt der HyIron sind ein wichtiger Schritt in Richtung klimaneutrale Wirtschaft und bestätigen Niedersachsen als Wasserstoffland Nummer 1“, so Meyer bei der Eröffnung.

Eigenentwickelter gasdichter Drehrohrofen im Einsatz

Die vom niedersächsischen Energie- und Klimaschutzminister Christian Meyer eröffnete Direktreduktionsanlage am Standort Lingen im Emsland setzt einen neuen Maßstab für klimafreundliche Produktionstechnologien. Im Rahmen des Pilotprojekts sollen über eine Tonne grünes Eisen pro Stunde mit Hilfe von grünem Wasserstoff produziert werden. Statt herkömmlicher Energieträger wie Kokskohle oder Erdgas wird grüner Wasserstoff verwendet. Bei der Eisenproduktion entsteht dabei als Nebenprodukt nur Wasserdampf. „Das bedeutet eine erhebliche Reduktion von CO2-Emissionen und ist ein entscheidender Beitrag zum Klimaschutz und zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie“, betonte Meyer bei der Eröffnung.

Ermöglicht wird der in Lingen getestete innovative Prozess durch die eigene Entwicklung eines gasdichten Drehrohrofens. Darin reagiert Wasserstoff vollständig mit dem im Eisenerz vorhandenen Sauerstoff und wandelt es in elementares Eisen (Direct reduced iron (DRI)) um. Anstatt CO2 entsteht bei dieser Technologie lediglich Wasserdampf, der aufgefangen wird und zur grünen Wasserstoffherstellung mittels Elektrolyse wiederverwendet werden kann. Dieser Wasserkreislauf stellt einen weiteren entscheidenden Vorteil auf dem Weg zur nachhaltigen Produktion von Eisen dar. „Der hier verfolgte technologische Ansatz ist also nicht nur klimaschonend, er geht darüber hinaus auch äußerst sparsam mit der immer knapper werdenden Ressource Wasser um“, ergänzt Meyer.

Inbetriebnahme der Pilotproduktion Meilenstein auf Weg zur Marktreife von grünem Stahl

Das Pilotprojekt in Lingen ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Start-up-Verbund CO2GRAB/HyIron, dem Stahlhersteller BENTELER und dem Energieversorger RWE. „Die Inbetriebnahme der Pilotproduktion ist für uns ein wesentlicher Meilenstein, um das Produkt „grünes Eisen“ zur Marktreife zu führen und die deutsche Technologie weltweit zu etablieren“, betont Steffen Lackmann, Gesellschafter des „HyIron“-Verbundes und Vorstandsmitglied im Landesverband Erneuerbare Energien NRW, bei der Einweihungsfeier. „In Namibia bauen wir mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) derzeit eine Produktion im industriellen Maßstab auf. Langfristig wollen wir dort bis zu zwei Millionen Tonnen Eisen jährlich für die deutsche Stahlindustrie produzieren. Wir hoffen damit auch, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Stahl- und Wirtschaftsstandortes NRW leisten zu können“, ergänzte Lackmann.

Niedersachsen unterstützt aktuell 26 grüne Wasserstoff-Projekte

Das Projekt "GEiSt: Grünes Eisen für die Stahlindustrie" hat ein Gesamtvolumen von fünf Mio. Euro. Das Niedersächsische Umweltministerium fördert das Projekt mit drei Mio. Euro. Insgesamt unterstützt das Umweltministerium im Bereich grüner Wasserstoff aktuell Pilot- und Demonstrationsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von 80 Mio. Euro. In Summe wurden bislang 26 Fördervorhaben bewilligt, die wichtige technische Entwicklungen in der Skalierung ermöglichen sollen und so Zwischenschritte für Projekte in industrieller Größenordnung darstellen, wie sie beispielsweise im Rahmen des sogenannten „IPCEI Wasserstoff“ umgesetzt werden. Die IPCEI-Initiativen repräsentieren gemeinsame Anstrengungen auf europäischer und nationaler Ebene, um die Wasserstofftechnologie voranzubringen.

Quelle: IWR Online

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